Junker
Júnker, m., –s, (–n); uv., (–n); –chen, lein,
Jünkerchen, lein; -, –n-: zſgzgn. aus Jungherr (ſ. d.):
1) mundartl. im Ggſtz. zu „,Jungfrau“ eine ledige
Mannsperſon, die noch nicht Vater geworden. Schm. —
2) ein junger vornehmer Herr, nam. ein junger Adeli-
ger, dem noch kein andrer Titel zukommt, z. B. früher
in Preußen beim Militär: Bis er als J. zur Garde kam.
Tieck (HKleiſt Hinterl. III), vgl. Fahnen-J., z. B.: Als
der J. an meiner Seite fiel. Ich ergriff die Fahne ꝛc. Pfeffel
Pr. 1, 55 ꝛc., — früher (ſ. Schilter 498) ſelbſt von
fürſtlichen Perſ. im Ggſtz. des regierenden Herrn, —
von ältern Adligen meiſt in dem verächtl. Sinn, daß
ſie kein Verdienſt als das der Geburt haben, ſ. Zſſtzg.
und die folgenden Wörter; dann auch übertr.: Einer,
der ein müßiges Wohlleben führt ꝛc.: Da demüthigen
ſich die J–n. Jeſ. 2, 9; Wenn ein Knecht von Jugend auf
zärtlich gehalten wird, ſo will er darnach ein J. ſein. Spr.
29, 21; Sir. 33, 26; Das Gekläffe biſſiger Pfäffchen und
J–lein. Heine Reiſ. 4, 116; Die übermüthigen J–chen. Holtei
Ob. B. 1, 87; Einiſt ſprach man Einem „Herr“ und ſeinen
Söhnen Junckherren, wa iſt der J.? Jetzt ſo ſie alt und grau
ſeind, ſo muß man ihnen J. ſprechen. Keiſersberg Brösl. 51;
[Chriſtophorus] findt auch ein zartes J–lein | mit goldnem
Kraushaar und lichtem Schein [Chriſtum]. FrKind (Echter-
meyer 164); Du biſt wohl eines J–s Sohn, | den Andre
Tag vor Tag aus Pflicht bedienen ſollen. Lichtwer 103; Kann
J. Kaīn ſagen: Nescio. Numquid custos sum fratris mei
ego, ſo kann Gott ſprechen: Maledictus tu de terra [1. Moſ.
4, 9 u. 11]. Luther 6, 361b; Die zornigen J–lin. SW. 30,
377; Unſre Jünkerlin. 38, 212 ꝛc.; Weil meine Frau den
Nagel hat, aus einem ihrer J. einen Miniſter zu formen.
Muſäus Ph. 1, 67; Die Jünkerchen. Pfeffel Pr. 1, 177;
Wenn ein edler Ritter fällt, aber .. wenn ein plumper J.
fällt. Perthes Leb. 2, 217; Und heller ging’s dem J. auf
[Ulrich, dem Sohn des Grafen Eberhard von Würtem-
berg]. Sch. 12a; Ihr ſeid immer mein beſter, köſtlichſter J.
[Sohn meines Herrn, des Grafen]. 130b; Ein nieder-
trächt’ger Bube, | ein Höfling muß es ſein, ein Spanier, |
der J. irgend eines alten Hauſes. 372a; Acht Tiſche Frauen-
zimmer und zwölf Tiſche J–n. Schweinichen 3, 45; Schwelg’,
o J. Schranz! V. 3, 90; Wer Ehr’ im Leibe heget, | arbei-
tet nie; der langt nur zu, | wie Pfaff’ und J. pfleget. 4,
127; Der Storch hat dieſe Nacht | für unſers J–s Frau ein
Jünkerchen gebracht. 137 ꝛc. — Übertr. nicht bloß auf
Perſonen, z. B.: Als wollt J. Teufel gern .. eine Zwie-
tracht anrichten. Luther 6, 359b; J. Papſt und ſeine Kar-
dinäl. SW. 46, 221; J. Satan. 60, 76, wie G. 11, 176:
„J. Voland (ſ. Faland) kommt“, ſondern namentl. bei
Alteren auch auf Perſonif.: Nimmermehr nehm’ ich hier
gaſtlich auf den J. Krieg. Droyſen Ar. 2, 255; J. Geiz, der
da hindert am guten Leben. Luther 5, 410b; Wie ich zu mei-
nem Leib ſage: Lieber J., du wollteſt wohl gerne ſtehlen, hu-
ren, dich rächen ꝛc. 8, 303a; Den plaget J. Haß und Frau
Ehrgeiz. SW. 61, 56; Dann regt ſich der Abgott, J. Bauch.
35, 314, am Rand: Bruder venter; Mit „Junckherr“
Halm [dem Streulager] ſich behelfen müſſen. Weidner 45;
Geld iſt der „Junckherr“. 323 [die gebietende Macht] ꝛc. —
3) (ſ. 2) bei Spielen, wo eine Perſon mehr iſt, als nach
den Regeln des Spiels jedesmal mitſpielen, die der Reihe
nach ausſcheidende u. dem Spiel der Andern müßig zu-
ſchauende, z.B. beim Toccadille-Spiel unter Dreien ſtatt
unter Zweien. — 4) weidm.: J. werden, von Wach-
teln, die auf den Lockruf ſich nicht fangen laſſen, ſon-
dern frei bleiben. Fleming J. 340a. — 5) der auf den
„Lachter“ folgende Bäckerknecht, in andern Gegenden
„der Kleine“ genannt; In größern Bäckereien giebt es
einen Ober- und einen Unter-Lachter und -J. —
6) Brauer.: a) das Marburger Bier. — b) Ko-
vent von Weißbier. — 7) = Gutedel, eine vorzügliche
Art des Weinſtocks.
Anm. Die Formen auf „n“ in der Mz. und in den Ka-
ſus der Ez. außer dem Nomin. (ſ. o. u. z. B. im Dat. Zink-
gräf 1, 244 ꝛc.) ſind veralt., vgl. Pfarrer und Pfarrherr. —
Nbnf.: Die Hofjunkers. Oehlenſchläger Inſeln 2, 301;
Die Junkerſen. Weidner 245.
Zſſtzg. vielfach zu 2, leicht zu mehren nach den fol-
genden, z. B.: Dínten-: verächtliche Bezeichnung
eines Gelehrten, Federfuchſer ꝛc.: Was iſt ein D.? | Ein
Reicher ohne Geld ꝛc. Rachel 4, 233. — Dórf-: verächt-
lich ein Edelmann aus einem Dorf, vom Land, mit
bäuriſchen Sitten, Landwirthſchaft treibend ꝛc., Land-
J.: Herr von Maſuren, der ſo beliebte poetiſche D. [nach
dem Luſtſpiel la fausse Agnès von Destouches]. G. 21,
42. — Fáhn(en)-: Fahnenträger beim Fußvolk, vgl.
Standarten-J. bei der Reiterei. — Fúchs-: ein Ad-
liger, der leidenſchaftlich Füchſe jagt und kein andres
Verdienſt als ſeine Geburt und die noble Paſſion der
Jagd hat: Der F. in Yorkſhire glaubt, er ſei Herr der
ganzen Erde, denn er iſt in Yorkſhire Herr aller Füchſe. Zim-
mermann Einſ. 48. — Genīē-: Einer, der in junker-
haftem Dünkel, den er auf ſein „Genie“ hat, ſich
einem wild regelloſem Treiben in der Kunſt hingiebt:
Wie bin ich des poetiſchen Larifari unſerer G. ſo überdrüſſig.
Knebel 3, 51. — Gnād-: (vgl. Gnädig 2) veralt.
Luther 1, 390a; 5, 304a; Rollenhagen Fr. 154. — Hǟ-
ger-, Hêger-: Grundherr eines Hegerguts, ſ. He-
ger 3. — Hōf-: bei Hof zur Vermehrung von deſſen
Glanz aufwartender Junker: Da gab es Kraut-J.,
Jagd-J., Stall-J., Tanz-J., Hof-J., Spiel-J. . . War Das
eine Junkerei! Holtei Nobl. 2, 44. — Húnde-: Stall-
Jagd und H. Münchhauſen 40, Junker als Pferde- und
Hundeliebhaber ꝛc. — Jāgd-: Hof-J., die bei Jagden
mitwirken. Döbel 2, 89b; Nichts ziemt dem Deutſchen we-
niger als Inſolenz, es müßte denn ein J. ſein. Knebel 3, 39;
Des jungen Adels Kron’ . ., | verherrlichſt du den Glanz des
nahen Hofs und wirſt | J., dreiſt und keck. V. 4, 142 ꝛc.,
vgl. auch Fuchs-J. — Kámmer-: ein Hof-J. zur
Aufwartung der fürſtlichen Perſonen, unter dem Hof-
marſchall ſtehend und im Range den Kammerpagen
vorangehend, aber niedriger als die Kammerherren.
Sch. 196b ꝛc. — Krāūt-: Dorf-, Land-J.: „Viel
Nachbarſchaft umher?“ K. Müllner 7, 199; Mittelalterliche
K. und Spießbürger. Scherr Nem. 1, 178; Waldau N. 1,
53 ꝛc. — Lánd-: Dorf-, Kraut-J. — Míſt-: ver-
ächtliche Bez. eines Landmanns, nam. = Kraut-J.
Holtei Jahr 1, 400. — Öber- [5]. — Pūten-: auf-
geblaſen ſtolzer Junker (ſ. Pute). — Sálz-: adelige
Pfänner (ſ. d.) in einigen Salinen: Welcher zu den
lüneburgiſchen Patriciern oder ſog. S–n gehörte. Guhrauer
Leſſ. 2, 334. — Sēē-: bei Campe für „Seekadett“. —
Spīēl-: ein der nobeln Paſſion des Spiels ergebner
Junker, vgl. Fuchs-J. und ſ. Hof-J. — Stáll-:
Junker mit der nobeln Paſſion für Pferde, ſ. Hof-J.
u. vgl. Spiel-J. — Standárten-: ſ. Fahnen-J.
— Strōh-: Kraut-J. — Stück-: junger Adliger,
der ſich bei der Artillerie zur Offizierswürde vorbereitet.
— Tánz-: ſ. Spiel- und Hof-J. — Unter- [5].
— Zíns-: verächtl. Bez. Derer, die Geld auf Zinſen
ausleihen: Die Z–n. Luther 1, 196a.
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