Faksimile 0818 | Seite 810
Faksimile 0818 | Seite 810
Faksimile 0818 | Seite 810
hüten
I. Hǖten, tr. und refl.: auf Etwas ſichernde Auf-
und Vorſicht üben: 1) tr., wobei aber ſtatt des Obj.,
das zuweilen fortbleibt, auch, namentl. oft bei Luther,
der Genit. vorkommt: a) Den oder des Gefangnen, das
Gefängnis oder des Gefängniſſes, die oder der Thüre h.;
Wie einen Augapfel werde ich unſer Kleinod h. Lewald W. 4,
286; Hüte meines Weibes als deines Augapfels. Muſäus M.
4, 92; Damit mein Schatten ihres Grabes hüte. 3, 125;
Deß nun h. wir. Droyſen Ar. 2, 36; Zu h. der Gattin. V.
Od. 3, 268; Simrock G. 279; N. 1770; Werner Oſtſ. 1,
152; W. 20, 95 ꝛc.; Die Blumen gepflegt und gehütet. G.
6, 28; Spärlichen, ſorgfältig gehüteten Wieswachs. 19,
45; Friſſt ſie [die Flamme] ungehütet um ſich her, | wie
elend kann ſie machen! 13, 165; Kaſten, den Band und
ſtarke Schlöſſer h. Hagedorn 2, 120; Von dir geſchirmt und
gehütet. Rückert Nal. 209; Der mich den ganzen Tag wie
ein Argus hütet. Sch. 200a; Der die Holzung | hütete. V.
2, 12 ꝛc. Ohne Obj. = Wache ſtehn. 2. Kön. 12,
29. Vor Etwas h., bewahren; Auch ſolche Spring-
fluth hört zum Leben .., | ſie hütet es vor dumpfem Stocken.
Freiligrath 2, 224; Seinen Zögling vor ſchlechtem Umgang
h. ꝛc.; zuw. auch: Hütet ihrer gegen jegliche Gefahr. B.
78a; Gewarnt, dich wider den Wüſtling Heroal zu h.
Sonnenberg D. 1, 479 ꝛc., ſ. 2c. Die Hütung
eines Schatzes (vor Dieben ꝛc.). b) (ſ. a) Das Vieh,
(des Viehs) h., es als Hirt weiden. 1. Moſ. 36, 24; 29,
9; Sch. 1010 ꝛc.: Die Hütung des Viehs. c) (ſ. a) in-
ſofern man das Bewachte nicht verläſſt, nimmt h. die
Bedeutung an: eine genannte Räumlichkeit nicht ver-
laſſen, ſowohl abſichtlich: So blieb er in Böhmen wie
angefeſſelt ſtehen und hütete dieſes Königreich, als ob es jetzt
ſchon ſein Eigenthum wäre. Sch. 977a; Die Früchte des
Stuben-h–s, des Bücherleſens. Wagner Kind. 45; Vergebens
hütet er den ganzen Tag das Haus | und lag erwartungsvoll
bis in die Nacht im Fenſter. W. 11, 221 ꝛc., als auch
nam. gezwungen: Der Kranke hütet das Bett, das Zim-
mer, das Haus ꝛc. 2) ref., wozu „Hütung“ nicht üb-
lich iſt, ſ. II. Hut: a) Sich ſelbſt h., keines andern Hü-
ters bedürfen: Heil dir, du armes Haus, | das ſelbſt ſich
hütet. Tieck Cymb. 3, 6. b) (ſ. 1b) Schafe h. ſich
leichter [ſind leichter zu h.] als Ziegen. c) ſich in Acht
nehmen, auf der Hut ſein, oft: Sich vor Etwas h.;
veralt.: Für die ſie ſich wohl zu h. gewuſſt. Forſter R. 1,
177; Hüte dich für’n Schleichern. Mattheſius Luth. 100a; W.
10, 61 ꝛc., oder mit abhäng. ,,daß“, wozu oft eine
pleonaſt. Verneinung tritt: 1. Moſ. 31, 24; Richt. 14,
4; Engel 8, 284; Wir müſſen uns h., daß wir nicht noch
mehr Übles ſtiften. G. 15, 253; Kinkel E. 413; Zſchokke
1, 284 ꝛc., ſo auch (1) tr.: So würde ich den Jungen
wohl h., daß er nicht zu lateiniſch würde. Stilling 1, 114;
ferner mit Infin. und „zu“: G. 20, 92; WHumboldt 1,
25; V. Moſch. 3, 56 ꝛc., auch hier mit pleonaſt. Ver-
neinung: Sorgfältig hüteten wir uns, nicht uns .. umzu-
ſehen. G. 14, 187; Hüte dich, ihn nie aus Vorwitz zu Rathe
zu ziehen. Muſäus 1, 58 ꝛc. Auch ſteht ſtatt des Infin.
wohl ein mit ,,und“ (ſ. d.) angeknüpftes Zeitw.: Jch
werde mich h. und Das thun; Hüte dich und komm mir ins
Haus! und ſo auch: „Willſt du Das thun?“ Ich werde
mich h. [keineswegs].
Anm. Ahd. huotan, mhd. hüeten, vgl. lat. cautus,
vorſichtig, von caveo, ſich h., vgl. ha als Stamm zu ,haben“,
halten ꝛc. Dazu: die Hut, ahd. huota, und der Hut, als
der Schirmende, Deckende.
Zſſtzg. vgl. auch die von weiden, z. B.: Áb- [1b],
tr.: abweiden: Die Wieſe mit dem Vieh a.; übertr.: Ihr
Fluren! .. wie traurig liegt ihr, abgehütet | vom päpſtlichen
Geſindel, da! Thümmel 3, 189; Abhütung. Aūs-:
1) tr. [1b]: ganz ab-h.: Ackerwieſen, die im reinen Brach-
ſchlage nicht gemähet, ſondern mit ausgehütet werden. Land-
wirthſch. Ztg. (55) 382a. Seltner: Vieh a., austreiben;
Einem a., ihm und deſſen Herde beim Hüten ausweichen,
das Feld räumen (übertr. Uhland V. 7). 2) intr.:
aufhören zu hüten, in allen Bed. Be-, tr.: 1) [1b]
Eine Wieſe b., das Vieh darauf treiben; Die Behütung
der Wieſen. 2) [1a] Etwas ſchirmend in ſeine Hut
nehmen, bewahren: Behüte deine Zunge vor Böſem ~und
deine Lippen, daß ſie nicht falſch reden. Pſ. 34, 14; Be-
hüte mich wie einen Augapfel im Auge. 17, 8; Gott möge
mich b., daß ich nicht je wieder in den Fallkomme. G. Stein
1, 272; Der Gefängniswärter muß die Verbrecher ſtreng
hüten, um die Stadt vor Schaden zu b. ꝛc. a) Oft als
Ausruf: Gott, der Himmel behüte mich davor! ꝛc., dann
auch: (Gott) behüte!, wie: bewahre!, um Etwas als
ſchrecklich zu bez.: Der Pöbel hätte mich faſt geſteinigt! ..
„Behüte Gott!“ G. 9, 31, oder Etwas entſchieden zurück-
zuweiſen = nein, bei Leibe nicht, im Gegentheil ꝛc.:
Nicht aus Leidenſchaft, behüte Gott! nur zum Zeitvertreib.
45; „Selbſt gemacht, Herr Wirth?“ Behüte! veritabler
Danziger! L. 1, 511; Behüte Gott! jetzt wird der Flor erſt
angehn. Sch. 352bꝛc., daher ſchwzr.: Sich b., mit ſolchem
Ausruf ſeine Unſchuld, ſeinen Abſcheu vor Etwas ver-
ſichern, vgl. auch Schm. Ferner als Geleitsformel beim
Abſchied: Behüet dich Gott! (ſchwzr.). Scheffel Tr. 241 ꝛc.,
daher ſchwzr.: b. (intr.) Abſchied nehmen. b) im
Partic. neben „behütet“ auch: Wo du wohlbehut | ſicher
aufgehoben | ruhſt. Rückert 2, 85; Durch ihn war Noah
wohlbehut. Mak. 2, 109; Du ſollſt als Unbehute, | Weib,
in meinem Schutz nicht klagen. Morg. 1, 170. c) Durch
die Behütung vor jeglichem Unfall ꝛc. Der ſterblichen
Menſchen Behüter. V. Eīn-, intr.: das Haus hüten:
Ein ſ. g. Zibürken [in Hamburg] .., wo die Einhüterinnen
ihren Aufenthalt hatten. Willkomm Banko 2, 75 ꝛc.
Míß- [1b], intr. und tr.: falſch, ſchlecht hüten, ver-
h.: Wegen meiner Gewiſſenhaftigkeit, [die Kühe] nicht miß-
zuhüten. Arndt E. 12. Nāch- [1b], intr.: Einem n.,
ihm mit der weidenden Herde nachfolgen, die Nachhut
(ſ. d. 2) haben, Ggſtz. vor-h. I. Über- [1b], tr.:
oberflächlich be-h. (ſ. d. 1): Die zu fette Saat mit den
Schafen ü. II. ūber- [1b], intr.: beim Viehhüten
in fremdes Gebiet übergreifen. Um-, tr.: hütend
[1a oder 1b] umgeben: 1) [1a] Sein Thron iſt Tag und
Nacht von ſeinen treuen Leuen | umhütet und umwacht.
Rückert Roſt. 75a. 2) [1b] rundum ab- oder behüten.
Spate. Ver-, tr.: 1) [1b] miß-h. 2) [1a] Et-
was v., das Eintreten desſelben verhindern und ſo da-
vor bewahren: Ein Unglück v.; V., daß uns nicht Jemand
übel nachreden möge. 2. Kor. 8, 20; Der Himmel verhüte,
daß es ſo übel ſei! G. 10, 160; Um das die Anſteckung be-
fördernde Schrecken der Geſunden und die Aufgebung der
Kranken zu v. L. 11, 447; Gott verhüte [behüte], daß ich
ſpaße. Sch. 370b = ich ſpaße durchaus nicht; Verhüt’ es
Gott, daß ich nicht Hilfe brauche. 532b; 448b; Der Him-
mel verhüte nur, daß der Schwätzer nicht ebenfalls in jenem
Thale verweilt. Tieck N. 4, 107 ꝛc.; Verhütung, Ver-
hüter des Schadens ꝛc. Veralt. ſtatt be-h., bewachen.
Opitz 2, 248 v. 134; Galliam zu ver-h. Stumpf 184a;
Zwingli 2, 202 ꝛc.; Sich vor Etwas ver-h. [ſtatt hüten].
Schaidenreißer 50b ꝛc. Vōr-: ſ. nach-h. u. ä. m.