Faksimile 0802 | Seite 794
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Hose
Hōſe, f.; –n; Höschen, lein; –n-: 1) Beinkleid;
das den Schenkel rund umſchließende Kleidungsſtück,
nach ſeiner Form auch „Büchſe“ (ſ. d.) genannt, und
meiſt in Mz., mit Bezug auf das zuſammengehörige
und zu einem Ganzen verbundne Paar: H–n = ein
Paar H–n, eine H.; Was für (ein Paar) H–n, was für eine
H. hat er an? ꝛc. Man unterſch., je nachdem das Klei-
dungsſtück vom Gurt nur bis übers Knie oder bis an
den Fuß herabreicht: Kurze und lange H–n. Veralt.
oder nur noch mundartl. H. ſtatt Strumpf (ſ. d., und
H–n-Band); Socke; ferner ſtatt Beinſchiene; Stiefel
ꝛc. In manchen ſprchw. Redensarten, z. B.: Die
Frau hat, trägt die H–n, hat die H–n an, führt das Regi-
ment im Hauſe, vgl. Hut 2a; Pantoffel; Er hat ſich die
H–n nehmen laſſen; Er müſſe einmal zeigen, daß er auch Je-
mand ſei und zwar eigentlich der Mann, der die H–n anhabe.
Gotthelf U. 2, 55; Günther 445 ꝛc.; Alle Dummheiten, welche
er von den erſten H–n an gemacht [von früheſter Kindheit].
311; So munter, wie | er kaum in ſeinen erſten H–n | geweſen
war. W. 10, 297 ꝛc.; Der kennt ihn wohl, hat ihn vielleicht
in ſeinen eigenen H–n [er iſt’s ſelhſt]. Gotthelf U. 2, 154 ꝛc.;
Der Stand der geflickten H–n [der Eheſtand]. Günther 471
ꝛc.; Was ſie in die H–n gethan [geſchiſſen]. SFrank LaſtF.
3a U. v.; Mach nicht gleich die H–n voll, wenn deine Könige
keifen. Prutz Woch. 122, vgl.: Daß ihre Eiſen-H–n nicht
mit gelblicher Furcht wattiert worden. Heine Reiſ. 2, 46;
Das Herz iſt ihm in die H–n gefallen, von einem Verzag-
ten u. ä. m. In den Kreiſen der ſogen. feinen Welt
wird das Wort vermieden (ſ. Bein-, Nieder-, Unter-
kleid, Unnennbar), doch gilt nur H., als das eigentl.
Wort, in den folgenden Ubertr.: 2) von Thieren, die
Keule, der Unterſchenkel, z. B. des Pferds; Die Wolle
von der H. iſt nicht ſo fein als die von den [Schulter-]
Blättern ꝛc., vgl. Einhoſen. 3) beim Federvieh ꝛc.
rauh befiederte Schenkel: Tauben, Hühner, die H–n haben,
ge- oder behoſt ſind, ſ. Schlotter-H. und Latſche 2.
4) Bienenz.: Blumenſtaubkügelchen an den Hinter-
beinen, Bienenbrot: Wir [Bienen], die wir in den war-
men Tagen | die Höschen in die Zellen tragen. Gellert 1, 258.
5) Botan.: Die Kelchſchläuche enthalten .. zwei läng-
liche und verkehrte Samen, herabhängend von der Spitze der
geſpaltenen Randrippen, „Höschen“, Cremocarpium. Oken
2, 77. 6) Landwirthſch.: a) die obere noch ver-
ſchloßne Blattſcheide einiger Gras- (Getreide-) Arten,
Hülſe, Schloßkiel: H–n der Gerſte. Nemnich; Wenn’s dem
Weizen in die H–n regnet, wird er brandig. Schm. b) die die
Wurzeln des Flachſes röhrenförmig umgebenden Häut-
chen: Wenn der Flachs die Höschen fallen läſſt, ſo iſt er ge-
nug geröſtet. 7) Weinb.: Unhölzer an den Schneid-
reben. Nemnich. 8) ein gefährliches Meteor, wobei
ſich eine Waſſer- oder Sandſäule ꝛc. in Form eines um-
gekehrten Kegels herabſenkt und wirbelnd fortbewegt,
Trombe (ſ. d.), ſ. Pouillet 2, 534 ꝛc.; Der Sturm zieht
ſeine H–n an, | die weißen Waſſer-H–n. Heine Lied. 188;
Meer-, See-H. 9) an Pump- und Saugwerken der
unten erweiterte Theil des Stiefels, zunächſt an der
Ventilkammer. 10) Orgelb.: der das Trompeten-
mundſtück und die Krücke in ſich ſchließende Fuß an
dem Zuge der Menſchenſtimme. 11) ein längliches
Fäßchen, z. B. worin die Landleute die Butter
(„,Hoſenbutter“) drücken, um ſie zu Markt zu tragen,
Butter-H.; ferner z.B. in den Salzw., und zwar wenn
ſie an einem Stiel befeſtigt iſt und zum Ausſchöpfen
dient, Schaufel-H., niederd. Ohſe, Ohſefaß. 12)
Schuhmach.: Höschen, ein dem Oberleder in der
Form ähnliches, die Mitte der Sohle bedeckendes Stück
Leder.
Anm. Ahd. hosa, die Bekleidung des Fußes bis her-
auf zum Knie, mhd. hose, ſchon im Sinn von 1, urſprüngl.
wohl wie „Büchſe“ der hohle umſchließende Raum.
Zſſtzg. vielfach, nam. zu 1, was wir unbez. laſſen,
z. B. nach dem Stoff: Buckskin-, Drilch-, Leder-, Leinen-,
Manſcheſter-, Nanking-, Sammt-, Tuch-, Zwilch-H. ꝛc., fer-
ner nach Denen, die ſie gewöhnl. ſo tragen, z. B.
Bauern-, Matroſen-, Schiffer-, Schweizer-H. ꝛc., nach den
wechſelnden Moden; nach der Zeit oder dem Zweck, wo-
für ſie beſtimmt ſind ꝛc.; beſ. aber auch zur Bez. einer
Perſ., wobei auch wohl das männl. Geſchlecht eintritt,
vgl. z. B.: Wenn du keine Bebe-H. biſt. Arndt 308 (ſ.
Angſtbüchſe); Wann ein lauſiger Lotterhos den andern
Lügen heißt. Gervinus Lit. 3, 378; Der Ohne-H. [Sanskü-
lotte]. Campe; Fahrt wohl, ihr Franzoſen, zur Oſtſee hinab |
und nehmt, Ohne-H–n, den Wallfiſch zum Grab. Arndt; Den
zerlumpten Ohne-H–n. G. 25, 228; Ein paar dieſer Roth-
H–n, eifrig mit Pinſel und Malſtock .. beſchäftigt. Stahr
Jahr. 1, 145 ꝛc., vgl. Blau-, Grünrock ꝛc. undHöſeler.
Wir erwähnen beiſpielsweiſe nur noch: Ámts-:
ſ. Amtstracht. Hebel 3, 243. Bēīn-: ſ. Geſäß-H.
Búmmel-: weit und ſchlotternd. Auerbach Leb. 1,
147. Bútter- [11]. Ēīſen-: Theil der Rü-
ſtung. Heine Reiſ. 2, 46, ſ. [1]. Geſǟß-: mund-
artl., die das Geſäß bedeckende bis zum Gurt hinauf-
gehnde Hoſe, im Ggſtz.: Bein-, Knie-H. (ſ. d.) =
Strumpf. Knīē-: Hoſe, die bis zum Knie reicht,
und zwar hochd., ſo weit hinunter; mundartl., ſo weit
hinauf. Láng-: lange Hoſe, Pantalon. Zſchokke 8,
17. Mêêr- [8]. Muskīten-: lange weite
Matroſen-H., urſprünglich zum Schutz gegen die Mos-
kitos eingeführt. Nácht-: die man des Nachts im
Bett anhat, Schlaf-, Unter-H. Pāūſch-: weite,
bauſchige Hoſe. Plūder-: lange, ſehr weite,
ſchlotternde Hoſe: Die Schiffer tragen über Tuch-H–n ſehr
weite kurze P–n von Leinewand. Grube 3, 5; Heine Rom.
233; L. 3, 175, vergl. 5, 336 „Pomp-H–n.“
Púff-: mit Puffen beſetzt. Púmp-: Pluder-H.,
Matroſen-H. G. Keſtn. 112; Klinger F. 39. Rēīt-:
für Reiter beſtimmt, gewöhnl. mit Leder beſetzt.
Sámm(e)t-: ſ. o., auch Bez. einer Hühnerſpielart,
der „hamburgiſche Hahn“, deſſen Schenkel wie mit
ſchwarzem Sammt bekleidet erſcheinen. Schāūfel-
[11]. Schlāf-: Nacht-H. Schlótter-: Plu-
der-H.: [Die Beinlin des Murmelthiers] ſind am Bauch dick
von Haar, als habe es Sch–n an. Stumpf 609b.
Schótt-: im Osnabrückiſchen, Strümpfe ohne Füß-
linge. Campe. Schwēīzer-: ſ. o.; auch Name einer
Pflanze, Mirabilis, Wunderblume; ferner mehrerer
Schnecken, Murex lampas; Voluta capitellum; V.
turbinellus ꝛc. Sēē- [8]. Sómmer-: leichte,
dünne für den Sommer beſtimmte Hoſe, Ggſtz. Winter-
H. Spendīēr-: ſprchw.: Die Sp–n anhaben, z. B.
Kurz Sonn. 111 ꝛc., in der Stimmung ſein, zu ſpen-
dieren, zu ſchenken. Stēīn-: eine Art Porcellan-
ſchnecke, Cypraea tigris. Strēīch-, Strēīf-:
Beinkleid, das mit den Strümpfen zuſammenhängt
und nicht „ausgezogen“, ſondern abgeſtreift wird.
Strúmpf-: Streif-H.; Trikot. Tólpatſch-:
lange Hoſe, wie ſie die ungar. Fußſoldaten (ſ. Tol-
patſch) trugen. Túrn-: wie ſie beim Turnen ge-
tragen wird. Unter-: unter der eigentl. oder
Ober-H. getragen. Wáſſer- [8]. Wínd- [8]:
Holtei Lammf. 1, 298; auch [9] = Windkeſſel.
Wínter-: ſ. Sommer-H. u. ä. m.