jung
Júng, a., jüngſt: Ggſtz. von „alt“ (ſ. d.), in
Bezug auf etwas Wachſendes, ſich Fortentwickelndes,
Werdendes, in der erſten Zeit ſeines Daſeins u. Wer-
dens ſtehend: 1) von Perſonen: a) geringen Alters,
allgm. oder bezüglich, z. B.: J–e Kinder, Knaben, Mäd-
chen, Männer, Frauen, Herren, Leute beiderlei Geſchlechts;
Ein j–es Blut; J–er Fant, Laffe; Der j–e Herr im Hauſe,
im Ggſtz. des alten, der Sohn, vgl. Junker; J–e Hu-
ren [ſind oder werden gw.] alte Betſchweſtern ꝛc.; J–e
Frühlingsgötter. G. 1, 60; Alber und j–e Teufel. Luther 8,
17a [im Ggſtz. der alten, ausgelernten] ꝛc.; Eine j–e
Frau, entweder: eine noch jugendliche Frau, oder: eine
erſt ſeit Kurzem verheirathete, eine Frau kurz nach der
Hochzeit, ebenſo doppeldeutig: Ein j–er Mann, ein j–es
Ehepaar, ein j–er Beamter ꝛc. — Er iſt (um) zwei Jahr
jünger als ich = ich bin (um) zwei Jahr älter als er;
Die jüngern Geſchwiſter; Mein jüngſter Bruder ꝛc. — Auch
ſubſtant.: Es ſchritt ihm [dem Alten] friſch zur Seite der
blühende Genoß. | Der Alte ſprach zum J–en. Uhland 444;
Ein J–er von Adel ꝛc. (ſ. Junge), namentl. oft Mz.: Da
mich die J–en ſahen und ſich verſteckten und die Alten vor mir
aufſtanden. Hiob 29, 8; 1. Kön. 12, 8; 1. Tim. 5, 1;
1. Petr. 5, 5; Die J–en und die Alten. Herwegh 1, 50; Die
Alten heraus und die J–en hinein! 82 ꝛc. und dafür oft:
Alt (ſ. d. 7) und J., auch geſteigert: Der Jüngere wird
ſtolz ſein wider den Alten. Jeſ. 3, 5; Ein munterer Greis ..
empfing uns mit einem Gruße, mit dem er die begrüßenden
Jüngern anzuſprechen pflegte. G. 22, 351; Er iſt der
Jüngſte von uns Allen; Er iſt der Jüngſte nicht mehr [iſt
ſchon bei Jahren]. — Ferner: Von J. auf = von Ju-
gend auf, vgl.: Von Klein auf, was eine noch frühere
Zeit, die Kindheit nämlich, bez.: Da die militäriſche Er-
ziehung des Nachwuchſes von J. auf begann. Rüſtow grK.
41, vgl. bei Uhland 385 ff. die Gedichte: Klein-Roland
und: Roland Schildträger, in welchem letztern ergw. als
„Jung Roland“ oder „Roland, der j–e“ bez. iſt; J.
Siegfried war ein ſtolzer Knab! 383 ꝛc. — Mundartl.:
Die j–e Magd, Junge-Magd (ſ. d.), Stubenmädchen,
ferner: J. werden = geboren werden (Adelung u. Schm.),
z. B.: Ich bin in einem Kantorshaus j. geworden. OLudwig
Thür. 1, 453; Die ſind gewiß in Freßdorf j. geworden. W.
34, 313; Ein Pferd, das .. nicht weit von Drontheim
j. geworden. Brockes 1, 571, vrſch. b. — b) (ſ. a) von
dem Alter und deſſen Einwirkungen nicht berührt, im
Weſen und in der Erſcheinung jugendlich friſch und
kräftig ꝛc., ſo z.B. doppeldeutig: Ein j–er Greis, Einer
der früh ergreiſt und altgeworden, — oder ein bejahr-
ter Mann, der ſich trotz der Jahre jugendlich friſch und
rüſtig erhalten; Auf alle Fälle iſt er jünger als ſeine Jahre,
man möchte beinahe etwas Kindliches an ihm finden. G. 19,
167, vgl.: An Körper alt und j. an Jahren. 6, 58; Er
hat ſich lange j. erhalten; Die frohe Botſchaft macht mich
wieder j.; Der deinen Mund fröhlich macht und [= daß]
du wieder j. wirſt (verſch. a) wie ein Adler. Pſ. 103, 5;
Hiob 33, 25, vgl.: Das j–e Deutſchland ꝛc., als Bezeich-
nung einer jugendlich ſtrebenden Partei in Deutſchland
ꝛc. u. ſ. 5e. — 2) von Thieren (ſ. 1a u. vgl. JungeII):
geringen Alters: J–e Vögel, Hunde, Katzen ꝛc. Bei Thie-
ren jedoch, wo das Junge (ſ. d.) in der erſten Lebens-
zeit einen eignen Namen führt, unterſcheidet man gw.,
z. B.: Das Junge eines Schafs heißt ein Lamm; ein j–es
Schaf dagegen heißt das Thier gw. erſt in dem Alter, wo es
aufhört „Lamm“ zu heißen, vgl. dagegen: Ein j–es Lämm-
chen, weiß wie Schnee. Ebenſo vrſch.: Ein Kalb u.: Eine
j–e Kuh; Ein j–er Ochs; vgl. ferner: Ein j–es Pferd u.:
ein Füllen; Ein j–es Schwein u.: ein Ferkel; Ein j–es
Wildſchwein, eine j–e Sau u.: ein Friſchling; Ein j–es
Huhn, ein j–er Hahn, u.: ein Küchlein ꝛc., vgl. 4b. —
3) von Pflanzen ꝛc.: noch im Wachsthum, in der Ent-
wicklung begriffen: J–es Gras; J–er Anwuchs; J–er
Raſen; J–e Blätter, Keime, Knoſpen; J–e Bäume, Pflan-
zen; J–es, zartes Gemüſe; J–e Erbſen, Bohnen; J–es Ge-
büſch ſchlang ſich um die alten Mauern. Novalis 1, 160;
Seine [des Lenzes] Veilchen ſticken | der Erde j–es Kleid.
Platen 1, 192, während es von einem eigentlichen Kleid
nicht „j.“ heißen kann, da dabei an ein Wachsthum,
eine Fortbildung nicht zu denken iſt; Es ſchmückt mit
zarter Decke kaum | das j–e neue Laub den Baum. 2, 64;
Augen treibt das j–e Reis. Sch. 54a; Aus des Frühlings
j–en Sproſſen. 55aꝛc. — 4) zu etwas Jungem (ſ. 1—3)
gehörig, darauf bezüglich ꝛc., z. B.: a) (ſ. 1a u. b)
J–e Beine haben, in Bezug aufs Gehn jugendlich rüſtig
ſein; In meinen jüngern Jahren, in meiner Jugend; Alt
iſt die Maſke, dahinter | birgt ſich ein j–es Geſicht; So dick
ſie ſich mit Schminke überzog, | ſo künſtlich ihr Geſicht bei
Licht und in die Weite | ſich dreißig Jahre jünger log. W.
12, 321; Darvon ihr j–es Herz mocht zerbrechen. Schaiden-
reißer 65a; Soll ich denn mein j–es Leben | ſolchem alten
Kerl hingeben?; Kindliche Mädchen in j–em Grame ſich här-
mend. V. Od. 11, 39 ꝛc. — b) (ſ. 2) Landwirthſch.,
Kochk. ꝛc.: J–e Milch; J–es Fleiſch, von jungen Thie-
ren, vrſch.: friſche Milch ꝛc. — c) (ſ. 3) Der Wieſen
j–es [zartes, friſches] Grün. Ramler ꝛc. — 5) auch außer
den in 1—3 erwähnten Fällen von Etwas, das im
Anfang der Entwicklung ſteht, das noch im Werden be-
griffen iſt, z. B.: a) von Getränken, noch im Gä-
rungsproceß begriffen: Das Bier, der Wein iſt noch j.;
In j–em Moſt bezecht. W. 12, 335 ꝛc. — b) Deichb.:
J–er Grund, erſt kurze Zeit dem Waſſer oder Sumpf ab-
gewonnenes Marſchland. — c) mehr in gehobner
Rede, von dem Licht der Sonne, dem Tag, dem Jahre
ꝛc., inſofern ſie als allmählich wachſend und bis zur
Vollendung zunehmend gedacht werden, mehr oder min-
der an die Perſonif. grenzend: Der j–e Tag. Chamiſſo 4,
116; Gotthelf G. 15; Stahr Rep. 1, 302; Thümmel 7,
115 ꝛc. (verſch.: Der jüngſte Tag, ſ. 7b); Wie j–e Mor-
gen glühn. LHNicolai 1, 120; Purpuriſch zuckt durch düſtrer
Tannen Ritzen | das j–e Licht. Sch. 8b; Des j–en Jahres
Hyacinthen. Platen 2, 7; Als der j–e Lenz die Au’n beſuchte.
Streckfuß Rol. 9, 7 ꝛc. — d) (ſ. c) in gehobner Rede
zuw. überhaupt von Etwas, das erſt kurze Zeit da iſt:
Der Vogel fliegt waldaus von ſeinem j–en [jüngſt gebau-
ten, ſ. 7] Neſte. Auerbach Leb. 2, 25; O könnt’ ich ſtolz die
j–e Flagge tragen | des ein’gen Deutſchlands! Freiligrath 2,
269; Des Volkes j–e Fahnen flattern. Pol. 2, 42 ꝛc. —
e) (ſ. b) jugendlich friſch und kräftig ungealtert ꝛc.:
Bei grauen Haaren | das Herz ſich froh und jung bewahren;
Die Welt wird alt und wird wieder j. Sch. 81b ꝛc., nam.
auch: Ewig j. [unalternd] iſt nur die Phantaſie. 52a; Das
Lied vom Odyſſeus, | das alte, das ewig j–e Lied. Heine Lied.
320 ꝛc. — 6) (veralt., mundartl.) Kochk.: Eine j–e
Gans ꝛc. oder: Das J–e einer Gans, Ente = Gänſe-,
Enten- ꝛc. Klein (ſ. d. u. vgl. verjüngen 2). — 7) im
Superl., ſ. o., aber auch = letzt: a) namentl. als
Adverb der Zeit = neulich, vor Kurzem, in einer nicht
weit von der Gegenwart entfernten Vergangenheit: Jch
ſah ihn jüngſt; Jüngſt, als ꝛc.; Die jüngſt vergangne Zeit
(bei Einigen als Verdeutſchung für ,,Jmperfekt“) ꝛc.;
Aus dem jüngſt [zuletzt] Geſagten erhellt. Platen 5, 9; Das
jüngſt geborne Kind, ſowohl das neulich geborne, als auch
das zuletzt geborne, das der Geburt nach jüngſte ꝛc. —
So auch als Ew.: In den jüngſten [letzt vergangnen]
Tagen; In der jüngſten Zeit ſind mehrfache Unordnungen vor-
gekommen; Die jüngſten [jüngſt vorgefallnen] Ereigniſſe;
In Ihrem jüngſten [letzten] Schreiben; Das war von vielen
tauſend | ſein jüngſter dummer Streich [der zuletzt be-
gangne]. Freiligrath Garb. 51; Bei der jüngſten Beſetzung
der Ober- und Untergerichte. König Jer. 1, 397 ꝛc., ſeltner
wo in den Hw. der Begriff der Zeit minder hervor-
tritt: Der jüngſte [zuletzt aufgerichtete] Grabſtein barſt
empor. Geibel Jun. 120 ꝛc. — b) in einigen ſtehenden
Wendungen = letzt, von der Zukunft, d. h. alſo am
weiteſten von der Gegenwart entfernt: Jemandes jüng-
ſter Tag, ſein letzter Tag, ſein Ende: Auch dieſe blühende
Welt erlebte ihren jüngſten Tag. Koſegarten Rh. 3, 308; Der
hätte wirklich ſollen ſchwören, | dies ſei der Mäuſe jüngſter
Tag. Lichtwer 57; Da ruht auch ihre Klage, | ſo lange ſie
lebte, nimmer bis zu ihrem jüngſten Tage. Simrock N. 1081;
2151 ꝛc., und ohne Genit.: Der jüngſte Tag = das
jüngſte Gericht, das Welt-Ende. Bibel; Am jüngſien
[vgl.: An jenem] Tag, wenn die Poſaunen ſchallen | und
Alles aus iſt mit dem Erdeleben. G. 2, 12; Sch. 109a;
138a; Simrock N. 1684 ꝛc.; auch: Ich will ein ſolches
jüngſtes Gericht antrommeln, das es eine Art hat. Mörike N.
514 u.: Von Gemälden iſt nur ein jüngſtes Gericht bemer-
kenswerth. WHumboldt 3, 192 ꝛc.
Anm. Goth. juggs (Kompar. juhiza), ahd., mhd.
junc, vgl. ſkr. juwan, lat. juvenis ꝛc. Dazu: Jugend ꝛc.
Veralt. Kompar. ohne Umlaut, wie ahd. und mhd.: Etwas
junger dann du. Schaidenreißer 9b.
Zſſtzg. nam. zu 1, z. B.: Áffen-: G. 11, 145,
ſ. Affe 1e und vgl. hunds-j. — Blítz-: verwettert,
verdammt jung (ſ. Blitz 2c): Da wart Jhr noch b. Laube
DW. 8, 82. — Blūt-: ſehr jung (ſ. Blut9): Sie war
damals b., nicht älter als ſechzehn Jahr. G. 9, 315; Engel
1, 92 u. o. — Húnds-: jung u. albern (ſ. affen-j.):
H. und pudelnärriſch. Holtei Jahr 2, 80, ſ. Schm. — Un-:
44
Ggſtz. von jung, doch nicht ſo entſchieden wie „alt“,
= nicht mehr jung ꝛc.: Un-j. und nicht mehr ganz ge-
ſund. Heine Rom. 180. — Ür-: von der Urzeit her
jung: Sein ſtets u–es, ſtets urſchönes Daſein. Schefer
Laienbr. 174 ꝛc.
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