hüten
I. Hǖten, tr. und refl.: auf Etwas ſichernde Auf-
und Vorſicht üben: 1) tr., wobei aber ſtatt des Obj.,
das zuweilen fortbleibt, auch, namentl. oft bei Luther,
der Genit. vorkommt: a) Den oder des Gefangnen, das
Gefängnis oder des Gefängniſſes, die oder der Thüre h.;
Wie einen Augapfel werde ich unſer Kleinod h. Lewald W. 4,
286; Hüte meines Weibes als deines Augapfels. Muſäus M.
4, 92; Damit mein Schatten ihres Grabes hüte. 3, 125;
Deß nun h. wir. Droyſen Ar. 2, 36; Zu h. der Gattin. V.
Od. 3, 268; Simrock G. 279; N. 1770; Werner Oſtſ. 1,
152; W. 20, 95 ꝛc.; Die Blumen gepflegt und gehütet. G.
6, 28; Spärlichen, ſorgfältig gehüteten Wieswachs. 19,
45; Friſſt ſie [die Flamme] ungehütet um ſich her, | wie
elend kann ſie machen! 13, 165; Kaſten, den Band und
ſtarke Schlöſſer h. Hagedorn 2, 120; Von dir geſchirmt und
gehütet. Rückert Nal. 209; Der mich den ganzen Tag wie
ein Argus hütet. Sch. 200a; Der die Holzung | hütete. V.
2, 12 ꝛc. — Ohne Obj. = Wache ſtehn. 2. Kön. 12,
29. — Vor Etwas h., bewahren; Auch ſolche Spring-
fluth hört zum Leben .., | ſie hütet es vor dumpfem Stocken.
Freiligrath 2, 224; Seinen Zögling vor ſchlechtem Umgang
h. ꝛc.; zuw. auch: Hütet ihrer gegen jegliche Gefahr. B.
78a; Gewarnt, dich wider den Wüſtling Heroal zu h.
Sonnenberg D. 1, 479 ꝛc., ſ. 2c. — Die Hütung
eines Schatzes (vor Dieben ꝛc.). — b) (ſ. a) Das Vieh,
(des Viehs) h., es als Hirt weiden. 1. Moſ. 36, 24; 29,
9; Sch. 1010 ꝛc.: Die Hütung des Viehs. — c) (ſ. a) in-
ſofern man das Bewachte nicht verläſſt, nimmt h. die
Bedeutung an: eine genannte Räumlichkeit nicht ver-
laſſen, ſowohl abſichtlich: So blieb er in Böhmen wie
angefeſſelt ſtehen und hütete dieſes Königreich, als ob es jetzt
ſchon ſein Eigenthum wäre. Sch. 977a; Die Früchte des
Stuben-h–s, des Bücherleſens. Wagner Kind. 45; Vergebens
hütet er den ganzen Tag das Haus | und lag erwartungsvoll
bis in die Nacht im Fenſter. W. 11, 221 ꝛc., als auch
nam. gezwungen: Der Kranke hütet das Bett, das Zim-
mer, das Haus ꝛc. — 2) ref., wozu „Hütung“ nicht üb-
lich iſt, ſ. II. Hut: a) Sich ſelbſt h., keines andern Hü-
ters bedürfen: Heil dir, du armes Haus, | das ſelbſt ſich
hütet. Tieck Cymb. 3, 6. — b) (ſ. 1b) Schafe h. ſich
leichter [ſind leichter zu h.] als Ziegen. — c) ſich in Acht
nehmen, auf der Hut ſein, oft: Sich vor Etwas h.;
veralt.: Für die ſie ſich wohl zu h. gewuſſt. Forſter R. 1,
177; Hüte dich für’n Schleichern. Mattheſius Luth. 100a; W.
10, 61 ꝛc., oder mit abhäng. ,,daß“, wozu oft eine
pleonaſt. Verneinung tritt: 1. Moſ. 31, 24; Richt. 14,
4; Engel 8, 284; Wir müſſen uns h., daß wir nicht noch
mehr Übles ſtiften. G. 15, 253; Kinkel E. 413; Zſchokke
1, 284 ꝛc., ſo auch (1) tr.: So würde ich den Jungen
wohl h., daß er nicht zu lateiniſch würde. Stilling 1, 114;
ferner mit Infin. und „zu“: G. 20, 92; WHumboldt 1,
25; V. Moſch. 3, 56 ꝛc., auch hier mit pleonaſt. Ver-
neinung: Sorgfältig hüteten wir uns, nicht uns .. umzu-
ſehen. G. 14, 187; Hüte dich, ihn nie aus Vorwitz zu Rathe
zu ziehen. Muſäus 1, 58 ꝛc. Auch ſteht ſtatt des Infin.
wohl ein mit ,,und“ (ſ. d.) angeknüpftes Zeitw.: Jch
werde mich h. und Das thun; Hüte dich und komm mir ins
Haus! und ſo auch: „Willſt du Das thun?“ Ich werde
mich h. [keineswegs].
Anm. Ahd. huotan, mhd. hüeten, vgl. lat. cautus,
vorſichtig, von caveo, ſich h., vgl. ha als Stamm zu ,haben“,
halten ꝛc. — Dazu: die Hut, ahd. huota, und der Hut, als
der Schirmende, Deckende.
Zſſtzg. vgl. auch die von weiden, z. B.: Áb- [1b],
tr.: abweiden: Die Wieſe mit dem Vieh a.; übertr.: Ihr
Fluren! .. wie traurig liegt ihr, abgehütet | vom päpſtlichen
Geſindel, da! Thümmel 3, 189; Abhütung. — Aūs-:
1) tr. [1b]: ganz ab-h.: Ackerwieſen, die im reinen Brach-
ſchlage nicht gemähet, ſondern mit ausgehütet werden. Land-
wirthſch. Ztg. (55) 382a. — Seltner: Vieh a., austreiben;
Einem a., ihm und deſſen Herde beim Hüten ausweichen,
das Feld räumen (übertr. Uhland V. 7). — 2) intr.:
aufhören zu hüten, in allen Bed. — Be-, tr.: 1) [1b]
Eine Wieſe b., das Vieh darauf treiben; Die Behütung
der Wieſen. — 2) [1a] Etwas ſchirmend in ſeine Hut
nehmen, bewahren: Behüte deine Zunge vor Böſem ~und
deine Lippen, daß ſie nicht falſch reden. Pſ. 34, 14; Be-
hüte mich wie einen Augapfel im Auge. 17, 8; Gott möge
mich b., daß ich nicht je wieder in den Fallkomme. G. Stein
1, 272; Der Gefängniswärter muß die Verbrecher ſtreng
hüten, um die Stadt vor Schaden zu b. ꝛc. — a) Oft als
Ausruf: Gott, der Himmel behüte mich davor! ꝛc., dann
auch: (Gott) behüte!, wie: bewahre!, um Etwas als
ſchrecklich zu bez.: Der Pöbel hätte mich faſt geſteinigt! ..
„Behüte Gott!“ G. 9, 31, oder Etwas entſchieden zurück-
zuweiſen = nein, bei Leibe nicht, im Gegentheil ꝛc.:
Nicht aus Leidenſchaft, behüte Gott! nur zum Zeitvertreib.
45; „Selbſt gemacht, Herr Wirth?“ Behüte! veritabler
Danziger! L. 1, 511; Behüte Gott! jetzt wird der Flor erſt
angehn. Sch. 352bꝛc., daher ſchwzr.: Sich b., mit ſolchem
Ausruf ſeine Unſchuld, ſeinen Abſcheu vor Etwas ver-
ſichern, vgl. auch Schm. Ferner als Geleitsformel beim
Abſchied: Behüet dich Gott! (ſchwzr.). Scheffel Tr. 241 ꝛc.,
daher ſchwzr.: b. (intr.) Abſchied nehmen. — b) im
Partic. neben „behütet“ auch: Wo du wohlbehut | ſicher
aufgehoben | ruhſt. Rückert 2, 85; Durch ihn war Noah
wohlbehut. Mak. 2, 109; Du ſollſt als Unbehute, | Weib,
in meinem Schutz nicht klagen. Morg. 1, 170. — c) Durch
die Behütung vor jeglichem Unfall ꝛc. — Der ſterblichen
Menſchen Behüter. V. — Eīn-, intr.: das Haus hüten:
Ein ſ. g. Zibürken [in Hamburg] .., wo die Einhüterinnen
ihren Aufenthalt hatten. Willkomm Banko 2, 75 ꝛc. —
Míß- [1b], intr. und tr.: falſch, ſchlecht hüten, ver-
h.: Wegen meiner Gewiſſenhaftigkeit, [die Kühe] nicht miß-
zuhüten. Arndt E. 12. — Nāch- [1b], intr.: Einem n.,
ihm mit der weidenden Herde nachfolgen, die Nachhut
(ſ. d. 2) haben, Ggſtz. vor-h. — I. Über- [1b], tr.:
oberflächlich be-h. (ſ. d. 1): Die zu fette Saat mit den
Schafen ü. — II. ūber- [1b], intr.: beim Viehhüten
in fremdes Gebiet übergreifen. — Um-, tr.: hütend
[1a oder 1b] umgeben: 1) [1a] Sein Thron iſt Tag und
Nacht von ſeinen treuen Leuen | umhütet und umwacht.
Rückert Roſt. 75a. — 2) [1b] rundum ab- oder behüten.
Spate. — Ver-, tr.: 1) [1b] miß-h. — 2) [1a] Et-
was v., das Eintreten desſelben verhindern und ſo da-
vor bewahren: Ein Unglück v.; V., daß uns nicht Jemand
übel nachreden möge. 2. Kor. 8, 20; Der Himmel verhüte,
daß es ſo übel ſei! G. 10, 160; Um das die Anſteckung be-
fördernde Schrecken der Geſunden und die Aufgebung der
Kranken zu v. L. 11, 447; Gott verhüte [behüte], daß ich
ſpaße. Sch. 370b = ich ſpaße durchaus nicht; Verhüt’ es
Gott, daß ich nicht Hilfe brauche. 532b; 448b; Der Him-
mel verhüte nur, daß der Schwätzer nicht ebenfalls in jenem
Thale verweilt. Tieck N. 4, 107 ꝛc.; Verhütung, Ver-
hüter des Schadens ꝛc. — Veralt. ſtatt be-h., bewachen.
Opitz 2, 248 v. 134; Galliam zu ver-h. Stumpf 184a;
Zwingli 2, 202 ꝛc.; Sich vor Etwas ver-h. [ſtatt hüten].
Schaidenreißer 50b ꝛc. — Vōr-: ſ. nach-h. u. ä. m.
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