Faksimile 0789 | Seite 781
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Hölle
Hölle, f.; –n; –n-:
1) die Unterwelt:
a) das Schattenreich, der Aufenthalt und Versammlungsort aller Gestorbnen, in der tiefsten Tiefe gedacht und so der Höhe (s. d. 3), dem Himmel (s. d. 1f) entgegengesetzt: Gott ist höher denn der Himmel . ., tiefer denn die H. Hiob 11, 8; 7, 9; Daß du seine grauen Haare nicht mit Frieden hinunter zur H. bringest [ihn nicht ruhig sterben lässt]. 1. Kön. 2, 6; Drei Dinge sind nicht zu sättigen und das vierte spricht nicht: Es ist genug! die H. etc. Spr. 30, 16; Ps. 6, 6; 139, 8 u. v., z. B. auch: Ich schrie aus dem Bauch der H. [des Fisches, als meines Grabes]. Jon. 2, 3; Höllen-ab und himmelan | sich senken und erheben. B. 12b; Daß ich [die Flinte] .. | dich nach der H. schicken kann. Lichtwer 122; Ulysses .., du musst noch . . ein Reis gen Hell thun. Schaidenreißer 44b; Lebendig in die Hell gestiegen und gleichsam als zwier gestorben. 50b; Wo einst der Gott der H–n | der blonden Ceres Kind .. geraubt. W. 12, 227 etc.
b) insonderheit der qualvolle Aufenthalt der Verdammten u. der Teufel, wie „Himmel“ (s. d. 1f) der wonnevolle der Seligen, dann auch ein ähnlicher qualvoller Aufenthalt oder Zustand, ferner: die Bewohner der Hölle, die Teufel etc., vgl. Nobiskrug; Als er nun in der H. und in der Qual war. Luk. 16, 23 U. V.; Die H. ist mit guten Vorsätzen [denen die Ausführung fehlt] gepflastert. Sprchw.; Die brennendste H. ist die des Zerfalls .. mit sich selber. Auerbach Leb. 1, 86; Bei ihm ist Seligkeit | und ohne Wilhelm H. B. 14b; Sein Tod und Leben, Höll’ und Paradies | hang’ ab von einer wicht’gen Heimlichkeit. Göckingk 2, 218; Wie soll ich dir danken, daß du mich aus dieser H. befreit hast? G. 16, 46; Die Flammen eurer H–n, eurer Fegefeuer. 17, 371; Die Augen ..,| die eine H. blicken. Hölty 64; In die H. unbefriedigter Rache zurückgeschleudert. HvKleist E. 1, 61; Die ganze H. jauchzte. Kl.; Von H–n zu H–n. JBMichaelis 39; Die H. mit seinen Kindern bauen [vgl.: das Elend bauen]. Möser Ph. 3, 143; Jahrelange H. .. | für eine Stunde mir zum Heil erlesen. Pla- ten 2, 143; Jch haß ihn wie | den Pfuhl der H. Sch. 382a; Schwarz wie die H. 368a; Auf meinen Armen trag’ ich | durch eine teufelvolle H. dich. 263b; Gehin den neunten Kreis der H. 177b; Spiegelfechterei der H.! Es ist mein Weib. 177b; Wie eine losgelaßne H. tobt | der Sturm. 480b; Die Sprache hat kein Wort für diese H. 422b; Er kämpfte sie der ganzen H. [allen Teufeln] ab. W. 20, 89 etc. Sprchw.: Einem die H. heiß machen, ihm schlimme Qualen bereiten, hart zusetzen, z. B. G. 9, 47: 10, 136 etc., auch: Einem durch Vorstellung der höllischen Qualen das Gewissen zu rühren suchen. Stilling 2, 13 etc. Affen (s. d. 1g) zur H. führen. H., auch eine Art Kartenspiel. Schütze.
c) im volksthümlichen Scherz, das runde Loch im Schneidertisch, in das die zum Bleiben „verdammten“ Flicken und Stücken Zeug hineingeworfen werden, auch „Auge“ genannt, vgl. 2c: Schien ihm die Schneider-H. | die H. [1b] selbst zu sein. Fontane (Echtermeyer 2, 471); Auerbach Gv. 347; Hackländer Stillfr. 1, 38; Kerner Bild. 332; Musäus M. 2, 48; Meister Ziegenbart [vergisst] die Hell. Usteri (Wackernagel 2, 1235 Z. 42) etc.
d) übertr. von b in Bezug auf das höllische Feuer, z. B.: Der schwarze Schmied und sein Geselle | stehn aufgeschürzt vor ihrer H. Pfeffel Po. 3, 15; Grausenhaft prächtig, dieser Erdbrand, diese brodelnde H. Waldau N. 2, 18 etc.
2) in einigen Fällen, ein heimliches Plätzchen, versteckter Winkel etc., z. B.:
a) In einer Spinnstube, in der sogenannten H. des Bauers. Willkomm Sag. 1, 15.
b) der Raum zwischen dem Ofen u. der Wand; ein sehr beliebter Ort zum Schlafen und Ausruhen. Monatbl. 1, 434b; Gutzkow Unterh. 2, 2, 360a; Fuhr zur H. hinterm Kachelofen, wo er sich auf einer hölzernen Bank das bescheidenste Lager bereitet. Holtei Ob. B. 1, 43; Hinter in die Ofen-H.! Langbein 1, 271; Warf sich .. auf die Höllbank. Musäus M. 2, 81. So auch: die Nebenseite einer Malzdarre neben dem Hitzofen; ferner beim Treibherd der Raum zwischen der Haube und dem hintern Schürloch, wo die größte Hitze herrscht, vgl. 2d.
c) Schiff., die vordere Pink, wo Allerlei, z. B. Tauwerk, Handspaken, Daumkraften etc. aufbewahrt werden (s. 1c), auch: die (oder das) Hell.
Anm. Goth. halja, ahd. hella, mhd. helle, von „hehlen“, indem das Heimliche (s. 2) die Grundbed. ist. Statt des alten „Hell“ s. o., u. z. B. bei Luther; Waldis Ps. 139, 3; Zinkgräf 2, 43 u. o. jetzt mit „ö“, s. Sanders Orth. 31, wohl mit Anlehnung an das stammvrwdt. Höhle, vgl.: In dem Höll der Göttin Kalypso. Schaidenreißer 1b etc. Als Bestimmungsw. zuw.: Höll-Besen. Claudius 3, 17; -Bank (s. 2b); Mit hölle-vollem Blicke. Pfeffel Po. 3, 184 etc., gewöhnl.: Höllen-. Dazu: Verhöllen, tr., ungewöhnl. Jahn M. 296, s. Verhimmeln.
Zsstzg. z. B.: Nīēder- [1b]: die untere, tiefste Hölle im Gegensatz der Ober-H., die bei Einigen das Fegefeuer bez.
Öber-: s. Nieder-H. Öfen- [2b]. Schnēīder- [1c].
Spīēl-: verächtl. Bezeichnung einer Spielbank, s. Spielhöhle: Satanellen, wie sie zu einer richtig geheizten Sp. gehören. Gutzkow Lenz. 84; Arndt Stein 131.
Unter-: Nieder-H.
Vōr-: Raum vor der eigentlichen Hölle (vgl. Vorhimmel). Paalzow Th. 1, 338 etc.