Faksimile 0908 | Seite 900
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Kerze
Kérze, f.; –n; Kerzchen, lein; –n-: 1) ein langes
grades Licht, z. B.: Die Verfertigung der K–n unterliegt
je nach dem Material gewiſſen Unterſchieden. Karmarſch 2,
412, wo dann: Talg-, Wachs-, Wallrath-, Stea-
rin(ſäure)-, Paraffin-K–n erwähnt werden, ſ. Un-
ſchlitt-K. Lewald W. 4, 119; Pech-K. Sch. 1075a ꝛc.;
Es ward Nacht, die K–n wurden angezündet. G. 15, 103;
4, 36; An der K. die ſog. Diebe. Lichtenberg 4, 528; Mit
trüben K–n | Amur. Rückert 2, 345 ꝛc. Sprchw.: Steif
(Kohl A. 1, 46), grade wie eine K. Muſäus M. 4, 118
u. o.; Steif wie die Wachs-K–n. Börne 2, 119; Man muß
dem Teufel oftmal zwo K–n anzünden, da man unſerm Herrn
Gott nur ein’ anzündet. Weidner 40; Da ich immer unter
ihnen ſein und noch dazu dem Teufel eine K. anſtecken mus.
Droyſen Y. 1, 177 ꝛc., dem Böſen Ehre erweiſen, es ver-
ehren. 2) übertr., z. B.: Wird er mit des Witzes
K. | je die Nacht auf deiner Stirn zerſtreun? Göckingk Lieb.
129; Um an dieſer heiligen Flamme [der Gottesfurchtꝛc.]
auch ihr Kerzlein anzuzünden. G. 22, 356; Koſen bei der
Sterne K–n [Schein]. Rückert Mak. 1, 78; Gleich irren-
den K–n [Jrrlichtern] im dunſtigen Moor. Matthiſſon 223.
Ferner = Seelicht (1) ꝛc. Auch von einer leicht in
Liebe entflammenden Perſon: Du K.! Wetterfahne du!
G. 8, 26.
Anm. Ahd. charz(a), cherza, mhd. kerze, vgl. franz.
cierge, provenz. ciri von lat. cereus, die Wachs-K. bez.,
urſpr. wohl kirchlich. Nbnf.: Die „Keerß“ (Mz.). Weidner
240 und oberd.: Im Hauſe ſeiner Mutter kamen die Mäd-
chen oft in die Karz oder, wie man es hier nennt, zu Licht.
Auerbach D. 1, 8; In den Lichtkarz und auf den Tanz-
boden. Kurz Sonn. 79; Scherr G. 1, 271, vgl. Lichtſtube.
Zſſtzg. ſ. 1, ferner z.B.: Áltar-: Kinkel E. 150.
Aūgen- [2]: Flammend und groß brannten zwei mäch-
tige A–n [feurig blickende Augen] auf ſie nieder. Gutzkow
R. 5, 442. Ehren-: die Einem zu Ehren brennt,
z. B. [2] Günther 903. Féld-: eine Pflanze, Ver-
bascum thapsus, auch Himmels-, Johannis-, Kö-
nigs-, Oſter-, Unholden-K., hoch und grade mit
ſchön gelben Blumen. Lêbens-: am Geburtstag
angezündete Kerzen, durch ihre Zahl die Jahre des Ge-
burtstagskindes anzeigend. G. 27, 99. Líchtmeß-:
Klärlich und an [= ohne] L–en zu ſehen. Fiſchart B. 11a.
Nácht-: des Nachts im Schlafzimmer brennend,
nam. inſofern ſie auf Waſſer oder Ol zu ſchwimmen
eingerichtet ſind; auch eine Pflanze Oenothera.
Öſter-: 1) in kathol. Kirchen beim Gottesdienſt vom
Kar-Samstag bis zum Auffahrtstag brennend, auch
Schauer-K. 2) ſ. Feld-K. Rǟūcher-: kleine
kegelförmige Körper aus Kohlenpulver, Salpeter und
wohlriechenden Stoffen, welche angezündet fortglim-
men und einen angenehmen Geruch verbreiten.
Schāūer-: Oſter-K. (1). Spitz-: ein Kerzen-
ende, das, auf die Spitze eines wachsähnlich erſcheinen-
den Stiels (vgl. Profiter) geſteckt, wie eine ganze Kerze
erſcheint. Strāf-: in der kathol. Kirche von Bü-
ßenden geliefert. Tōdten-: bei Leichenbegängniſſen
brennend ꝛc. Platen 1, 83. Unholden-: Feld-K.
Fiſchart B. IIa. Wándel-: in kathol. Kirchen, bei
einem Meßamt während der Stillmeſſe angezündet.
Schm. 4, 95 ff. Wáſſer-: bei Waſſerkünſten, viele
Waſſerſtrahlen in einer Linie, die alſo kerzenähnlich
erſcheinen.