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Kegel
Kēgel, m., –s; uv.; –chen, ein; -:
1) K., Spiel- K., in dem sog. K.-Spiel die Holzpuppen, die als Ziel der die Bahn hinabzuwerfenden Kugel zum Umwerfen aufgestellt werden, cylinderförmig, doch nach oben sich zuspitzend zum Hals, der gw. einen kuglichten Kopf trägt, meist neun an der Zahl, darunter ein größrer, der sog. König, der beim Aufstellen im Quadrat (drei mal drei Reihen) in die Mitte kommt. Die die Ecken des Quadrats bildenden K. heißen die Eck-K. Zuw. auch das ganze Spiel selbst, z. B.: K., eine Kasse K. spielen, schieben (V. 4, 141 etc.), vgl.: K. erlegen. Hippel Leb. 1, 60. Die K.-Kugeln rollen und die K. fallen. G. 20, 9; 6, 155; Neun Mufen stell’ ich mir, so wie neun K., vor. | Man wirft und trifft doch Holz, es sei viel oder wenig. | Die Ecken schlägt man um, verfehlt man gleich den König. Hagedorn 1, 91; Soll ich diesen Kerl das Oberst zu unterst unters Firmament wie einen K. aufsetzen? Sch. 122b; K–n gleich .. sich zu Boden werfen lassen. W. 11, 115; Aufmerksam sitzt sie da, gerader als ein K. 12, 318; 10, 297 etc., so auch weidm.: Einen K. machen, sich kegeln, von dem sich lauschend aufreckenden Hasen, vergl. Männchen; Steif wie ein K.; Zwischen Kugel und K. kommen (vgl.: Der Hund im K.-Spiel), zwischen Thür und Angel sein, in der Klemme, s. 7m. Vgl. ferner: K.-Bahn, -Kugel (Boßel), -Schub (Lang- und Kurzschub), Holz 3, Geduld 1a etc. 2) bei gw. Wirthshäusern und Krügen, bei denen meist eine Kegelbahn ist, ein ausgehängter K. (1) als Bierzeichen statt des Schilds, dann allgm.: ein Bierzeichen, Krugschild etc. 3) eine kurze, kleine (in sich gedrungne) Pers., nach der Ähnlichkeit mit 1: Einem armen kleinen K., | der sich nicht besonders regt, | hat ein ungeheurer Flegel | heute grob sich aufgelegt. G. 1, 113; Bald stand ein kurzer dicker K. | mit rothen Haaren vor ihr da. Langbein 2, 164 etc. Dazu wohl auch die Umdeutung von Nestquackelchen (s. d. und Nesthäkchen etc.): Ich hätte meinen Nest-K. ohnehin .. entwöhnt. Kurz Weihn. 86. 4) Vielleicht dürfte hierher (3) auch zu ziehn sein die sprchw. allitterierende Verbindung: Mit Kind und K. (z. B. G. Zelt. 2, 160; Gutzkow R. 1, 138; Hackländer Stillfr. 2, 207 u. o.) = mit der gesammten Familie, etwa auch die Kleinsten nicht ausgeschlossen, wobei man denn freilich anzunehmen hätte, daß der Ausdruck schon früh unverstanden und deßhalb umgedeutet wurde, wie denn schon in einem Wörterbuche von 1482 (s. Frisch und Benecke) K. durch „uneheliches Kind“ erklärt wird, vgl. einen Erklärungsversuch v. Frommann unter Gauch2, nam. aber auch das frz. prendre, trousser sonsac et ses quilles, Sack und K. nehmen etc. = sich eiligst davon machen, wie wir sagen: mit Sack und Pack. Sie haben ja sonst, wenn dieser profane Ausdruck erlaubt wäre, nicht Kind noch K. Prutz Mus. 3, 127; Daß er zuletzt nur noch ’was daher stammert, was weder Kind noch K. ist. Tieck A. 1, 185, weder gehaun noch gestochen etc. 5) Andrerseits bez. K., wohl nach der geringen Kunst, die der Drechsler darauf verwendet (s. 1), auch eine wenig gehobelte oder ungehobelte Pers., vgl. Klotz (veralt.): Die wüsten K., die Tag und Nacht voll sind. Keisersberg Post. 141; 22b, s. Frisch. 6) bei einem Tanz, der sog. K.-Quadrille, die von Neunen, näml. vier im Viereck stehenden Paaren und einem einzelnen in der Mitte stehenden Herrn getanzt wird, dieser Herr. 7) vielfach übertr. nam. auf walzenförmige, runde, doch nach einer Seite (nach oben) mehr oder minder spitz zulaufende Körper (s. bes. k), nam.:
a) Anat.: zumal beim Pferde, der Vorarm und der längre der beiden ihm zu Grunde liegenden Knochen, die Speiche, vgl. Auskegeln 4.
b) Ar- till.: das Visier der Kanonen.
c) Buchdr. und Schriftgieß.: die Dicke der Lettern (der Höhe des Buchstaben entsprechend), die für allezu einer Schrift gehörigen Typen völlig übereinstimmend sein muß, damit sich regelmäßige Zeilen zusammensetzen lassen. Karmarsch 1, 389; Franke Kat. 38 (K. u. „Kögel“); Schrift- K. Hierzu sehr viele Zsstzg. nach den versch. „Schriften“: Die geringste K.-Stärke wird bei den deutschen Buchdruckern Achtelpetit, bei den französischen Punkt [s. d.] genannt etc. 38; Zwei Sorten von Linien, feine und fette auf Viertelpetit-K. Buchdr. 18; Der Petit-K. misst typographische Punkte, deren 6 eine alte Pariser Linie ausmachen, also ¾₈g Pariser Zoll, Garmond-K. 9¹¹, typ. Punkte .., Cicero-K.. 11⁵ typ. Punkte etc. Karmarsch 1, 388; Man gießt auch wohl eine Schrift auf einen größern K., als der ihr eig. zugehört, z. B. Garmond auf Cicero- K., um ohne Durchschuß weiter aus einander stehende Zeilen zu erhalten. ebd. Vgl. Parangonieren.
d) Büchsenm.: K., Zünd-K., Piston, der schwach konisch verjüngte Stahlzapfen am Gewehrschloß zum Aufstecken des Zündhütchens; auch ein ähnl. Theil an ältern (Nichtperkussions-) Schlössern.
e) Geolog.: kegelförmige Berge, oder Theile eines Bergs, zumeist vulkanisch, z. B.: Die K. des Vesuvausbruchs. Humboldt K. 1, 239, mit vielfachen Zsstzg., z. B.: Aschen-K. (versch. p); In der Mitte dieses alten Erhebungs-K–s befindet sich ein neuerer kleiner vom Meer umflutheter Ausbruchs- K. Burmeister Gsch. 108; Humboldt K. 1, 242; Auswurf- K. [des Vesuvs]. Volger EE. 301; Basalt-K.; Berg-K. Fallmerayer Or. 1, 219; Felsen-K. König Leb. 2, 49; Granit-K. Scherr Nem. 2, 141; Der Kratergrund thürmt sich zu kleinen Schlacken-K–n etc. Burmeister Gsch. 77 u. ä. m.
f) Hutmach.: K., Filz-K., Filzkern (s. d.).
g) Klöppler: die Klöppel-Hölzer, -Hörner, -Nadeln, -Sticken.
h) Kriegsk. (s. b und d), nam. bei den Alten der Helmbusch: Die Mähn’ aus gesponnenem Golde | flatterte, welche der Gott auf dem K. ihm häufig geordnet. V. Il. 19, 383; B. 211a etc.
i) Maschinenw.: Benennung vieler Theile nach ihrer konischen Gestalt, z. B.: Schnecken-K., in Taschenuhren das kegelförmige Schneckenrad; Sperr-K., in die Bewegung eines Sperr-Rads hemmend eingreifend etc. k) Mathem.: Nimmt man außerhalb der Ebene eines Kreises einen beliebigen Punkt (die K.-Spitze), und lässt um diesen als festen Mittelpunkt eine Grade (die K.-Seite) sich längs der Peripherie eines Kreises bewegen, so heißt die von der Graden durch diese Bewegung erzeugte krumme Fläche K.-Fläche oder -Mantel und der von ihr und dem gegebnen Kreis begränzte Körper ein K., Conus: die die Spitze mit dem Mittelpunkt des Kreises verbindende Grade heißt die Achse des K–s; steht sie senkrecht auf der Grundfläche, so heißt der K. ein grader (den man sich also auch durch Umdrehung eines rechtwinkligen Dreiecks um eine Kathete entstanden denken kann), sonst ein schiefer. Der K., der durch die Bewegung der über die K.- Spitze hinaus verlängerten K.-Seite gleichzeitig mit dem K. entsteht, heißt dessen zugehöriger und beide zusammen ein Doppel-K. Abgestumpfter K., K.-Stumpf oder Stumpf- K. ist das Stück des K–s, das übrig bleibt, wenn man durch eine beide Seiten des K.-Mantels schneidende Ebne ein beliebiges Stück von der Spitze aus abschneidet. S. auch K.- Schnitt. Ohne Zusatz versteht man unter K., zumal im gw. Leben, den graden (in der Form des Zuckerhuts): Filzhüte, ganz randlos, wie ein abgekappter K. Heine Reis. 1, 118 etc.; Der lichtreflektierende Dunst-K., den sie [die Kometen] ausstrahlen. Humboldt K. 1, 105; Der ausströmende Licht-K. 108 und annähernd ähnl. Figuren wie z. B. Pracht-K. bei Gottsched für Obelisk. Dagegen heißen mathem. erweitert K. und (im Ggstz. zu dem eig. oder Kreis-K.), After-K. (Konoid) manche ähnliche Körper: Einen hyperbolischen After-K. zu kubieren. L. 11, 28. l) Nadler: ein aus zwei abgestumpften hölzernen K–n (s. k) bestehendes Werkzeug zur Verfertigung der Stuhlfedern von Draht. m) Schlosser: die Angel oder Haspe einer Thüre, eines Fensters etc. n) Wappenk.: K., Sturm-K.: die Heroldssigur, die entsteht, wenn man einen Platz des geständerten Schildes abgesondert darstellt, Ständer, Schoß. o) Weber: s. K.-Stuhl. p) Zoolog.: die konischen Theile mancher Schalthiere, z. B.: Der K. [des Belemniten] mußte ziemlich die halbe Länge des Mantelschildes haben. Burmeister gB. 1, 182 etc., wie denn auch die Belemniten selbst hin und wider Teufels-K. heißen, vgl. Teufelsfinger, Donnerkeil etc., ferner nam.: K., K.-Schnecke, Conus, eine Gattung walzen- und kegelförmiger Schnecken mit vielen Arten, z. B.: Achat- K., C. tulipa; Aschen-K. (versch. e), C. rusticus; Buchstaben- oder Schrift-K., C. literatus; Faden- K., C. figulinus; Feder-K., C. textile; Garn-K., C. miles; Marmor-K., C. marmoreus; Sand-K., C. stercus muscarum; Tiger-K., C. striatus; Wolken- K., C. geographus etc. (s. Oken 5, 449 ff.). q) (s. 1) euphemistisch wie Häufchen (s. Haufen 1d) von menschl. Erkrementen: Einen frischgesetzten K. W. 34, 341 = „Ein Häuflein, welches frisch ward hingekackt.“ V. Ar. 1, 84.
Anm. Ahd. chegil, mhd. kegel, K., Pflock, Keil, vgl. mhd. kil, Keil, Pflock, kil, Federkiel (vgl. Kengel), Stengel, ferner ahd. chiol, mhd. kiel, Schiffskiel, frz. quille, das zugleich Kegel bed., s. Diez 99.
Zsstzg. s. o. und danach leicht zu mehren, z. B.: Achat- [7p]; After- [7k]; Aschen- [7p und c]; Ausbruchs- [7e]; Auswurf- [7e]; Basalt- [7e]; Berg- [7e]; Bier- [2]; Borgis- [7c]; Buchstaben- [7c u. p]; Cicero- [7c]; Diamant-[7c]; Doppel-[7k]; Dunst-[7k]; Eck-[1]; Eis- [7: Eiszapfen. Jp. 3, 6]; Erhebungs-[7e]; Faden-[7p]; Feder- [7p]; Felsen- [7e]; Filz- [7f]; Garn- [7p]; Granit- [7e, vgl. Pracht-K.]; Helm- [7h]; Kanon- [7c]; Kolonel- [7c]; Kopfs-: s. kegeln 2b; Korpus-[7c]; Kreis- [7k]; Licht-[7k]; Marmor- [7p, vgl. Pracht-K.]; Nest- [3]; Nompareil- [7c]; Perl- [7c]; Petit- [7c]; Pracht- [7k und nach dem Stoff z.B. Granit-, Marmor-K.]; Sabon- [7c]; Sand- [7p und e]; Schlacken- [7e]; Schnecken- [7i]; Schrift- [7c und p]; Sperr- [7i]; Spiel- [1]; Stumpf- [7k]; Sturm- [7n]; Tertia- [7c]; Teufels- [7p]; Text- [7c]; Wolken- [7p]; Zünd- [7d] K. u. ä. m.