Faksimile 0804 | Seite 796
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hübsch
Hübſch, a., –(e)ſt: 1) (ſ. höfiſch 2 und 3), von
Sitte und Betragen: fein, artig, nett, manierlich,
durch feine Form angenehm: Er hat ein hübſches Betra-
gen, eine h–e Art und Weiſe, mit Jüngeren umzugehn; In
dieſer Geſellſchaft herrſcht ein h–er Ton ꝛc., auch oft iron.:
Das iſt h. von dir, mich ſo lange warten zu laſſen; Alſo rit-
ten ſie mit einander in Paris hinein und zwar das Bäuerlein
h. auf der rechten Seite des Königs. Hebel ꝛc. Ferner: H.
[ſchön] thun mit Jemand, durch einſchmeichelndes Weſen
ihn zu gewinnen ſuchen. Dagegen veralt. wegen nah-
liegender Mißdeutung (ſ. 4): H–e [höfliche, artige]
Bürger. Stilling 1, 6. 2) (ſ. 1) ſo wie es ſich gehört,
ſein muß; ſo wie man es wünſcht ꝛc. und ſo denn auch
oft faſt pleonaſtiſch, nam. bei Befehlen, Entſchlüſſen ꝛc.
(vgl. fein 6): Sei h. artig; Sitz h. ruhig; Mit Gunſten,
Herr Kaiſer, das laſſt nur h. bleiben! B. 67b; Das wollen
wir h. bleiben laſſen. Immermann M. 3, 441 ꝛc.; Erſt ſiehſt
du den Leuten h. dreiſt ins Geſicht, wie der Eine und dann
ſiehſt du h. bedächtig in dich hinein wie der Andere. Engel 1,
94; Gehen muß Er immer danach, aber ſich nur h. in Acht
nehmen, wie Er’s Geſicht trägt. 96; Sie meinen, ſo h. in
der Mitte. ebd.; Sorgfalt, daß auch das Engliſche h. in der
Reihe der übrigen Sprachbeſchäftigungen bliebe. G. 20, 146;
Bleiben Sie wenigſtens h. zu Hauſe, damit mein erſter Gang
in Hamburg kein Fehlgang wird. L. 12, 460; Mach es h.
und komm bald wieder! W. 12, 8 ꝛc. 3) (ſ. 2 und 4)
gehörig, bedeutend der Quantität nach, vgl. ſchön:
Sie mag auch ein h–en Thaler Erſpartes haben. Benedix 10,
19; Hoffte ein h–es Stück Geld von ihm zu bekommen. Hebel
3, 39; Werden eine h–e runde Summe geben. W. HB. 2,
121 ꝛc. 4) (ſ. 1) einen angenehmen, gefälligen Ein-
druck aufdie Sinne hervorbringend, vgl. „Angenehm“
und ,,ſchön“: Sie hat ein h–es Geſicht, eine h–e Figur,
iſt die h–eſte von den Schweſtern, iſt eine h–e Erſcheinung,
hat eine h–e Stimme, ſingt h.; Sie wohnen ſehr h.; Das
Werk iſt nicht bedeutend, aber eine ganz h–e Zuſammenſtel-
lung; Jch habe mich für h. gehalten, man hat mich ſelbſt
ſchön genannt. Tieck A. ꝛc. Oft iron.: Na, Das wird
eine h–e Geſchichte werden!; Aber eine h–e Suppe wird da
für den Helden eingebrockt. IP. 2, 175 ꝛc.
Anm. S. Höfiſch und vgl. mundartl. bei Schm., Stal-
der; Frommann 3, 21 ꝛc. Fällt im Superl. das „e“ aus,
ſo ſchreibt man aus Rückſichten des Wohlklangs lieber: Den
hübſchten Backfiſch. G. 9, 62, vgl. „Größeſt“ u. „Größt“
ꝛc. Dazu: Hübſchheit. Schaidenreißer 49b ꝛc., ſ. L. 11,
625; dafür auch nam. ſchwzr.: Die Hübſche. Gotthelf U.
2, 96; Daß man .. von der Hübſchi nicht leben könne. 1,
93 ꝛc. Mit den Einlagerern .. zu hübſchen [hübſch,
ſchön zu thun]. Jahn M. 182; Ich will nicht hübſcher mich
aufhübſchen als ich bin. V. Sh. 3, 279b [aufputzen ꝛc.];
Abrichterinnen und Hübſcherinnen [Bonnen]. Jahn M.
233, vgl. Hübſcherin in der ältern Sprache dem frz. Kourti-
ſane (ſ. d. und vgl. Kourtoiſie) entſprechend ꝛc. Hübſch-
lich, artig; aber auch: ſachte, gemach, z. B. Fiſchart B.
45a: Gotthelf G. 139; 145; Stumpf 610b ꝛc.
Zſſtzg. ſ. die von „ſchön“, namentl.: Bíld- [4].
vHorn Schmj. 47; 135; Lewald 1, 191 ꝛc. Un-: ver-
altet = unfein [1]: Man höret kein un-h., noch unehrlich
Wort von ihm. Luther SW. 61, 395; ſelten [4]: Einen
eben nicht u–en Hintergrund. Kapper Chr. 1, 49.