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jäh
Jǟh, a., –est:
mit der jedoch als attrib. Ew. nicht häufigen Nebenform „jach“, auch mit ,,g“ als Anlaut (s. Anm.): 1) schnell und plötzlich, mit Heftigkeit und Ungestüm hervortretend, wirkend, sich äußernd etc.:
a) als attrib. Ew.: Verzehret von jähem Tod. 5. Mos. 32, 24; Ein jäher Narr kann die Zeit nicht erharren. Sir. 20, 7; 9, 25; Ein jäher Rausch. Alxinger D. 113; Beflügelt den Schritt mit jäher Gier. Beck H. 120; Meines Hauses Flor, | der sollte jähen Sturzes bald sich mindern. Chamisso 4, 121; Das jähe Vorwerfen der Hand. Engel 7, 186; Jähe Windstöße. 350; Desto jäher und zerschmetternder der Herabsturz [s. 2]. 4, 65; Eine durch Ofenhitze bewirkte jähe Trockne. Franke Buchdr. 268; Füllte | jähe Finsternis den Wigwam. Freiligrath H. 262; Befällt mich grausend jäher Furcht Gewalt. G. 13, 254; Ein jäher Rückfall in die Schmerzen. 41; Nun überwältigt dich der jähe [s. 2] Fall. 153; Der jähe Sturz. 250; 309; Jäher [s. 2] Todessturz. Platen 4, 271; 281; Hältest den jähen [s. 2] Strom nicht auf. Ramler 182; Welch ein bremsgestochner jäher Thor bist du! Schlegel Sh. 6, 86; In jähem Schreck. Simrock Gudr. 59; Kaum hat der Blick den jähen Glanz ersehen, | so wird’s ihm Nacht. Streckfuß Rol. 3, 67; Vom jähen Ruck. 6, 26; Hetzen | sie den Fasan mit jähem Lärmen auf. 7, 32; Ein jäher Tod. W. 15, 226 etc. Nie stört sein Gleichgewicht der Sinne gäher Sturm. Haller 90: Der Fluß .. schießt mit gäher Kraft weit über ihren Wall. 41; 159; Von gäher Noth. 215; Gäher Rath. Schottel 1144a; Gähe Lieb’ und Freundschaft, lange Feindschaft. ebd. etc. Seltner: Der Züge Lieblichkeit | verstelltvom jachen Tode. Geibel Jun. 347; Im jachen Tode. Goltz 3, 99; Ein jacher Windstoß. Kürnberger Am. 158; Wenn er wüßte, wie dem ungestümen Stolz | folgt jäher Sturz, nicht jagte so der Jache. Rückert Mak. 1, 168, und mit Uml.: Ein Jächer giebt keinen guten Jäger. Schottel 1125 (in welchem Sprchw. es z. B. bei Zinkgräf 1, 78: Ein Geher mit „e“ statt „ä“ heißt); Jächer Gang; Ein jächer Sinn; Jäche Liebe. Spate.
b) als prädik. Ew.: Jäh sein zum Zanken. Sir. 25, 13; Wer allzujäh ist, wird mangeln. 21, 5; Daß racheschnaubend ich vom Leder zog und hui und jach| den Wicht wie einen Frosch durchstach. Langbein 1, 88; Ob ich schon nicht jäh und hastig bin, | so ist doch ’was Gefährliches in mir. Schlegel Haml. 5, 1; Seid nicht so jach. V. Sh. 2, 259; Wie gach nun wieder, junger Mann! L. Nath. 5, 8 etc.; Uns sei so bange und jach nach ihrem Koncilio. Luther 8, 214 [Wir hätten solches Verlangen danach, daß wir die Zeit nicht erwarten könnten]; Dem Vater und dem Bräutigam ward’s allen Beiden jach. Rückert 1, 435; Reit ihm entgegen, sieh, warum ihm ist so jach. Rost. 45b etc., warum er solche Eile hat; Denn mir jähe auf der Fahrt war. Schweinichen 2, 82, ich hatte es eilig.
c) als Adv.: Leidenschaft ergreife nicht so jäh | des Frommen Herz. Alxinger D. 19; Ha, daß mich kein .. Spieß | .. jäh durchstieß! Freiligrath 1, 92; Jäh durchzückt. Garb. 68; Was so schnell und jähe | das Blut mir hemmt. Platen 2, 125 etc. Die Zeit muß seit dem Fall ihr Sandglas gä- her stürzen. Haller 159 etc. Jach fahren tausend Höllenhunde | laut angehetzt empor. B. 71b; 50b; Jach stürzt er vorwärts hin zu Grund. 159a; Bis jach ein Heer vor seinem Zelte scharrte. Freiligrath 2, 278; 1, 188; Pol. 1, 30; Fühlte jach sich niederschweben. H. 170; Überfiel ihn jach ein Schläfern. 248; SW. 3, 99; Vom Rosse springt er jach. Kinkel 48; Vom Gerüste stürzt er jach. Platen 1, 312; Jach springt er aus dem Bette. Reithard 58; 285; 325; Roquette W. 38; Jach | jagt er davon. Rückert Rost. 84b; 26b; 54a; 71b etc.; Fragen Beide jach. Schwab 116; Da fiel das Fräulein jach. Uhland 462; Zuckte jach zurück. Zschokke 1, 243 u. a. Veralt.: Gach, z. B. Waldis Ps. 37, 11. 2) aus der Wendung: J. stürzen, fallen; Jäher Sturz, Fall, Strom etc. (s. 1) entwickelt sich die ungemein häufige Bedeutung: leicht und schnell nach unten, zum Sturz, in den Abgrund führend, in hohem Grad abschüssig, vgl. steil, welches eigentl. für den Steigenden in der Richtung Dasselbe bez., was j. in der nach unten; doch finden sich Vertauschungen beider Wörter: Der Geist, der Flieger, stürzt sich in das Jähe. Arndt 216; Am Rande der j. abgleitenden kahlen Gebirgshöh. Baggesen 1, 85; Wo schroff die Straße und schwindlich jäh | hernieder leitet. Ebert (Echtermeyer 48); Der Abstieg war zuj., die Vorüberziehenden konnten nicht anhalten. G. 18, 3; Dem j–en Abgrunde .. Der südwestliche Absturz des Pichincha ist überaus j. Humboldt Kl. Schr. 1, 31; Dem j–en Abgrunde .. Naht nicht der j–en Tiefe! Platen 2, 99; Auf den schroffen Zinken, | .. wo die Felsen j. versinken, | .. unter sich die steile Höhe. Sch. 50b; Zum jähen [„,gähen“ 1, 143] Thurm verfolg’ ich meinen Lauf. 33b; Dörfer .., vom Rücken des Berges stürzen sie gäh dort herab. 75b; Auf jeden jähen Gipfel der Leidenschaft mich zu begleiten. 201a; An eines Abgrunds jähem Rande, | sturzdrohend, schwin- . delnd. 375a; Gähe Abgründe stürzen uns schwindelnd dahin. 696a; Der Sturz des Nachtwandlers, den ein warnender Zuruf auf gäher Dachspitze schwindelnd packt. 699b etc. und, wo die Richtung nach oben hervortritt: Auf jähem Stiege |.. den Stein zu wälzen. G. 2, 13; Das Fahrzeug treibt an jähe Klippen hin. 13, 247; Auf mehr oder weniger gähen Fußpfaden die Höhe zu ersteigen. 26, 206; Der Stieg ist den ganzen Weg über steil ... Als wir höher kamen, wurde der Stieg noch j–er. 30, 138 ff.; Das Berggelände stieg hier jäh hinan. Scherr Gr. 1, 149 etc. Nebenform: Wenn ihr den Gipfel erklommen wähnt, | öffnen sich gräuliche Schlünde jach. Platen 2, 60 (selten); veraltet: Es ist im Gebirg kein Fels so gäch oder hoch, der Steinbock springt darauf. Stumpf 609a.
Anm. Ahd. gâhi, mhd. gâch, das aber als Attrib. selten ist und gæhe, in Bed. 1 zu „gehen“ (s. d.) gehörig, u. verwandt mit „Jagen“, jetzt meist mit „j“ als Anlaut, doch s. den schwankenden Gebrauch in den Bsp. unter 2 aus G. und Sch. (theilweise auf Rechnung der Herausg. u. Korrektoren zu setzen). Jach ist allgemein üblich nur in Bed. 1 u. zwar nicht als Attrib. (vgl.: der hohe Baum und: der Baum ist hoch; auch: nahe und: nach etc.). S. Jäh-e, -lich etc.