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Kanzl~ei Kanzel~ei Kanz(e)ler Kanz(e)list
* Kanz(e)l~ēī, f.; –en; -: (meiſt 2ſilbig): 1) eine
mit jeder höhern Landesſtelle verbundne Ausfertigungs-
behörde und das Lokal derſelben. So (in verſch. Staa-
ten wechſelnd) z. B.: Hof-, Jagd-, Kammer-,
Kriegs-, Landſchafts-, Lehens-, Reichs-, Staats-
K. u. ä. m. Auch übertr.: In Gottes K. ſteigen und
Vorſehung ſpielen. Auerbach D. 4, 68; Heinzen Buch ſei ein
rechte Kopei und Formular aus des Teufels Kanzeli genom-
men. Luther 26, 11; Geh ſelbſt in der ſtrengen Geſchwiſter
[der Parcen] Wohnungen, dort erkennſt du die ungeheuer
gebaute | Kanzellei der Geſchick’. V. Ov. 2, 378 ꝛc.
2) K., Juſtiz-K., eig. der von dem Platz für die Par-
teien durch Schranken abgeſonderte Platz für die Ge-
richtsperſonen, dann das Gericht ſelbſt, namentl. das
Obergericht (Gericht zweiter Jnſtanz) in einer Provinz
oder einem Lande: Von dem Niedergericht an die K. apel-
lieren ꝛc., auch das Lokal des Gerichts. 3) ſtatt K.-
Schrift, eine Schriftgattung, wie ſie in den K–en frü-
her üblich war und theilweiſe noch iſt, ähnlich der
Fraktur. Franke Kat. 37 ꝛc. 4) ſ. Kanzeln. ~er,
m., –s; uv.: der Vorgeſetzte einer Kanzelei (ſ. d. 1),
eine in verſch. Ländern und zu verſch. Zeiten verſch.
Würde von hohem Range: Die goldne Kette .., gieb ſie
dem Kanzler, den du haſt | und laß ihn noch die goldne Laſt|
zu andern Laſten tragen. G. 1, 139. So z. B.: Erb-,
Erz- (vgl. Erzamt), Groß-, Hof-, Kron-, Ordens-,
Reichs-, Staats-Kanzler u. ä. m. Veralt. Nbnf.
nach dem lat. cancellarius: Die kurſächſiſchen Kanz-
lare. Alexis H. 2, 3, 89 ff. ~iſt, m., –en; –en:
Kanzleiſchreiber. L. 7, 67 ꝛc.