Faksimile 0892 | Seite 884
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Kegel
Kēgel, m., –s; uv.; –chen, ein; -: 1) K., Spiel-
K., in dem ſog. K.-Spiel die Holzpuppen, die als Ziel
der die Bahn hinabzuwerfenden Kugel zum Umwerfen
aufgeſtellt werden, cylinderförmig, doch nach oben ſich
zuſpitzend zum Hals, der gw. einen kuglichten Kopf
trägt, meiſt neun an der Zahl, darunter ein größrer,
der ſog. König, der beim Aufſtellen im Quadrat (drei
mal drei Reihen) in die Mitte kommt. Die die Ecken
des Quadrats bildenden K. heißen die Eck-K. Zuw.
auch das ganze Spiel ſelbſt, z. B.: K., eine Kaſſe K.
ſpielen, ſchieben (V. 4, 141 ꝛc.), vgl.: K. erlegen. Hippel
Leb. 1, 60. Die K.-Kugeln rollen und die K. fallen. G.
20, 9; 6, 155; Neun Mufen ſtell’ ich mir, ſo wie neun K.,
vor. | Man wirft und trifft doch Holz, es ſei viel oder wenig. |
Die Ecken ſchlägt man um, verfehlt man gleich den König.
Hagedorn 1, 91; Soll ich dieſen Kerl das Oberſt zu unterſt
unters Firmament wie einen K. aufſetzen? Sch. 122b; K–n
gleich .. ſich zu Boden werfen laſſen. W. 11, 115; Aufmerk-
ſam ſitzt ſie da, gerader als ein K. 12, 318; 10, 297 ꝛc.,
ſo auch weidm.: Einen K. machen, ſich kegeln, von dem
ſich lauſchend aufreckenden Haſen, vergl. Männchen;
Steif wie ein K.; Zwiſchen Kugel und K. kommen (vgl.:
Der Hund im K.-Spiel), zwiſchen Thür und Angel
ſein, in der Klemme, ſ. 7m. Vgl. ferner: K.-Bahn,
-Kugel (Boßel), -Schub (Lang- und Kurzſchub),
Holz 3, Geduld 1a ꝛc. 2) bei gw. Wirthshäuſern
und Krügen, bei denen meiſt eine Kegelbahn iſt, ein
ausgehängter K. (1) als Bierzeichen ſtatt des Schilds,
dann allgm.: ein Bierzeichen, Krugſchild ꝛc. 3)
eine kurze, kleine (in ſich gedrungne) Perſ., nach der
Ähnlichkeit mit 1: Einem armen kleinen K., | der ſich nicht
beſonders regt, | hat ein ungeheurer Flegel | heute grob ſich
aufgelegt. G. 1, 113; Bald ſtand ein kurzer dicker K. | mit
rothen Haaren vor ihr da. Langbein 2, 164 ꝛc. Dazu wohl
auch die Umdeutung von Neſtquackelchen (ſ. d. und
Neſthäkchen ꝛc.): Ich hätte meinen Neſt-K. ohnehin ..
entwöhnt. Kurz Weihn. 86. 4) Vielleicht dürfte hier-
her (3) auch zu ziehn ſein die ſprchw. allitterierende
Verbindung: Mit Kind und K. (z. B. G. Zelt. 2, 160; Gutz-
kow R. 1, 138; Hackländer Stillfr. 2, 207 u. o.) = mit
der geſammten Familie, etwa auch die Kleinſten nicht
ausgeſchloſſen, wobei man denn freilich anzunehmen
hätte, daß der Ausdruck ſchon früh unverſtanden und
deßhalb umgedeutet wurde, wie denn ſchon in einem
Wörterbuche von 1482 (ſ. Friſch und Benecke) K. durch
„uneheliches Kind“ erklärt wird, vgl. einen Erklä-
rungsverſuch v. Frommann unter Gauch2, nam. aber auch
das frz. prendre, trousser sonsac et ses quilles, Sack
und K. nehmen ꝛc. = ſich eiligſt davon machen, wie
wir ſagen: mit Sack und Pack. Sie haben ja ſonſt,
wenn dieſer profane Ausdruck erlaubt wäre, nicht Kind noch
K. Prutz Muſ. 3, 127; Daß er zuletzt nur noch ’was daher
ſtammert, was weder Kind noch K. iſt. Tieck A. 1, 185,
weder gehaun noch geſtochen ꝛc. 5) Andrerſeits bez.
K., wohl nach der geringen Kunſt, die der Drechsler
darauf verwendet (ſ. 1), auch eine wenig gehobelte oder
ungehobelte Perſ., vgl. Klotz (veralt.): Die wüſten K.,
die Tag und Nacht voll ſind. Keiſersberg Poſt. 141; 22b, ſ.
Friſch. 6) bei einem Tanz, der ſog. K.-Quadrille, die
von Neunen, näml. vier im Viereck ſtehenden Paaren
und einem einzelnen in der Mitte ſtehenden Herrn ge-
tanzt wird, dieſer Herr. 7) vielfach übertr. nam.
auf walzenförmige, runde, doch nach einer Seite (nach
oben) mehr oder minder ſpitz zulaufende Körper (ſ. beſ.
k), nam.: a) Anat.: zumal beim Pferde, der Vorarm
und der längre der beiden ihm zu Grunde liegenden
Knochen, die Speiche, vgl. Auskegeln 4. b) Ar-
till.: das Viſier der Kanonen. c) Buchdr. und
Schriftgieß.: die Dicke der Lettern (der Höhe des
Buchſtaben entſprechend), die für allezu einer Schrift
gehörigen Typen völlig übereinſtimmend ſein muß, da-
mit ſich regelmäßige Zeilen zuſammenſetzen laſſen. Kar-
marſch 1, 389; Franke Kat. 38 (K. u. „Kögel“); Schrift-
K. Hierzu ſehr viele Zſſtzg. nach den verſch. „Schrif-
ten“: Die geringſte K.-Stärke wird bei den deutſchen Buch-
druckern Achtelpetit, bei den franzöſiſchen Punkt [ſ. d.] ge-
nannt ꝛc. 38; Zwei Sorten von Linien, feine und fette auf
Viertelpetit-K. Buchdr. 18; Der Petit-K. miſſt
typographiſche Punkte, deren 6 eine alte Pariſer Linie aus-
machen, alſo ¾₈g Pariſer Zoll, Garmond-K. 9¹¹, typ.
Punkte .., Cicero-K.. 11⁵ typ. Punkte ꝛc. Karmarſch 1,
388; Man gießt auch wohl eine Schrift auf einen größern
K., als der ihr eig. zugehört, z. B. Garmond auf Cicero-
K., um ohne Durchſchuß weiter aus einander ſtehende Zeilen
zu erhalten. ebd. Vgl. Parangonieren. d) Büch-
ſenm.: K., Zünd-K., Piſton, der ſchwach koniſch ver-
jüngte Stahlzapfen am Gewehrſchloß zum Aufſtecken
des Zündhütchens; auch ein ähnl. Theil an ältern
(Nichtperkuſſions-) Schlöſſern. e) Geolog.: kegel-
förmige Berge, oder Theile eines Bergs, zumeiſt vul-
kaniſch, z. B.: Die K. des Veſuvausbruchs. Humboldt K.
1, 239, mit vielfachen Zſſtzg., z. B.: Aſchen-K. (verſch.
p); In der Mitte dieſes alten Erhebungs-K–s befindet
ſich ein neuerer kleiner vom Meer umflutheter Ausbruchs-
K. Burmeiſter Gſch. 108; Humboldt K. 1, 242; Auswurf-
K. [des Veſuvs]. Volger EE. 301; Baſalt-K.; Berg-K.
Fallmerayer Or. 1, 219; Felſen-K. König Leb. 2, 49;
Granit-K. Scherr Nem. 2, 141; Der Kratergrund thürmt
ſich zu kleinen Schlacken-K–n ꝛc. Burmeiſter Gſch. 77 u. ä. m.
f) Hutmach.: K., Filz-K., Filzkern (ſ. d.).
g) Klöppler: die Klöppel-Hölzer, -Hörner, -Nadeln,
-Sticken. h) Kriegsk. (ſ. b und d), nam. bei den
Alten der Helmbuſch: Die Mähn’ aus geſponnenem Golde |
flatterte, welche der Gott auf dem K. ihm häufig geordnet.
V. Il. 19, 383; B. 211a ꝛc. i) Maſchinenw.:
Benennung vieler Theile nach ihrer koniſchen Geſtalt,
z. B.: Schnecken-K., in Taſchenuhren das kegelför-
mige Schneckenrad; Sperr-K., in die Bewegung eines
Sperr-Rads hemmend eingreifend ꝛc. k) Mathem.:
Nimmt man außerhalb der Ebene eines Kreiſes einen beliebi-
gen Punkt (die K.-Spitze), und läſſt um dieſen als feſten
Mittelpunkt eine Grade (die K.-Seite) ſich längs der Periphe-
rie eines Kreiſes bewegen, ſo heißt die von der Graden durch
dieſe Bewegung erzeugte krumme Fläche K.-Fläche oder -Man-
tel und der von ihr und dem gegebnen Kreis begränzte Körper
ein K., Conus: die die Spitze mit dem Mittelpunkt des Krei-
ſes verbindende Grade heißt die Achſe des K–s; ſteht ſie ſenk-
recht auf der Grundfläche, ſo heißt der K. ein grader (den
man ſich alſo auch durch Umdrehung eines rechtwinkligen
Dreiecks um eine Kathete entſtanden denken kann), ſonſt ein
ſchiefer. Der K., der durch die Bewegung der über die K.-
Spitze hinaus verlängerten K.-Seite gleichzeitig mit dem K.
entſteht, heißt deſſen zugehöriger und beide zuſammen ein
Doppel-K. Abgeſtumpfter K., K.-Stumpf oder Stumpf-
K. iſt das Stück des K–s, das übrig bleibt, wenn man durch
eine beide Seiten des K.-Mantels ſchneidende Ebne ein belie-
biges Stück von der Spitze aus abſchneidet. S. auch K.-
Schnitt. Ohne Zuſatz verſteht man unter K., zumal
im gw. Leben, den graden (in der Form des Zucker-
huts): Filzhüte, ganz randlos, wie ein abgekappter K. Heine
Reiſ. 1, 118 ꝛc.; Der lichtreflektierende Dunſt-K., den ſie
[die Kometen] ausſtrahlen. Humboldt K. 1, 105; Der aus-
ſtrömende Licht-K. 108 und annähernd ähnl. Figuren
wie z. B. Pracht-K. bei Gottſched für Obelisk. Da-
gegen heißen mathem. erweitert K. und (im Ggſtz. zu
dem eig. oder Kreis-K.), After-K. (Konoid) manche
ähnliche Körper: Einen hyperboliſchen After-K. zu kubieren.
L. 11, 28. l) Nadler: ein aus zwei abgeſtumpften
hölzernen K–n (ſ. k) beſtehendes Werkzeug zur Ver-
fertigung der Stuhlfedern von Draht. m) Schloſ-
ſer: die Angel oder Haſpe einer Thüre, eines Fenſters
ꝛc. n) Wappenk.: K., Sturm-K.: die Herolds-
ſigur, die entſteht, wenn man einen Platz des geſtänder-
ten Schildes abgeſondert darſtellt, Ständer, Schoß.
o) Weber: ſ. K.-Stuhl. p) Zoolog.: die koni-
ſchen Theile mancher Schalthiere, z. B.: Der K. [des
Belemniten] mußte ziemlich die halbe Länge des Mantelſchil-
des haben. Burmeiſter gB. 1, 182 ꝛc., wie denn auch die
Belemniten ſelbſt hin und wider Teufels-K. heißen,
vgl. Teufelsfinger, Donnerkeil ꝛc., ferner nam.: K.,
K.-Schnecke, Conus, eine Gattung walzen- und kegel-
förmiger Schnecken mit vielen Arten, z. B.: Achat-
K., C. tulipa; Aſchen-K. (verſch. e), C. rusticus;
Buchſtaben- oder Schrift-K., C. literatus; Faden-
K., C. figulinus; Feder-K., C. textile; Garn-K., C.
miles; Marmor-K., C. marmoreus; Sand-K., C.
stercus muscarum; Tiger-K., C. striatus; Wolken-
K., C. geographus ꝛc. (ſ. Oken 5, 449 ff.). q) (ſ.
1) euphemiſtiſch wie Häufchen (ſ. Haufen 1d) von
menſchl. Erkrementen: Einen friſchgeſetzten K. W. 34, 341
= „Ein Häuflein, welches friſch ward hingekackt.“ V. Ar. 1, 84.
Anm. Ahd. chegil, mhd. kegel, K., Pflock, Keil, vgl.
mhd. kil, Keil, Pflock, kil, Federkiel (vgl. Kengel), Stengel,
ferner ahd. chiol, mhd. kiel, Schiffskiel, frz. quille, das zu-
gleich Kegel bed., ſ. Diez 99.
Zſſtzg. ſ. o. und danach leicht zu mehren, z. B.:
Achat- [7p]; After- [7k]; Aſchen- [7p und c]; Ausbruchs-
[7e]; Auswurf- [7e]; Baſalt- [7e]; Berg- [7e]; Bier-
[2]; Borgis- [7c]; Buchſtaben- [7c u. p]; Cicero- [7c];
Diamant-[7c]; Doppel-[7k]; Dunſt-[7k]; Eck-[1]; Eis-
[7: Eiszapfen. Jp. 3, 6]; Erhebungs-[7e]; Faden-[7p];
Feder- [7p]; Felſen- [7e]; Filz- [7f]; Garn- [7p]; Gra-
nit- [7e, vgl. Pracht-K.]; Helm- [7h]; Kanon- [7c];
Kolonel- [7c]; Kopfs-: ſ. kegeln 2b; Korpus-[7c]; Kreis-
[7k]; Licht-[7k]; Marmor- [7p, vgl. Pracht-K.]; Neſt-
[3]; Nompareil- [7c]; Perl- [7c]; Petit- [7c]; Pracht-
[7k und nach dem Stoff z.B. Granit-, Marmor-K.];
Sabon- [7c]; Sand- [7p und e]; Schlacken- [7e];
Schnecken- [7i]; Schrift- [7c und p]; Sperr- [7i];
Spiel- [1]; Stumpf- [7k]; Sturm- [7n]; Tertia- [7c];
Teufels- [7p]; Text- [7c]; Wolken- [7p]; Zünd- [7d]
K. u. ä. m.