jammern
Jámmern, intr. (haben), tr. und zuw. (1b) refl.:
1) intr., mit persönl. Subj.: Ich jammre: Jammer empfinden, und nam. oft: dies Gefühl laut werden lassen, ihm Ausdruck geben, tief und schmerzlich klagen: Ächzen (stöhnen, klagen, weinen, winseln) und j.; Vor Schmerz laut j. und aufschreien; Vor Einem j., der es hört; Zu Einem j., damit er es höre und sich erbarme. Il. 9, 583; Über Etwas [das den tiefen Schmerz erregt] j.. vgl. „ob“; Die Leute, so da seufzen und j. über alle Greuel. 9, 4; [Ich] weinte j–d in mein Saitenspiel. 8, 44; Daß ich j. muß, dich von dem abscheulichsten Mord zurückzuhalten! 9, 129; Daß er nicht so schneidermäßig gejammert. 17, 54; Diese J–de, Ächzende, | wie eine Rohrdommel Krächzende. N. 103 etc. Mundartl.: Da klagen und j. sie ihren blutigen Ellenbogen. Leb. 40, mit der Anm.: Eine seltsame, aber ganz gebräuchliche Redensart für „lebhaft, bitterlich klagen“. —
a) Ungew. mit Dat. statt „über“: Der stille Sabbath jammert dem Verlust. 4, 66, vgl.: Um Etwas j., dessen Fehlen den Jammer erregt, und ähnlich: Nach Etwas j., was aber nicht bloß den Schmerz um das Fehlende, sondern zugleich das tiefschmerzliche Verlangen und Sehnen bez., z. B.: Über oder um einen Verlust, oder das Verlorne j.; Nach dem Verlorenen j.; Er jammert um versagte Freuden. 2, 195; Sein süßes Leben verweint er, | j–d um Wiederkehr. Od. 5, 154; Jl. 2, 290; Das Mütterlein, was immer nach dem Sohn jammert. Gsp. 1, 11; [So] soll die Mutter in die Kirche gehen. Sie hat all die Zeit darnach gejammert. W. 1, 392; auch: Wir strebten ... | unzeitig, ach, zur lichten Höh. ... Ohn’ Ehre modern wir und j. | zurück nach unsern Ruhekammern. 4, 162 etc. —
b) so auch tr. und refl. mit Beifügung des Erfolgs, z. B.: Wie sein edles .. Weib .. voll Ahndung von des Heldengatten Fall | wach all ihr Hausgesinde j. wird. 163a, vgl. ebenso: Einen auf-j. etc.; Die Wehklagen des zu Tode sich j–den Mädchens. 14, 100, vgl. ebenso: Sich hin-j. etc.; Sich müde, matt oder ab-j. —
2) tr.: Einen j., tiefschmerzliches Mitgefühl, zuw. auch nur (s. Jammer 4 und 5): bedauerndes Mitleid und dann iron.: Mitleid aus Verachtung der Armseligkeit (s. Jämmerlich 3) in Einem erregen:
a) mit persönl. oder sachl. Subj., welches Letztre auch ein Satz sein kann (s. Erbarmen 3): Es jammerte den Herrn ihr Wehklagen. 2, 18; Es jammerte ihn, daß Jsrael also geplagt ward. 10, 16; Die Schmach bricht mir mein Herz und kränket mich. Ich warte, ob es Jemand jammere. 69, 21; Wenn ein Schlangenbeschwörer gebissen wird, Das jammert Niemand. 12, 13; Sah ihn sein Vater und [er] jammerte ihn. 15, 20; Mich jammert deine Noth. 87a; Jammert’s ihn ..., | daß so schön sie sei und sterben müsse. 6, 256; Wie jammert mich das schöne edle Herz! 13, 168; In ihrem großen Geiste | jammert sie des Menschen Fall. 55b; Das jammert mich und schneidet mir ins Herz. 635a; Mich jammert Zeus, daß ihn die Keiferin | mit ihrer ekelhaften Liebe keine Nacht | verschont. 15b; Geh! ich will mich an dir nicht vergreifen! du jammerst mich, bist mir zu jämmerlich etc.; Es jammert mich [thut mir leid], daß ich Das wegwerfen soll etc. —
b) Oft steht statt des Subj. in
a) aber auch der Genit., zumal in der ältern und in der gehobnen Sprache, wodurch j. zum vollständig unpers. Zeitw. wird (s. Erbarmen 2), z. B.: Dich jammert des Kürbis ... und mich sollte nicht j. solcher großen Stadt?! 4, 10 ff.; Meine Seele jammerte der Armen. 30, 25 u. v.; SchV. 331; Sie jammert’ es der Griechen. 142b; Veit jammert seiner Bande. 1, 175; Dieses schönen, schlanken Jünglings | jammerte den rohen Krieger. 1, 316; Mein edler Feldherr, den des Blutes jammert. 460a; 533a; Od. 1, 19; Sah so nackt und armselig aus, daß mich seiner jammerte. 9, 34; 29, 137 u. v. — c) nur ausnahmsweise und vereinzelt aber erscheint in
a) statt des persönl. Accus. der Dat. (vgl.: Etwas thut mir weh, leid etc.): So jammerte es ihr in der Seele. M. 5, 27; Daß es Einem manchmal mehr j. als lächern muß. Merck 1, 104 etc. —
3) tr.: zuw. statt be-j.: Weise j. nie vorhandnes Weh. Rich. II. 3, 3.
Zsstzg. z. B.: Áb-:
1) tr.: Einem Etwas a., es durch Jammern von ihm erlangen. —
2) refl. [1b]. — Án-, tr.: Einen a., jammernd ihn anreden, sich an ihn wenden etc. Leb. 26. — Āūf-:
1) intr.: laut jammern: Umschlang ihm | flehend die Knie, a–d. Od. 22, 311. —
2) tr. [1b]. — Āūs-:
1) intr.: zu Ende jammern. —
2) tr.: jammernd beenden: Sie wird ihr Leben fern von mir und dir a. [s. hin-j. 2]. 9, 358; Als er den Todeskampf nun bald hat ausgejammert. Febr. 58 etc. —
3) refl.: sich, sein Herz durch Jammern erleichtern, vgl.: sich ausweinen. — Be-, tr.: Einen oder Etwas b., seinen Jammer (Schmerz, Bedauern oder Mitleid) darüber ausdrücken: Gutes Kind, | bedaure mich, indem du dich bejammerst. 13, 340; Er rühmte sein Talent .. und bejammerte nur, daß er gerade jetzt ... des Nothwendigsten ermangeln müßte. 25, 102; Einen Verlust, den Tod eines Freundes b. etc. — Ungewöhnl.: Um meine bejammerte Heimkehr | weinend. Od. 23, 351 = jammervoll oder jammernd ersehnt? — Durch-, tr.:
1) Eine Zeit, die Nächte und Tage etc. d., ganz in Jammer verbringen. — 2) vollständig mit Jammer durchdringen und erfüllen: Abgearbeitet, ausgeweint — beinahe bis zur Gefühllosigkeit durchjammert ist das Gesicht. 1, 113. — Eīn-, tr.: ugw., ganz in Jammer einschließen und einpressen: Wie die Welt jetzt eingejammert ist. 5, 94. — Empōr-, intr.: auf-, in die Höhe jammern: So müßte sie ja zu dir e. N. 5, 287. — Entgêgen-, intr.: Dem Echo .. seine Liebesklagen e. 124a etc. — Er-: durch Jammern erlangen: Dein Brot verdienen. Verdienen, sag’ ich — nicht e. Febr. 48; 2, 453; Fr. 1, 455 etc. — Hín-:
1) tr.: jammernd hinbringen: Die Jahre der Fülle .. hinzutrauern, verzweifelnd, am Abgrund hinzujammern. 9, 358. —
2) tr.: Etwas jammernd hinsagen, aushauchen: Dinge | zu sagen, die man lieber in die öde Luft | hinjammerte. 576a, so auch: aus-j. —
3) rcfl. [1b] undintr. (sein): jammernd hinschwinden, ver-j. (2). — Mít-, intr.: gemeinsam mit Andern. — Nāch-, intr. mit Dat., sowohl: Jemandes Jammer nachahmen, als auch: nach Einem oder Etwas jammern [1a], in sehnsüchtigem Jammer ihm nachblicken etc. — Über-, tr.: Einen ü., ihn im Jammer überbieten, übertreffen, übertönen. — Um-, tr.: Etwas um-j., von allen Seiten um dasselbe jammern: Von unterirdischem grausem Geheule umjammert. — Ver-:
1) tr.: Eine Zeit, die Tage, sein Leben ver-j., hinj. (1), jammernd verbringen: 9, 69; Hast du verjauchzt Sekunden? | hast du verjammert Stunden? Po. 1, 80. —
2) intr. (sein): jammernd vergehn, hin-j. (3): Müssen wir verzweifeln und ver-j. 27a; Ob sie wirklich ver-j. müßte, | wenn sie den Wunsch des Vaters erfüllt. 260b. — Auch (vgl. 1): All die Schar von Monden .., die mir durch dich verschmachteten als Wunde, die mir durch dich verjammerten als Klage. 2, 104. — Vōr-, tr.: Einem Etwas vor-j., vor ihm jammern, so daß und damit er es hört: Unst. 2, 330; Daß ihr mir nicht vorjammert, von hier und dort mich belagernd. Il. 9, 312. — Zū-, tr.: Einem Etwas z., es ihm jammernd zurufen etc.: Das Wunderbild, das dem Ritter hier seine Noth zujammerte. 26, 238. — Zurǘck-: Die scheidende Stimme der erschrockenen mit Liebe z–den Gattin. Georg. 306, die jammernd zurückmuß, s. auch [1a] u. ä. m.
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