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Herz
Hérz, n., –ens; –en; –chen, lein (–el); -, –ens-:
1) eigentl.: das in der Brusthöhle befindliche Haupt- organ des Blutumlaufs im thierischen Körper: Die Kammern, die Vorkammern des H–ens; So lange mir das H. im Leibe schlägt, so lang ich lebe; Das H. klopft, pocht, bei stärkerer Erregung; Einem den Dolch ins H. stoßen etc. (s. 3 ff.). Ein Menschen-, Kinder-, Tiger-, Löwen-H. etc., vgl. 3c.
2) Das H., auf dessen Muskelthätigkeit (Ausdehnung und Zusammenziehung) das Leben beruht, gilt danach als Sitz der Lebensgeister, ferner als Sitz des Gefühls, der Empfindungen, Affekte und mannigfaltigsten innern Regungen, insonderheit der theilnehmenden Mitempfindung, des Muthes etc., dann auch als Sitz des Willens und Entschlusses, namentl. biblisch (z. B. 2. Mos. 31, 6; 36, 2; 5, 29, 4; Hiob 12, 3; Spr. 15, 14; 16, 23 etc.) auch als Sitz des Verstands, während sonst als solcher der Kopf gilt und daher oft als Ggstz. von H. erscheint, ebenso wie: Verstand, Vernunft, Urtheil etc. Ahnlich erscheint auch Geist (s. d. 2e, auch die Belege), Seele etc. theils sinnverwandt mit H., theils in schärferer Auffassung als Ggstz., z. B.: Ich soll einem Gelehrten .. Sachen schreiben, die den Kopf bereichern können und immer wird .. meine Sprache Ausdruck des Gefühls und richtet sich an Ihr H. Forster B. 1, 389; Der Kopf wäre nicht hinreichend, Das zu fassen, er würde zerspringen oder sich verwirren. Hierbei muß das H. das Beste thun, wenn eine solche Überraschung ertragen werden soll. G. 15, 251; Die Phantasie, | die in den Streit sich mengt, macht Schwärmer, | bei welchen bald der Kopf das H. und bald das H. | den Kopf muß spielen. Schlimmer Tausch! L. Nath. 1, 1; Er machte durch sein H. [Gefühl] gut, was sein Kopf versah. Seume Sp. 177; Daß mein H. [meine Liebe, Neigung] nur durch den Kopf gewonnen werden könne. W. 2, 154; 7, 128 etc.; Das, was man gedacht, die Bilder die man gesehen, lassen sich in dem Verstand und in der Einbildungskraft wieder hervorrufen, aber das H. ist nicht so gefällig, es wiederholt uns nicht die schönen Gefühle. G. 22, 215; Stimme des Ganzen ist deine Vernunft, dein H. bist du selber etc. Sch. 91b; Dein Urtheil kann sich irren, nicht mein H. 358b etc.; Eine Art von trockener Moral; an einen geistreichen Vortrag ward nicht gedacht und die Lehre konnte weder der Seele noch dem H–en zusagen. G. 20, 46; Doch war dieser Ausdruck [des Auges] eigentlich nicht zärtlich, wie der, der aus dem H–en kommt und zugleich etwas Sehnsüchtiges und Verlangendes mit sich führt; dieser Ausdruck kam aus der Seele, er war voll und reich, er schien nur geben zu wollen, nicht des Empfangens zu bedürfen. 21, 16 etc. Ferner H. im Ggstz. der Sinne und, wie das wahrhaft Gefühlte oft dem Ausgesprochnen gegenübersteht, im Ggstz. zu Mund, Lippen, Zunge etc., z. B.: Meinen Augen und H–en ganz fremd. B. 499b; Der äußre Sinn entschlief, | das H. allein blieb wach. W. 12, 231; Der reizendste Genuß | soll eure Sinne nur, nie euer H. erweichen. 295 etc.; Mein H. hörte nicht, was meine Zunge prahlte. Sch. 107b; Was das H. denkt, muß die Zunge sagen. 634b etc., vgl.: Weß das H. voll ist, deß geht der Mund über etc. Wir fügen noch eine prägnante Stelle von H. in Bezug auf Mitgefühl bei: Nenne man Das doch nicht H., wenn ein Mensch leicht in Thränen zerfließen kann .. Ich erkenne das H. nur bei den Menschen an, die im Stande sind, aus andern Menschen heraus zu empfinden und in ihnen wie in sich selbst zu leben. Gutzkow R. 7, 347 etc. Vgl. ferner 3—9, worin wir die hauptsächlichen Anwendungen und Übertragungen von H., der Übersichtlichkeit halber, nach grammat. Beziehungen ordnen.
3) H. mit beigefügter näherer Bestimmung durch Ew. (in weitrem Sinn, z. B. auch besitzanz. Fw., Bestimmungsw. in Zsstzg. umfassend):
a) Aufrichtiges, biedres, böses, edles, ehernes [hartes], empfindendes, falsches, feiges, fröhliches, frommes, (zart)fühlendes, gottgefälliges, gottloses, grades, grausames, gutes, hartes,