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Ketzer Ketzerin
II. Kétzer, m., –s; uv.; –chen, lein; -. ~in,
f.; –nen: 1) êin Glied der Kirche, das einer von die-
ſer verdammten Glaubensmeinung anhängt und ſich ſo-
mit von der allgemeinen (ſ. „katholiſch“) Kirche ab-
ſondert: Ein K. heißt, der nicht gläubet die Stücke, die noth
und geboten ſind zu gläuben. Luther 1, 51b; Daß ſich ein
Theil die Kirche rühmet und das ander Theil K. ſchilt. SW.
26, 11; Das Ding, was man K. nennt, hat eine ſehr gute
Seite: es iſt ein Menſch, der mit ſeinen eignen Augen wenig-
ſtens hat ſehen wollen. L. 8, 318; K. in den Bann thun,
verfolgen, verbrennen ꝛc. Auch übertr. auf Perſonen
überhaupt, die von etwas allgm. Angenommenem ab-
weichen: Nicht auf des Meiſters Worte ſchwören heißt ihnen
gleich: ein K. ſein ꝛc., dann auch auf,verketzerte“ (ſ. d.)
Perſ. oder perſonif. Gegenſtände: Neugebildete Wörter,
die man erſt als K. in Bann und Acht that ꝛc. Jahn V. 375
ꝛc. 2) Schimpfw., in der ältern Sprache auch =
Sodomit, Einer, der unnatürliche Unzucht treibt (ſo
Buben-, Kuh-K. ꝛc., auch: Ehe-K. = Ehebrecher ꝛc.,
ſ. Ketzerei), jetzt etwa = Schelm, u., wie Dies, auch
zuw. in mitleidigem Sinn: Laß jetzt den armen K. lau-
fen! Hebel 3, 271; Fahr den K. drauf los, daß die Räder
davon fliegen. 201; Ja, K–in, du treibſt’s danach. Echter-
meyer 44; FrMüler F. 60 ꝛc.; ſchwzr. ſelbſt von Sachen
ꝛc.: Das iſt ein K. von einem [ein nichtswerthes] Beil.
Stalder; Sie bringen ſonſt die K–n [die verdammten
Schweine] nicht lebendig heim. Gotthelf U. 1, 100, u. als
Fw.: Es ketzers Meitſchi [ein nichtswürdiges, verdamm-
tes ꝛc. Mädchen]. G. 374; U. 1, 342; vgl.: K., Erd-
ſcholle im Ackerfeld, die zerſchlagen werden muß. Schm.
Anm. Mhd. ketzer, wohl von den Katharern (aus gr.
zααρóς, die Reinen), wie ſich eine manichäiſche Sekte zuerſt
ſelbſt naünte, ſ. H. Ph. 13, 278 ꝛc. Nach Luther SW. 36,
227 bei den Hochdeutſchen ſtatt „Götzer“ (ſ. d.).
Zſſtzg. ſ. 2, ferner z. B.: Erz-: L. 8, 332.
Hálb-: Gervinus Lit. 5, 296. Hugenótten-:
H–in. Beck Fahr. 4, 37. Ver-: ſ. Verketzern.