Faksimile 0808 | Seite 800
Faksimile 0808 | Seite 800
Hülle
Hülle, f., –n; Hüllchen; -, –n-: 1) etwas einen
Gegenſtand Umhüllendes, d. h. ihn ſo, daß er ſelbſt,
doch nicht zugleich ganz ſeine Form dadurch dem An-
blick entzogen wird, anſchmiegend Umſchließendes (vgl.
Hülſe, Decke, Schale und Bergen II2): a) allgem.:
[Die Schlange] ſpiegelt ihre glatte, prallgedehnte H. Burmei-
ſter gB. 2, 78; Ich ſah ihn [den Nebel] .. über mich die
feuchte H. ſchlagen. Chamiſſo 4, 18; Die Natur [des menſch-
lichen Körpers], von der fremden H. entkleidet. G. 14, 173;
Die Pantoffeln warf ich von mir und ſo eine H. nach der an-
dern. 20, 71; „Warum haſt du nicht | ins Prieſterrecht dich
weislich eingehüllt? | Als eine H. hab’ ich’s nie gebraucht.
13, 65; Daß uns mit Fabeln oft ein Fremder täuſcht, | muß
auch der Wahrheit ſchaden, wenn wir ſie | in abenteuerlicher
H. ſehn. 333; Treu dem dich einhüllenden Geſpinnſte, bis ..
die H. bricht. Gutzkow R. 1, 10; Die Sterblichen vergeſſen
zu leicht über der H. den Sinn. JvMüller 1, 441; Leg ein
Enkel eure H–n [Körper, in Bezug auf die Seele] in mein
und meiner Doris Grab. Pſeffel Po. 3, 65; Das Grab ..
deckt mit ſchwarzer H. | ein unbekanntes Land. Salis; Da der
Dichtung zauberiſche H. | ſich noch lieblich um die Wahrheit
wand. Sch. 21b; Werft die H. der verſchwiegnen Nacht | von
euch, die euren ſtillen Zug verhehlte. 463a; Deine [der
Knoſpe] grüne, kräftig ſchwellende H. Tieck A. 2, 23; Die
Kraft des Geiſtes in ſchwacher H. Tſchudi Th. 4; Tabak in
der fleckigen H. [Fell] des Seehunds. V. 1, 23; Die Schön-
heit iſt des Guten H. 3, 192, Das, unter deſſen Form es
in die Erſcheinung tritt; Wollige Mäntel zur oberen H.
[Decke für den Schlafenden]. Od. 4, 299; Die H. ber-
ſtet, fällt, wird abgenommen, weggezogen; Des ſüßen
Odems .., den dieſe ſchöne Staubhüll’ [Leib] in ſich hielt.
Schlegel Joh. 4, 3 ꝛc. b) H. und Fülle (ſ. d. 3).
c) Anat., ſackförmige Umkleidung eines innern Kör-
pertheils = Haut, z. B.: Ei-, Gehirn-H–n ꝛc.
d) Botan.: Die Pflanze .. läſſt ihre H–n mehr oder we-
niger in der Erde zurück. G. 36, 20; Von den unmittelba-
ren H–n des Samens. 47 ꝛc. Im engern Sinne nam.
„kleine Blattformen am Grunde der Blumenſtiele bei
Schirmpflanzen und Euphorbien“, Blumen-, Dol-
den-H., involucrum; Hüllchen, involucellum, am
Grunde der beſondern Blumenſtiele der Döldchen;
Frucht-H., die die Frucht- oder Samenkörner einſchlie-
ßenden Theile, namentl. wenn ſie aus der Haut des
Fruchtknotens entſtanden ſind, Pericarpium, vergl.
Fruchtmantel. 2) (ſ. 1) niederd. Weibermütze, Haube
(ſ. d., auch 2n).
Anm. Ahd. hulja, hulla, mhd. hülle, nam. Kopftuch,
zu: Hehlen, Hohl ꝛc. gehörig. Vgl.: Hüllen los. Sch.
23a; Stahr Par. 1, 138 ꝛc. und: Hüll elos. Monatbl. 1,
360b; Hüllepracht. G. 10, 298 ꝛc. Vrſch. plattd. Hull,
Geil-, Gras-Hull; erhöhter Raſen an ſumpfigen Stellen,
Geilhorſt, vgl. engl. hill, Hügel ꝛc.
Zſſtzg., vgl. die von Decke, Hülſe ꝛc., vielfach mit
Hw., ſ. 1a, c und d, ferner z. B.: Welkt die Blüthen-
H. weg [1d]. G. 2, 170; Die Larven derſelben Thiere, nach-
dem ſie ihre Ei-H–n verlaſſen (vgl. Puppen-H. ꝛc.). Vogt
Oc. 1, 78; Der Tod in Lebens-H–n [in der Erſcheinung
eines Lebenden] | kommt. Rückert Morg. 1, 11; Morgen-
glanz, durchwallend die Nebel-H. V. 3, 14; G. 12, 4;
Schmetterlinge, welche . .. die Puppen-H. wegwerfen. 21,
146; Geſprengt iſt jene Raupen-H. 6, 343; Schlangen-H.;
Seiden-H. [ſeidne Hülle; auch Kokon]; Der durch die ſon-
derbare Sprach-H. hindurch wirkende rein kräftige Geiſt [in
Hamann’s Schriften]. G. 27, 319; [Ihr Götter] ſchaut
der Zukunft ausgedehntes Reich, | wenn jedes Abends Stern-
und Nebel-H. | die Ausſicht uns verdeckt. 13,46; Sich der Vex-
kennungs-Hüll’ entlocken | zu laſſen. Rückert Nal. 272
u. ä. m. Seltner mit Vorſ., z. B.: Úm-: Wenn
er legt des Körpers Umhüll’ ab. Lohenſtein H. 5. Vōr-:
etwas früher als Hülle Dienendes: So muß er [der
kindliche Geiſt] gerade in der Sekunde, wo er die menſch-
liche Hülle anzog, eine vom Lebenslaufe des Vaters oder der
Mutter geſponnene V. abwerfen. IP. 36, 74.