Faksimile 0845 | Seite 837
Faksimile 0845 | Seite 837
Jed
Jêd, pron. adjectiv.:
bez., daß Etwas für alle einzelnen der in Rede stehnden Ggstde gilt (vgl. All), mit und ohne unbest. Artikel neben Hw., die auch in Mz. im Genit. oder häufiger mit „von“ davon abhängen, seltner als Plural neben „jeder“ in Mz. stehn (z. B.: Scheint sowohl jede Arzneimittel als alle Gifte zu kennen. G. 31, 126; Jede Gründe. 17, 121; 18, 221; 19, 13; 6, 14; H. 15, 100; Kerner 45) vgl. die durch ein Zeugma bewirkte Mz. neben „all u. jede“ (z. B.: Die Ableitung aller und jeder Wörter. WHumboldt 2, 15; G. 20, 160; 31, 176; L. 6, 319; 415; Thümmel 5, 30 etc.). Dagegen regelmäßig steht die Mz. neben Zahlen in distribut. Sinne (Jede zehn Schritte. Heine Reis. 4, 89 u. o.), wie in der Ez. bei Ordnungszahlen (Jedes dritte Wort war ein Bibelvers. Gutzkow R. 2, 43 u. o.). Superlative ohne Artikel nach „jeder“ theils elliptisch: Jede [, auch die] leiseste Berührung einer wunden Stelle. Gutzkow R. 5, 142; Jeder kleinste Gegenstand scheint uns beim ersten Aufgange bemerkenswerth. Kohl E. 1, 2 etc., theils distrib.: In Shakespeare’s Stücken spielte er jede [jedesmal die] schwierigste Rolle. Gervinus Sh. 1, 168; Vom Himmel fordert er die schönsten Sterne | und von der Erde jede höchste Lust. G. 11, 15 etc., vgl.: Zucket ieden Nächsten [den Nächsten Besten] beim Fuß. Schaidenreißer XI etc. Substantiv., ebenfalls mit oder ohne unbest. Artikel, von Personen: (Ein) Jeder, von Männern oder ohne Rücksicht auf das Geschlecht wie „Jedereiner“, vgl.: Jedermann; (eine) Jede, von Frauen, und: als Kompler der versch. Geschlechter (s. Herrig 18, 114): (ein) Jedes (z. B. G. 5. 191; 10, 240; 15, 24; 16, 289; 20, 68; Hebel 4, 8; Heinse A. 2, 38; W. 19, 197; 168 etc.), seltner: Dafür rückte Jedes [Alles], was hier von armen .. Leuten wohnte, . . ans Fenster. Gutzkow R. 5, 137. Vgl. auch zur Bez. der Wechselbeziehung: Rückt auf einander (s. d.) an . und siege Jeder den Dolch einbohrend in des Andern Brust. Sch. 493a; Jeder helfe dem Andern etc. Im Genit. ist die Form mit dem Artikel diegewöhnlichere; doch findet sich der sog. sächs. Genit. (der vom Hw. abhängende und voranstehende) ohne Artikel, z. B.: In Jedes banger Brust. Alexis H. 2, 2, 274: Gotthelf Sch. 25; Gutzkow R. 8, 167 etc., und auch sonst, nam. mit nachfolgendem „von“: Er erinnert sich noch Jedes (häufiger: eines Jeden) von Euch. Sachlich das Neutrum gw. nur in der Verbind.: Alles und Jedes, vgl. dagegen: Die Jegliches erhärten soll, was ich hier behaupte. Sch. 663b. In Sätzen, wo das Subj. und demgemäß das Zeitw. in der Mz. steht, können nachfolgende besitzanzeigende Fw. theils auf das Subj., theils auf das vereinzelnde „jeder“ bezogen werden, z. B.: Ihr sollt, Jeder nach seinem besten Wissen, Euer Urtheil fällen, vgl.: Ihr sollt Euer Urtheil fällen, und zwar Jeder nach seinem besten Wissen etc.; Sie sind Jeder zu seinem oder zu ihrem frühern Geschäft wieder zurückgekehrt, wofür es auch, nur auf eine Weise, heißen kann: Jeder von ihnen ist zu seinem etc., vgl. den Wechsel des pers. Fw.: Er liest es Jedem froh und laut, | ob es uns quält ob es erbaut. G. 4, 6, wo „uns“ sich auf das in „Jedem“ [von uns] liegende Fw. der ersten Pers. bezieht, während ein von strengen Grammatikern vielleicht gefordertes „ihn“ zweideutig wäre und auf das Subj. bezogen werden könnte. In Bezug auf die Stellung der Verneinung bei „jeder“ untersch. man z. B.: Jeden unfrankierten Brief nimmt er nicht an, sondern sendet ihn zurück; Nicht jeden unfrankierten Brief nimmt er an, sondern nur die von seinen Freunden etc.; Das versteht nicht Jeder [nur Wenige]; Mit einer Schrift, die Jeder nicht versteht [die Jedem unverständlich ist], | der . . sich in der Erde Taumel dreht. Seume Gd. 136; doch findet sich auch: Das weiß doch Jeder nicht [nicht Jeder]. Chamisso 3, 140; H. R. 7, 169; Daß ich an jeder einzelnen Erklärung dieser Art keinen [nicht an jeder] Antheil nehme. 170; Ein Jeder höret nicht so leise wie Äsop. Lichtwer 160; Jedem ist es nicht gegeben. Möser Ph. 2, 309; Jedes Hofhahns Mordgeschrei | bringt kein Basiliskenei. V. 3, 209 etc.
Anm. Ahd. iowëdar (zsgstzt. aus io = je und wëdar, welcher von Beiden, vgl. Jedweder), mhd. iewëder od. ieder. Hier gehört das er zum Stamm, woran dann noch zur Bez. des Geschlechts etc. die Endung tritt, vgl. ahd. iowëdar–êr, –iu, –az und z. B. noch: Ein jederer Verständiger. Luther 6, 417b; Einen jedern. 109a etc. Im Nhd. aber ist jed der Stamm, an den, wie z. B. bei gut-er, -e, -es etc. die Endung tritt, indem jedenfalls der Gedanke an eine Zsstzg. von „je“ mit dem best. Artikel mit eingeflossen. Die Abwandlung ist wie bei allen Ew., also z. B. im Dat. ohne Artikel: Jed-em (m. und n.) und -er (f.), mit Artikel: Einem oder einer jeden etc., nur daß im Genit. (m. und n.) ohne Artikel im Allgem. die starke Form auf „es“ gilt: Jedes Mannes, vgl.: Gutes Muths etc., doch findet sich die dem jetzt gw. Genit. (guten) entsprechende Form z. B. in: Jedenfalls. Über Schreibw. und Ausspr.: ieder, s. Je II, Anm. und vgl.: War Hunger bei eim „jedern“ [Reim: Brüdern]. Waldis Ps. 105, 6; Ein „jeder“ | liebt Verse, Malerei und Lieder. Brockes 9, 541; 577.
Zsstzg.: All-: (verstärkt) A–es Gericht. Droysen 2, 424, vgl.: all und jedes.