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Kirmes
Kírmes, f.; –ſe; -: zſgzgn aus „Kirchmeſſe“
(ſ. d.): 1) zunächſt in kathol. Ländern, das mit einer
feierlichen Meſſe gefeierte Feſt der Einweihung der
Ortskirche, auch „Kirchweihe“ (ſ. Anm.), der „Kirch-
tag“: Die Kirchmeß oder K. iſt bei den Deutſchen wie bei
den Wenden ein Hauptfeſt. Kohl (Monatbl. 1, 436b); Zeit
bringt Roſen und man redet ſo lange von der Kirmeſſe,
bis ſie kommt. W. 2, 13; Viel der Kirmeſſen [Reim: eſſen].
Uhland V. 646 ꝛc. 2) ein nach Weiſe der eig. K.
(ſ. 1) von einer zuſammenkommenden Volksmenge mit
Schmaus und Tanz gefeiertes Feſt, z. B.: Daß auf die-
ſer Erde ewig K. [Luſt ꝛc.] ſein ſollte. Heine Sal. 1, 297;
Eine luſtige K. Kinkel E. 179 ꝛc.; Daß die ſogenannten
Nach-K–ſe, Hofes-K–ſe, Fiſch-K–ſe und andere miß-
bräuchlich mit dem Namen K–ſe bezeichnete Tanzfeſte auch
fernerhin unterſagt bleiben. Nat. Ztg. 12, 581 ꝛc.; Die
Haupttummelplätze volksfeſtlichen Lebens in Thüringen ſind
Jahrmärkte, Vogelſchießen und Kirmſen. Grube 3, 207;
Auf Jahrmärkten und Dorfkirmſen. Prutz Muſ. 1, 88;
Nunmehr hat er die Schaf-K. zum achten mal in dieſer Ge-
ſellſchaft mitgehalten. Weiſe Jak. 21; Die Kirchmeſſe
eines Landſtädtchens. Pfeffel Pr. 1, 206 ꝛc. So auch:
Tanzende K.-Muſik. Heine 3, 205; K.-Freude. Hagedorn 3,
185; Schiebt ihr’s auf das K.-Bier, | daß ich ſo vor Freuden
krähe? V. 3, 97 und: Die Hochzeit ſoll auch bald ge-
ſchehn | ... Ich verſprech euch Kirmis-Bier. Hagedorn 3, 101
ꝛc. 3) Jahrmarkt (ſ. 2 und vgl. Meſſe), wie mit
der eig. K. (1) urſprünglich ein Jahrmarkt verbunden
war: Es iſt gerade Kermis und das Gedränge des Volks
war ungeheuer. Niebuhr Nachgel. 141; Kirmis. 166;
Während der berühmten Amſterdamer Kermes, im Sep-
tember, die uns übrigens unbedeutender vorkam als eine ge-
wöhnliche kleine deutſche Meſſe. 291 ꝛc.; dann auch =
Jahrmarktsgeſchenk: Jemanden eine Kirmſe kaufen.
Adelung.
Anm. Die Belege zeigen die verſch. Formen, wozu
noch einſilbiges Kerms, Kirms, ferner Kermſe ꝛc. tritt.
Ähnliche volksthümliche Verkürzungen des gleichbedeutenden
„Kirchweih“ ſind: Die Kerwe. vHorn rhD. 2, 246; Kirwe;
Er reiſt zu ſeinem Meiſter [dem Teufel] auf die Fegfeuer-
Kirben ꝛc. Fiſchart B. 240 ꝛc. und ſchwzr. wie „Kilch“ ſtatt
Kirche: Sauf zu, wir haben Kilbe. Reithard 378; 260;
Kilbewein. 263 ꝛc., ſ. Stalder, wo auch die Ableit. Kil-
be(le)n, intr. (haben): Kirmes feiern ꝛc., dem in andern
Gegenden „kirmſen“ entſpricht.