Faksimile 0838 | Seite 830
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jäh
Jǟh, a., –eſt: mit der jedoch als attrib. Ew.
nicht häufigen Nebenform „jach“, auch mit ,,g“ als
Anlaut (ſ. Anm.): 1) ſchnell und plötzlich, mit Hef-
tigkeit und Ungeſtüm hervortretend, wirkend, ſich äu-
ßernd ꝛc.: a) als attrib. Ew.: Verzehret von jähem Tod.
5. Moſ. 32, 24; Ein jäher Narr kann die Zeit nicht erhar-
ren. Sir. 20, 7; 9, 25; Ein jäher Rauſch. Alxinger D. 113;
Beflügelt den Schritt mit jäher Gier. Beck H. 120; Meines
Hauſes Flor, | der ſollte jähen Sturzes bald ſich mindern.
Chamiſſo 4, 121; Das jähe Vorwerfen der Hand. Engel 7,
186; Jähe Windſtöße. 350; Deſto jäher und zerſchmettern-
der der Herabſturz [ſ. 2]. 4, 65; Eine durch Ofenhitze be-
wirkte jähe Trockne. Franke Buchdr. 268; Füllte | jähe Fin-
ſternis den Wigwam. Freiligrath H. 262; Befällt mich grau-
ſend jäher Furcht Gewalt. G. 13, 254; Ein jäher Rückfall
in die Schmerzen. 41; Nun überwältigt dich der jähe [ſ. 2]
Fall. 153; Der jähe Sturz. 250; 309; Jäher [ſ. 2] To-
desſturz. Platen 4, 271; 281; Hälteſt den jähen [ſ. 2]
Strom nicht auf. Ramler 182; Welch ein bremsgeſtochner jä-
her Thor biſt du! Schlegel Sh. 6, 86; In jähem Schreck.
Simrock Gudr. 59; Kaum hat der Blick den jähen Glanz er-
ſehen, | ſo wird’s ihm Nacht. Streckfuß Rol. 3, 67; Vom
jähen Ruck. 6, 26; Hetzen | ſie den Faſan mit jähem Lär-
men auf. 7, 32; Ein jäher Tod. W. 15, 226 ꝛc. Nie
ſtört ſein Gleichgewicht der Sinne gäher Sturm. Haller 90:
Der Fluß .. ſchießt mit gäher Kraft weit über ihren Wall.
41; 159; Von gäher Noth. 215; Gäher Rath. Schottel
1144a; Gähe Lieb’ und Freundſchaft, lange Feindſchaft. ebd.
ꝛc. Seltner: Der Züge Lieblichkeit | verſtelltvom jachen
Tode. Geibel Jun. 347; Im jachen Tode. Goltz 3, 99; Ein
jacher Windſtoß. Kürnberger Am. 158; Wenn er wüßte, wie
dem ungeſtümen Stolz | folgt jäher Sturz, nicht jagte ſo der
Jache. Rückert Mak. 1, 168, und mit Uml.: Ein Jächer
giebt keinen guten Jäger. Schottel 1125 (in welchem
Sprchw. es z. B. bei Zinkgräf 1, 78: Ein Geher mit
„e“ ſtatt „ä“ heißt); Jächer Gang; Ein jächer Sinn;
Jäche Liebe. Spate. b) als prädik. Ew.: Jäh ſein zum
Zanken. Sir. 25, 13; Wer allzujäh iſt, wird mangeln. 21,
5; Daß racheſchnaubend ich vom Leder zog und hui und jach|
den Wicht wie einen Froſch durchſtach. Langbein 1, 88; Ob
ich ſchon nicht jäh und haſtig bin, | ſo iſt doch ’was Gefähr-
liches in mir. Schlegel Haml. 5, 1; Seid nicht ſo jach. V.
Sh. 2, 259; Wie gach nun wieder, junger Mann! L. Nath.
5, 8 ꝛc.; Uns ſei ſo bange und jach nach ihrem Koncilio.
Luther 8, 214 [Wir hätten ſolches Verlangen danach,
daß wir die Zeit nicht erwarten könnten]; Dem Vater
und dem Bräutigam ward’s allen Beiden jach. Rückert 1,
435; Reit ihm entgegen, ſieh, warum ihm iſt ſo jach. Roſt.
45b ꝛc., warum er ſolche Eile hat; Denn mir jähe auf
der Fahrt war. Schweinichen 2, 82, ich hatte es eilig.
c) als Adv.: Leidenſchaft ergreife nicht ſo jäh | des From-
men Herz. Alxinger D. 19; Ha, daß mich kein .. Spieß | ..
jäh durchſtieß! Freiligrath 1, 92; Jäh durchzückt. Garb. 68;
Was ſo ſchnell und jähe | das Blut mir hemmt. Platen 2,
125 ꝛc. Die Zeit muß ſeit dem Fall ihr Sandglas gä-
her ſtürzen. Haller 159 ꝛc. Jach fahren tauſend Höllen-
hunde | laut angehetzt empor. B. 71b; 50b; Jach ſtürzt er
vorwärts hin zu Grund. 159a; Bis jach ein Heer vor ſeinem
Zelte ſcharrte. Freiligrath 2, 278; 1, 188; Pol. 1, 30;
Fühlte jach ſich niederſchweben. H. 170; Überfiel ihn jach ein
Schläfern. 248; SW. 3, 99; Vom Roſſe ſpringt er jach.
Kinkel 48; Vom Gerüſte ſtürzt er jach. Platen 1, 312; Jach
ſpringt er aus dem Bette. Reithard 58; 285; 325; Roquette
W. 38; Jach | jagt er davon. Rückert Roſt. 84b; 26b;
54a; 71b ꝛc.; Fragen Beide jach. Schwab 116; Da fiel das
Fräulein jach. Uhland 462; Zuckte jach zurück. Zſchokke 1,
243 u. a. Veralt.: Gach, z. B. Waldis Pſ. 37, 11.
2) aus der Wendung: J. ſtürzen, fallen; Jäher Sturz,
Fall, Strom ꝛc. (ſ. 1) entwickelt ſich die ungemein häu-
fige Bedeutung: leicht und ſchnell nach unten, zum
Sturz, in den Abgrund führend, in hohem Grad
abſchüſſig, vgl. ſteil, welches eigentl. für den Steigen-
den in der Richtung Dasſelbe bez., was j. in der nach
unten; doch finden ſich Vertauſchungen beider Wörter:
Der Geiſt, der Flieger, ſtürzt ſich in das Jähe. Arndt 216;
Am Rande der j. abgleitenden kahlen Gebirgshöh. Baggeſen
1, 85; Wo ſchroff die Straße und ſchwindlich jäh | her-
nieder leitet. Ebert (Echtermeyer 48); Der Abſtieg war zuj., die
Vorüberziehenden konnten nicht anhalten. G. 18, 3; Dem
j–en Abgrunde .. Der ſüdweſtliche Abſturz des Pichincha iſt
überaus j. Humboldt Kl. Schr. 1, 31; Dem j–en Abgrunde ..
Naht nicht der j–en Tiefe! Platen 2, 99; Auf den ſchrof-
fen Zinken, | .. wo die Felſen j. verſinken, | .. unter ſich
die ſteile Höhe. Sch. 50b; Zum jähen [„,gähen“ 1, 143]
Thurm verfolg’ ich meinen Lauf. 33b; Dörfer .., vom
Rücken des Berges ſtürzen ſie gäh dort herab. 75b; Auf
jeden jähen Gipfel der Leidenſchaft mich zu begleiten. 201a;
An eines Abgrunds jähem Rande, | ſturzdrohend, ſchwin- .
delnd. 375a; Gähe Abgründe ſtürzen uns ſchwindelnd dahin.
696a; Der Sturz des Nachtwandlers, den ein warnender
Zuruf auf gäher Dachſpitze ſchwindelnd packt. 699b ꝛc.
und, wo die Richtung nach oben hervortritt: Auf
jähem Stiege |.. den Stein zu wälzen. G. 2, 13; Das
Fahrzeug treibt an jähe Klippen hin. 13, 247; Auf mehr
oder weniger gähen Fußpfaden die Höhe zu erſteigen. 26,
206; Der Stieg iſt den ganzen Weg über ſteil .. . Als wir
höher kamen, wurde der Stieg noch j–er. 30, 138 ff.; Das
Berggelände ſtieg hier jäh hinan. Scherr Gr. 1, 149 ꝛc.
Nebenform: Wenn ihr den Gipfel erklommen wähnt, |
öffnen ſich gräuliche Schlünde jach. Platen 2, 60 (ſelten);
veraltet: Es iſt im Gebirg kein Fels ſo gäch oder
hoch, der Steinbock ſpringt darauf. Stumpf 609a.
Anm. Ahd. gâhi, mhd. gâch, das aber als Attrib. ſel-
ten iſt und gæhe, in Bed. 1 zu „gehen“ (ſ. d.) gehörig, u.
verwandt mit „Jagen“, jetzt meiſt mit „j“ als Anlaut,
doch ſ. den ſchwankenden Gebrauch in den Bſp. unter 2 aus
G. und Sch. (theilweiſe auf Rechnung der Herausg. u. Korrek-
toren zu ſetzen). Jach iſt allgemein üblich nur in Bed. 1 u.
zwar nicht als Attrib. (vgl.: der hohe Baum und: der Baum
iſt hoch; auch: nahe und: nach ꝛc.). S. Jäh-e, -lich ꝛc.