Faksimile 0850 | Seite 842
Faksimile 0850 | Seite 842
Faksimile 0850 | Seite 842
jucken Jucken
Júcken, Jǘcken: 1) intr. (haben): eigentl. ein
zum Kratzen reizendes Krabbeln (ſ. d.), Kribbeln,
Prickeln u. Stechen empfinden, u. danach übertr.:
(vgl. Kitzel) ein ſtechendes, brennendes und quälendes,
lebhaft auf Befriedigung dringendes Verlangen nach
Etwas empfinden: a) mit bloßêm Subj. ohne weitre
Nennung einer Perſon: Juckend ſagt mein Daumen mir, |
etwas Böſes naht ſich hier. Sch. 572a; Mein Daumen juckt;
So jucken unſre Ohren . ., wir wollen Zweideutigkeiten. H.
R. 7, 76 ꝛc. So nam. auch im ſubſtant. Infin.: Das
Jucken im Daumen ſagt mir, daß wir bei ihm finden werden,
was wir ſuchen. Alexis H. 1, 1, 294; Fühlſt du irgendwo
ein Jcken, | kratze dich! Heine Verm. 1, 185; Jedes Hin-
dernis .., welches den Regierungen das Jücken, ſich in Alles
zu miſchen erſchwert. Niebuhr Nachgel. 230 ꝛc. b) mit
beigefügtem Dat. der Perſ., vgl.: Mein Daumen juckt,
und: Mir juckt der Daumen ſchon. Tieck Macb. 4, 1,
ſ. Herrig 15, 59, wofür ſich freilich auch (ſ. 2a) findet:
Hui, mich juckt der Daumen ſchon. B. 303b ꝛc., z. B.:
Nachdem ihnen die Ohren jucken. 2. Tim. 4, 3; Dem ſchänd-
lichſten Falſar | juckt die .. Kehle [die Kehle hat ein Stechen
und Prickeln im Vorgefühl des drohenden Todes durch
den Strick]. G. 6, 169; Dem Schlucker juckt auch die Haut
[er ſcheint nach Prügeln Verlangen zu tragen]. L. 12,
289; Dem Überbringer müßte der Hals eben ſo jucken als
der Schreiberin. Sch. 206a [er müßte eben ſolches Ver-
langen nach dem Erhängtwerden haben]; Gieb keine
Antwort! | die Finger jücken mir! [ich verſpüre Luſt dich
zu prügeln]. Schlegel Sh. 1, 119; Den rechten Arm, welcher
über und über ſcharlachroth wurde und dem Patienten juckte,
daß er’s nicht länger auszuhalten vermochte. Stilling 4, 129;
„Was kratzeſt du?“ .. Mir juckt der Arm. V. 4, 179 ꝛc.,
vgl. 2a, womit es der Bed. und in einzelnen Fällen
auch der Form nach zuſammenfällt, z. B.: Juckt Euch
der Buckel wieder? ſeid Ihr ſchon durchgeheilt? G. 9, 198 ꝛc.
2) tr., wobei das Obj. aber auch oft fortbleiben
kann, ſich nahe mit 1 berührend: Jucken (ſ. 1) erre-
gen: a) mit beſt. Subj.: Die Hitze .. treibt, was Schärfe
im Körper iſt, nach der Haut und es iſt beſſer, daß ein Übel
jückt als daß es reißt und zieht. G. 24, 58; „Dort findet
ihr | .. Händel von der erſten Sorte.“ Juckt dich zum drit-
ten Mal das Fell? 11, 36; Die Würfel jucken mich ſchon in
der Taſche [ſie erregen in mir die brennende Begier zum
Würfeln]. 12, 63; Sie ſtreicht ihm mit dem Füßchen übern
Rücken, | er denkt im Paradieſe zu ſein. | Wie ihn alle ſieben
Sinne jücken! 2, 73; Kein Kummer nagte, keine Hoffnung
jückte | ſein welkes Herz. Gotter 1, 253; Meine Hühneraugen
jücken, | habe deutſche enge Schuh. Heine Rom. 150; Beide
Herren muß ein verborgenes Geſchwür jucken, das ſie mit
aller Gewalt aufgeſtochen wiſſen wollen. L. 6, 261; Was
juckte mich nur für ein Grind [was für ein Teufel, welcher
Vorwitz plagte mich], | daß ich verließ mein Weib und
Kind! Nicolai 1, 178; Dein Köpfchen muß, weil du’s von
freien Stücken | mir vor die Füße legſt, dich unerträglich
jücken. W. 20, 67; Vorwitz juckt das Ohr der guten Alten
[treibt ſie zum Lauſchen]. 103 ꝛc. Es findet ſich auch
hier zuw. der perſönl. Dat. ſtatt des Obj.: Jücke ihm
doch das Dichterſalz in den Adern. Gervinus Lit. 3, 515 =
es jucke in ſeinen Adern ꝛc., ſ. 1b; 2b und Herrig 15,
59 ꝛc. b) mit unperſönl. Subj.: Es (ſ. d. und
vgl. Herrig 18, 106 ff.) juckt mich am Arm, ein unbe-
ſtimmtes nur aus ſeinen Wirkungen erkennbares Etwas
erregt das Gefühl des Juckens an meinem Arm; Wen’s
juckt, der kratze ſich! Sprchw., das Geſagt gilt Dem, der
ſich davon getroffen fühlt: Nur wen’s juckt, kraut ſich.
Alexis 2, 1, 38; Der ſich gottlob kratzen kann, wenn es ihn
juckt [ſeinen Gefühlen keinen Zwang anzuthun braucht].
Heine Verm. 1, 253; Es juckt mich lange in allen Talenten,
ihm einmal ein Schnippchen zu ſchlagen. Eichendorf Lärm 2;
Ein Pedant, den es jückt locker und loſe zu ſein. G. Xen. 37;
Da zwickte und jückte es mich ordentlich in den Fingern. Goltz
2, 145; Den jückt es vielleicht, ein Katilina, zu werden. Heine
Börne 46; Es juckt mich alle Tage darnach. L. 12, 542;
Es juckt und brennt mich nach dem Namen. Sch. 596a; Wenn
ihn die Neſſel ſticht, | jückt es ihn nicht? Werner Oſtſ. 1, 35;
Wofern dichs jückt, mein Schwert in deinem Wanſt zu füh-
len. W. 20, 16; So müſſe mich’s gar ſehr nach Wunden
jücken. 10,44 ꝛc. Zuw. auch hier (ſ. 1a und 2a)
mit perſönl. Dat. ſtatt Obj.: Es hatte ihm ſchon ein
paar Mal im Arm gejuckt [er hatte das Verlangen ge-
ſpürt, den Andern zu prügeln]. Hebel 3, 128; Kratzt ſich
ungeſcheut, wo es ihm juckt. Möſer Ph. 1, 76; Wem jückt
es nicht ein bischen an der Stirne, | wenn er ſich Kuckuck grüßen
hört? Schlegel Sh. 1, 223; Mancher krauet ſich, da es ihm
nicht jücket. Schottel 1124b ꝛc. c) im ſubſtant. Infin.:
Welches Jucken, ſeine Beleſenheit zu zeigen! L. 8, 17; 10,
201; Das Jucken der Phantaſie, das Neuerer . . fühlen. H.
Ph. 13, 59. 3) tr. und refl. (ſ. 1 und 2): eine
juckende (1) Stelle kratzen: Jucken und Borgen thut nur
kurze Weile gut; Wir jucken uns noch von den Schröpfköpfen
ꝛc. König Kl. 2, 202; Da ſtach ihn eine [Mücke], da muſſt’
er jücken. Rückert Erb. 1,,134; Der Ausſätzige mag ſich
jucken, unſere Haut iſt geſund. Schlegel Haml. 3, 2 ꝛc.
Auch mit Angabe der Wirkung, z. B.: Einen oder ſich
blutig jucken; Einem oder ſich die Haut wund jucken; Sich
die Haut ganz ab-, durch-, herunter-j.; Ein Geſchwür
auf-j., durch Jucken öffnen; Und durften ſie [die Flöhe]
nicht knicken | und weg ſie jucken nicht. G. 11, 92, ſie durch
Jucken wegjagen u. ä. m. Ahnlich: Einem Etwas an-
oder auf-j., es durch Jucken an oder auf ihm haften
machen, z. B.: [Der Moraliſt], der die ganze Summa
tugendhafter Ideen und Gefühle ſich und Andern aufzujücken
weiß auf der obern Haut [oberflächlich und äußerlich er-
regen]. FHJacobi 5, 171.
Anm. S. Juck, Anm. und vgl. ſchwzr.: Den Gugger
[Trieb] haben, Predigten anzubringen. Gotthelf G. 410.
Zſſtg. ſ. 3 und Juck, Anm.