Faksimile 0900 | Seite 892
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Kelch
Kélch, m., –(e)s; –e; –lein; -, –es-: 1) ein
Trinkgefäß mit hohem Fuß, ſ. Becher (1 und Anm. 1,
und die dort angeführten Stellen), oft wie dies
in Bezug auf den Inhalt des Gefäßes und ſo, zumal
nach bibl. Sprachgebrauch übertr.: Der K. des Abend-
mahls, ſ. Kelchner 2; Luk. 22, 20 ꝛc.; Iſt’s möglich, ſo
gehe dieſer K. von mir [dies Leiden ꝛc.]. Matth. 26, 39;
Ein K. des Jammerns und Traurens. Heſ. 23, 33; ſeines
Grimms. Jeſ. 51, 22; Zorns. Off. 14, 10 ꝛc.; Der K. der
Liebe hat auch mir geſchäumet. Chamiſſo 6, 262; Am K. des
Lebens mich zu laben. 3, 63; Der Dichter trinkt den K. der
Starkgeiſterei tiefer aus als Goethe und geht dennoch nüch-
tern davon wie er. Gervinus Lit. 5, 145; Schaudre nicht, |
die Neige dieſes bittern K–s zu ſchlürfen. G. 13, 339; 22,
275; Ich ſchaudre nicht, den kalten ſchrecklichen K. zu faſſen,
aus dem ich den Taumel des Todes trinken ſoll. 14, 153;
So leerten ſie den K. | höchſter Luſt und tiefſten Leidens.
Heine Rom. 69; H. R. 7, 326; Trinken | Ruhm noch aus
dem K. der Noth. Platen 6, 14; „Sie hat | den vollen K.
der Freuden ausgetrunken.“ | Jetzt trinkt ſie auch den bittern
K. der Leiden. Sch. 424a ꝛc. Auch übertr. auf etwas
kelchförmig Vertieftes, z. B.: Sah ich das Rheinthal un-
ter mir | wie einen Römer grün ſich wölben. | Das iſt ein
K.! .. Der Wein, der in dem Becher ſchäumt, | iſt die Ro-
mantik. Freiligrath Garb. 41 ꝛc., ſ. Anat.: K–e der Nie-
ren, und 2. 2) Botan.: der als die äußre Hülle
ſich darſtellende Blüthentheil (Calyx): Der K. iſt das
in der Blüthe wiederholte Stengel- oder Scheidenblatt. Oken
2, 47; Der Übergang des K–s zur Krone. G. 36, 31 ff.
Oft aber auch, nam. bei Dichtern, kelchförmige Knoſpe
oder Blume: Euer [der Blume] K. ſoll überfließen | von
des Nektars reinſtem Thau. Sch. 55a; Der Roſe K., dicht
umhegt von grünen Blätterſäumen. ESchulze Roſ. 126 ꝛc.,
auch übertr.: Die ſtillen Knoſpen, die die zarte Bruſt | ..
verborgen, | die brechen auf . .. wenn .. . Liebe | die zuge-
ſchloßnen K–e aufgeküſſt. Körner 126a; [Dies Alles] ſind
einer Blume Blätter nur. Ich ſollte, | ich Raſende, ein ab-
gerißnes Blatt | aus dieſer Blume ſchönem K. verſchenken?
Sch. 263a ꝛc.
Anm. Ahd. chelih, mhd. kelch, gr. céoξ, lat. calix.
Zſſtzg. vielfach, leicht zu verſtehn und zu mehren
nach den folgenden (vgl. die von Becher ꝛc.): Ābend-
mahl(s)-: ſ. Nachtmahl-K. Álpen- [2]: Alpen-
roſe. Platen 1, 90. Áltar-. Werner Oſtſ. 1, 118.
Befrúchtungs- [2]: Staubgefäße und Stempel
einſchließend. Blūmen- [2]: B–e bunt ſich füllen.
G. 2, 89; Noch ehe der Blitz der Liebe . .. die verſchloßne
Knoſpe zum vollen B. der Luſt entfaltet hat. FSchlegel Luc.
66 ꝛc. So auch nach den verſch. Blumen: Roſen-,
Tulpen-K.; Wie die Biene | leis im Lilien-K–e ſummt.
V. 3, 11 ꝛc. Blǖthen- [2]: Der B. eines Vergiß-
meinnichts. JP. 2, 75 ꝛc. Brāūſe-: voll brauſen-
den Getränks; übertr. Daumer 1, 187. Búndes-:
woraus die Bundesbrüder trinken ꝛc. Matthiſon 1.
Dóppel-: B. 171b, ſ. Doppelbecher. Frēūden-:
Den F. geleert bis auf die Hefe. Uhland 459; IP. 31, 76
ꝛc. Frúcht- [2]: den Stempel allein bedeckend.
Hárt- [2]: eine Pflanze, Illecebrum verticillatum.
Hōnig- [2]: Nectarium: Süße Blümlein [Mägd-
lein], laſſt euch nie | den H. zerwühlen. B. 89a.
Krēūz-: Da Jeſus hingegangen, | den K. von der Hand
des Vaters zu empfangen. Scultetus (L. 8, 296). Lābe-:
Koſegarten Po. 2, 235. Lêbens-: Den Bodenſatz im
L. voll Wermuth. Platen 2, 144. Lāūb- [2]: viel-
blättriger Kelch. Lēīdens-: Den L. leeren.
Líppen- [2]: Lippenbildung des Kelchs. Lúſt-:
Ein verſtohlner Zug | aus Amor’s L. W. 10, 284.
Méß-: Abendmahl-K. in der katholiſchen Kirche.
Náchtmahl-: Abendmahl-K.; übertr.: Aus dem N.
der Freiheit | laß uns wieder einmal ſchlürfen. Herwegh 1,
27. Opfer-: beim Opfer dienend; Abendmahl-K.
Sāmen- [2]: kelchförmiges äußres Samen-
gehäuſe. Schēīden- [2]: einblättriger Kelch.
Schúppen- [2]: worauf die Staubfäden ſtehn.
Spūl-: Etwas zu ſpülen, z. B. in der katholiſchen
Kirche den Wein zum Hinunterſpülen des geweihten
Brots enthaltend. Tāūf-: früher in der kathol.
Kirche, Honig und Milch für den Täufling enthaltend.
Tāūmel-. Jeſ. 51, 22; Den Rauſch des T–s. G.
16, 81; Gotter 1, 113 ꝛc. Tōdes-: Berauſcht vom
T–e, | geſunken in dem Streit. Platen 6, 20. Tōn-:
Da ihr Hauch im goldnen T. | ſich in lauten Schall verwan-
delt. Scheffel 153. Wérmuts-: Es kredenzt ſelbſt
Glücklichen | herben W. das Schickſal. Platen 2, 253.
Wónne-. Zāūber- u. ä. m.