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impfen
Impfen, tr.: 1) Gärtn.: ein abgeſchnittnes
Reis in die Rinde einer andern Pflanze einfügen, da-
mit es, mit dieſer zuſammenwachſend, ihr ſeine Natur
mittheile, vgl. okulieren (äugeln), pelzen, pfropfen,
ſchwzr. zweigen ꝛc. Als Obj. erſcheint dabei ſowohl
die Pflanze, die in die Rinde gefügt wird, als auch
metonym die, worauf dieſe gepfropft wird, und oft
bleibt auch jedes Obj. weg: Kirſchen auf wilde Stämme
i., die wilden Stämme i. und echt machen (veredeln); Ge-
impft auf den Erdbeerbaum wird der Säugling der Wallnuß.
V. Georg. 2, 69; Ich impfe, kappe, raupe ſpät und früh.
Ramler F. 2, 473; In den Spalt, in die Rinde, in den Kerb
i. ꝛc. 2) (ſ. 1) übertr.: a) allgm., z. B. gw. mit
Präpoſ.: Die Keime der Tugend, des Laſters, die Tugend,
das Gift des Haſſes, den Haß in das Herz des Kindes i.,
pflanzen, einprägen, ein-i.; [Jean Paul] pfropfte dies
fremdartige Reis auf ſeine ganze empfindſame Seele und auf
das gepfropfte impfte er wieder ſeine Theorie. Gervinus Lit.
5, 228; Dann kann er eine Fabrik auf die andre i. Möſer
Ph. 2, 127; Tugend auf Stolz geimpfet, giebt zwar ſchöne
Früchte, aber Andre genießen ſie nicht gern. 4, 72; In dem
[gw. „den“] .. die Keime aller Laſter ſo geimpft ſind. Tieck
Makb. 4, 3 ꝛc., ſeltner mit Dat.: Könnte Verſtand man
[ein-] i. den Sterblichen. Jacobs (Koner 777); Gräßlich,
wie man die verkreuzte diplomatiſche Jntrigue dem einfachen
Sinn des Volks [ein-] geimpft hat. Auerbach Leb. 2, 248.
b) Arzn.: Einem Kind ꝛc. die Blattern, die Pocken i.,
ein-i., metonym: Das Kind i. (G. 20, 39 ꝛc.), den Krank-
heitsſtoff durch eine Hautwunde in den Körper desſelben
einpflanzen und ſo die Kindesblattern erregen, zum
Schutz gegen die bösartigen Blattern. Ahnlich auch in
Bezug auf manche andre Krankheiten. Die Jmpfungen.
Anm. Aus gr. ἔμφντoν (das Eingepflanzte), mlat.
empotus (Pfropfreis), niederd. „poten“, ahd. impitón,
imphón, mhd. imp(t)eten ꝛc.
Zſſtzg. (vgl. die von Pfropfen), z.B.: Áb- [2b]:
Einem Kinde die Pocken a. und ſie auf ein andres über-i.
[impfend übertragen ꝛc.] An-: ein-i., doch ſo, daß
das Geimpfte mehr auf der Oberfläche bleibt, nicht tief
eindringt: Wenn ihm Franzoſen und Jtaliäner das Schnör-
kelweſen angeimpft [2a] haben, ſo werden die Alten Das
ſchon abſchuppen, ehe ein Jahr vergangen. Voigts H. 113.
Āūf-: Dem Wildling ein edles Reis a. [1] ꝛc.
Eīn- [1 und 2]: impfend einpflanzeu, z. B.: Dem
Kinde die Blattern, einem Baum ein Reis e.; Mir war jedoch
durch dieſe hämiſchen Worte eine Art von ſittlicher Krankheit
eingeimpft. G. 20, 80; Ein reichhaltiger Gedanke, er ſei nun
aus uns ſelbſt entſprungen oder von Andern mitgetheilt und
eingeimpft. 24, 72; Mich [die Brahmanin] nun haſt du
ihrem [der Verbrecherin] Körper | eingeimpft auf ewige
Tage. 1, 203 = einverleibt; Die großen Hinderniſſe, welche
der Einimpfung der Blattern anfangs entgegenſtanden. 18,
339; Ihnen peinigende Zweifel .. e. Klinger F. 45; Jmpft
gute Sprößlein ein. Opitz 1, 125; Dieſe unvermeidliche
[ſittliche] Seuche durch Einimpfung unſchädlich zu machen.
Sch. 753b; Tugend kann ſich unſerm alten Stamm ſo nicht
e., daß wir nicht den Geſchmack von ihm behielten. Schlegel
Haml. 3, 1; Wenn dieſe Familie ihren Stammbaum auch
bis .. hinaufführte, ſie könnte ſehr zufrieden ſein, eine Perſon
wie Fräulein von H. in denſelben eingeimpft zu ſehen. W.
19, 351 ꝛc. Nāch-, Wīēder-: nam. [2b] ſchon
Geimpfte nachträglich, aufs Neue impfen: Manche
verwerfen die Wiederimpfung [Revaccination]. Ver-
[2b]: Ich bitte aufs Neue um Lymphe, da ich die empfangne
bereits verimpft [impfend verbraucht] habe u. ä. m.