Faksimile 0761 | Seite 753
Faksimile 0761 | Seite 753
Faksimile 0761 | Seite 753
herzig Herzigkeit
Hérzig, a. (~keit, f.; –en):
1) herzlich; vom Herzen kommend und zum Herzen sprechend, innige Neigung erweckend, gut, lieb u. traut, s. Herz, Anm.: Wie war des Müllers Tochter so h. und so traut! Chamisso 6, 238; Es war ein h–s Veilchen. G. 8, 92; Es konnte kaum ein h–er Närrchen sein. 11, 128; Er erwiderte diese h–en Liebkosungen gar kalt und frostig. Musäus M. 2, 81; So h. wie mein Liesel | giebt’s halt Nichts auf der Welt. Schubart 3, 44; In einer Zeit, wo ein gewisser herzlicher oder, wie man ihn damals nannte, h–er Ton in Deutschland aufgekommen war. Tieck DBl. 2, 30 etc. Die ungeschminkte Gastlichkeit und H–keit. Arndt E. 34; Daß ein Geist der Andacht, H–keit und Feier über Aller Sinnen ausgegossen scheint. Knebel 3, 114 etc.
2) von Bäumen; Herz (s. d. 11c), Kernholz habend.
3) in Zsstzg.: ein so oder so beschaffnes Herz (s. d. 3a) habend.
Zsstzg. zu 3, z. B.: Báng-: zaghaft etc.: Wer wird so b. sein? Frisch gewagt ist halb gewonnen. vHorn Schmj. 38.
Barm-: ausnahmsweise ohne Ton auf dem Bestimmungswort:
1) ein der Noth sich erbarmendes Herz habend; sein Mitleiden thätig äußernd: Selig sind die B–en, denn sie werden B–keit erlangen. Matth. 5, 7; B–er Himmel, erbarme dich! B. 36b; Da kannte doch dein Herz B–keit. Chamisso 4, 45; Erbarmung und B–keit: Eines Andern Pein empfinden heißt nicht: b. sein; | recht b. sein will heißen: wenden eines Andern Pein. Logau (L. 5, 167 u. 307) etc.; Die B–keit Gottes; Ein Werk der B–keit; Einen um B–keit anflehn; Einem B–keit erweisen, widerfahren lassen; B–keit an ihm thun (bibl.); Der muß sterben ohne B–keit, ohne Gnade und B–keit; Um Gottes B–keit willen! was haben Sie wieder gestiftet. Zschokke 8, 132, Ausruf verschiedner Gemüthsbewegungen, wie: Herrgott! etc., zuweilen auch in Mz.: Wie hat uns der Mittler | mit B–keiten, mit Huld und Gnade beseligt! Kl. M. 11, 261 [mit b–en Thaten], vgl.: Diese zwo B–keit. Luther 8, 251b. Ggstz.: ún-b.: Grausam und un-b. Jer. 50, 42; Mit großem Zorn, Grimm und Un-B–keit. 21, 5; Daß sie Gottes Wort verkehren in pure Un-B–keit. Lewald W. 3, 125 etc.
2) (s. 1) B–e Brüder, Schwe- 95 4e stern, Angehörige eines geistlichen Ordens, dessen Beruf Armen- und Krankenpflege ist: Wir wollen diesen Tag nicht im Lazareth endigen! Zur b–en Schwester ist sie zu gut. G. 15, 122.
3) veraltend und mundartl.: erbärmlich, Erbarmen erregend, elend: Ach und wie b. können die Einen ansehen! Auerbach D. 1, 187; Nu? ihr seht ja so b. aus? Was fehlt dir? L. 1, 461; Der b–e Schlucker. Ds. Bīēder-: Unser braver b–er Freund. W. 9, 197; Innig gerührt von der B–keit des wackern Alten. 19, 249 etc. Blȫd-: muthlos etc.: Von kurzsichtigen, b–en oder übelgesinnten Leuten für Träumerei . .. gehalten. W. 31, 399. Bútter-: weich-h.: Eine b–e Dummheit. Kurz Sonn. 393. Dóppel-: falsch, vgl. doppelzüngig. Ēhern-: hart-, felsen-h.: Der ee Streiter. v. Th. 13, 5. Eng-: nur für einen sehr beschränkten Kreis Herz oder Gefühl habend, Mangel an allgemeinem Wohlwollen zeigend, durch kleinliche, selbstische Rücksichten von jedem edeln freien Handeln zurückgehalten, Gegensatz groß-, hoch-, weit-h.: Unsere Weltbürger haben bisher mit ihren weitherzigen Theorien Alle diese e–e Standesansicht gegen jede patriotische Gesinnung verrathen. Gervinus Lit. 5, 376; Gutzkow R. 7, 382; Typus des krämerhaft e–en Bourgeoisthums. Stahr J. 1, 196 etc.; Die Philisterei, diese . . . Mischung von E–keit und Geistesflachheit. Börne 2, 381; Bei manchen Einseitigkeiten und E–keiten der besonderen Staaten. Fichte 7, 393; Kleinstädterei und E–keit. Forster B. 2, 655; König Leb. 2, 130 etc. Fálsch-. Fēīg-: F–e Vorsicht, fahre hin! Sch. 523b; Ein kalter, selbstischer, f–er Schurke. W. 9, 73; 18, 211 etc. Félsen-: hart-h.: Ich konnte doch nicht so f. sein, dem armen Kinde die Befriedigung eines so unschuldigen Verlangens zu versagen. W. 23, 176. Frēī-: freimüthig; auch: aus freiem Herzen gewährt: F–e Wohlthat wuchert reich. G. 12, 250. Frōh-: Alles an ihm athmet jugendliche F–keit, Wohlwollen, Wärme des Gefühls. Sch. 738a; Sein ganzes f–es Gefolge. V. Sh. 3, 124 etc. Getrēū-: treu-h.: Der arme g–e Götz. Berlichingen 124; G. 9, 6. Glēīch-: gleichgesinnt: Die zwo g–en Jungfrauen. V.; Waltete nicht g. dem Oheim der Jüngling. Ds. Grōß-: große, edle Gesinnungen habend, frei von kleinlichen Rücksichten, edelmüthig, vgl. hoch-h. und als Gegensatz eng-h.; auch: hohen Muths, Gegensatz klein-h. etc.: Die Philister mäkelten des Helden g–es Thun; Unbefangen, wie es die G–keit ist. H.; O Herrscher aller Feinde, | g., stark von Kraft. Opitz 1, 149; Wenn du g. genug bist, gegen ihn mehr als gerecht zu sein. W. 23, 178. Gūt-: gutmüthig, und, wie dies, oft an „schwach“ grenzend: Wie es den g–en Polterern zu gehen pflegt. G. Zelt. 1, 342; In deren Charakter letchter Frohsinn und arglose G–keit die Hauptzüge waren. W. 17, X; Der die G–keit hatte, sich für meinen Vater zu halten. 19, 32; 29, 165; Er ist die G–keit selbst. Hárt-: Die h–en Bösewichter; Die H–keit des Geizhalses gegen die Armen. Hāsen-: feige: So h., daß er sich .. vor seinem eigenen Schatten fürchtete. W. 27, 160; 176; 7, 38 etc. Hélden-: Recht h. hatt’ er sich das Hinterbein, | das festgemacht war, abgebissen. Ramler F. 1, 21. Hōch-:
1) groß-h., edel: Eine Aufgabe, die sie mit h–er Freiwilligkeit auf sich nahmen. Fichte 8, 217; Den h–en Dulder. V. 3, 31 etc.
2) veralt., mundartl. statt hochmüthig, z. B. Olearius (Wackernagel 3, 1, 686 Z. 40) etc. Hōhl-: feige, s. Herzen 2. Irr-: Es mögen gut-h–e Leute sein, sie sind aber i–e und verführet-h–e Leut. Luther SW. 26, 34, vgl. L. 10, 87. Júng-: J. genug, edles Liebesglück zu bereiten und zu genießen. Rahel 1, 354. Kált-: ohne warmes Gefühl für Etwas: Mit der Unempfindlichkeit einer k–en Verständigkeit. Stahr Par. 1, 199; Den niedern Lebenshandel | k. zu verschmähn. Tiedge 2, 23 etc. Kīēsel-: felsen-, hart-h.: „O Mitleid!“ ruft sie, „kieselherz’ger Knabe! Freiligrath Ven. 12. Klámm-: (mundartl.) bang-h., beklommnen Herzens. Klēīn-: kleinmüthig, s. Groß-h. Lámm-: Fahr hin, l–e Gelassenheit! Sch. 428b. Lēīcht-: leichten, unbeschwerten Herzens, sorglosfroh: Den kindlich l–en Jubel. Höfer Hausbl. (56) 1, 93; Leichtsinnige und l–e Bursche. Volk. 106. Līēb-: liebherzend: Vor der Schlacht hochherzig, | ist sie gewonnen, barmherzig; | mit hübschen Kindern l. G. 3, 63. Lȫwen-: muthig: Die l–e Jungfrau | stritt mit dem Wolf und rang das Lamm ihm ab. Sch. 450a. Mármor-: felsen-h.: Ihr m–e Tyrannin. V. Sh. 2, 390; Alxinger D. 254 etc. Mátt-: Seine moderne M–keit in Darstellung jener Riesengestalten der markigen Fabelwelt. G. 27, 475. Míld-: Da es mir nicht um einen Angriff auf deine M–keit zu thun ist. W. 23, 233 etc. Offen-:
1) offnen Herzens, so daß Jeder in das Innre hineinschauen kann; ohne Rückhalt sein Innres zu enthüllen geneigt: O. sein, sprechen; Ein o–es Bekenntnis, Geständnis; Es war überhaupt eine so allgemeine O–keit unter den Menschen, daß man mit keinem Einzelnen sprechen oder an ihn schreiben konnte, ohne es zugleich als an Mehrere gerichtet zu betrachten. G. 22, 134 etc., vgl. treu-h., aufrichtig, freimüthig. 2) scherzhaft übertr. auf zerrißne, den Einblick ins Innre verstattende Kleidungsstücke: O–e Strümpfe. Gutzkow 3, 265; Der Sammtrock. Aber auch dieser hat auf dem Rücken einige O–keiten. Kotzebue NSch. 10, 357. Rēīn-: Vertraun r–er Liebe. Baggesen. Rōh-: R–er Verhöhnung preisgegeben. Sch. 514b. Schlángen-: falsch, heimtückischetc.: Sch–e Heuchlerin. Schwách-: Almosen der Sch–keit zu erkriechen. Lichtenberg 3, 199. Stárk-. Tīēf-: ein tiefes Herz oder Gemüth habend: Geistbegabte und t–e Männer. Heine Verm. 1, 301. Tīger-: grausam. Trēū-: ein treues, d. i. vertrauensvolles Herz habend und von solchem zeugend; in schuldloser Unbefangenheit Keinen täuschend und keiner Täuschung sich versehend, s. getreu-, offen-h. etc.: Unverblümt und t. von der Sache zu reden. B. 136b; Mit aller Offen- und T–keit. G. 14, 10; Indeß meine Schöne diese Worte ganz t. vorbrachte, sah ich sie bedenklich an. 19, 73; Ein aufrichtiges Bekenntnis, eine t–e Frage. 22, 101; Die t–e Zumuthung . ., mein eigener Scherge zu werden. Thümmel 3, 4; Sie gab der verkappten Timandra ihre Liebkosung mit der t–sten Wärme zurück. W. 19, 225 etc. Vóll-: ein volles, gefühlvolles Herz habend oder davon zeugend: Großmüthig sein, | voll-h. zum Erbarmen. Claudius; Mit ahnendem Tiefsinn | und v–er Liebe für jegliche Kraft und Schönheit. V. 3, 17. Wánkel-: wankelmüthig. Spate. Wēīch-: Gegensatz hart-h., vgl. butter-h.: Nicht sendet nach w–e Seufzer dir | Frankreich. Platen 2, 191; Ein guter Mann, | d. h. so eine fromme, zahme, | w–e Kreatur, aus welcher eine Dame, | wie Vastola, was ihr bequem ist, machen kann. W. 12, 38; Seine sinnliche W–keit für Güte, seine Feigheit für Behutsamkeit halten. 27, 164 etc. Wēīt-: ein weites Herz habend oder davon zeugend, s. den Ggstz.: eng-h.: Es ist Alles schon froher, w–er. G. 31, 201, vgl.: Das Herz geht Einem bei einem Anblick auf etc. Wíld-: So w. ist Keiner, daß Nichts ihn bändigen könnte. V. H. 2, 212. Zārt- u. v. ä.