Faksimile 0752 | Seite 744
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Herbst
Hérbſt, m., –(e)s; –e; -: 1) das Einſammeln der
reifen Früchte, des Obſtes, nam. auch des Weins und
das ſo Einzuſammelnde, auch übertr. wie Ernte
(ſ. d. und vgl. Schm. und Stalder): Sie hatten kein die
Weinleſe bezeichnendes Wort, ſintemal H. jede Einſammlung
der Früchte bedeutet. JvMüller 1, 401; Koſtet von unſrem
heurigen H. (Sie kredenzen ihnen Wein). Grabbe Hann. 76;
Vom buntfarbigen H. heimiſcher Fluren umlacht. V. 3, 35
ꝛc.; Für uns [Plündernde] iſt ſolch ein H. gereift. G. 12,
246; Sein Frühling war ſchon H. [ſ. 3 Erntezeit, trug
Frucht]. Tieck Cymb. 1, 1 ꝛc. 2) (ſ. 1) die Zeit der
Fruchtreife und Ernte; ſo früher Name von Monaten.
Schm., jetzt die Jahreszeit zwiſchen Sommer und Win-
ter, aſtronomiſch die, worin die Sonne die niederſtei-
genden Zeichen der Ekliptik durchläuft, vgl. Nach-
jahr, Spätjahr, Spätling. Im H.; Den H. mit ſei-
nen Früchten. Börne 2, 446; Sobald der nächſte H. im
Walde Dohnen ſtellt. Günther 663; Der Regen eines mürri-
ſchen naßkalten H–es. Gutzkow R. 7, 3; Platen 2, 246;
4, 245; In des H–es welkem Kranze. Sch. 55a; Der zeiti-
gende H. Schlegel Sommern. 2, 1; Des H–es goldner Son-
nenſtaub | umwebt der Reben üppig Laub. Uhland 369; Dem
geſchwollenen Strome vergleichbar, | voll vom H. V. Il. 5,
88; Wie ein H. von Blättern welken und abſinken (vgl. 1:
wie die Blätter im H. ꝛc.). H. 16, 266 ꝛc. Auch:
Ein paar H–e [Jahre] älter, ſ. Frühling ꝛc. 3) übertr.
(vgl. Frühling ꝛc.), z. B.: Für mich iſt H.; der Nebel-
wind | durchwühlet kalt mein fahles Laub. Chamiſſo 3, 77;
Wie die Natur ſich zum H–e neigt, wird es H. in mir und
um mich; meine Blätter werden gelb ꝛc. G. 14, 93; Sch.
4a ꝛc.; ferner: Du, o H. des Tages, .. holder Abend.
Zachariä Tag. 95 ꝛc., und namentl. oft von der Lebens-
zeit zwiſchen Jugend und Greiſesalter: Den H. [vgl.
Abend] des Lebens in Ruhe genießen. Forſter B. 1, 815;
Im H. meiner Tage. G. 40, 266; 27, 440; Ebenderſelbe,
welcher im Frühlinge ſeines Lebens .. herumgeſchwärmt, ..
kann ſich ja leicht in dem reifen H. ſeiner Jahre in den philo-
ſophiſchen Mantel einhüllen. L. 5, 3; In dem H–e des Le-
bens auch noch ihren Weiberſommer zu genießen. Muſäus M.
4, 12; Nach dem H. des Lebens und Alters. IP. 2, 57 ꝛc.;
Die Anbrüche [bergm.] ſeines H–es waren reicher als er ge-
dacht. Novalis 1, 63; Erſt wenn ſich mein H. genaht. Pfeffel
Po. 3, 7; Ein Herz, | deſſen H. noch Blüthen treibt. Schwab
56; In der friſchgrünen Kraft eines dem H. entgegenaltenden
Manns. V. Ant. 1, 397 ꝛc.
Anm. Ahd. herbist ꝛc., vgl. gr. γαρπὸς, Frucht.
Zſſtzg. z. B.: Krāūt-: Zeit, wo die Kraut- oder
Kohlköpfe eingeheimſt werden: Ihr ſeid um ein paar K–e
[Jahre] älter. Auerbach Leb. 1, 216. Nāch-: die Zeit
des Übergangs vom Herbſt zum Winter. Spǟt-:
Nach-H.: übertr.: Er iſt im Sp. ſeines Vermögens. Droyſen
Ar. 2, 137; Im Sp. ſeines Lebens. Guhrauer L. 1, 319.
Vōr-: Übergang vom Sommer zum Herbſt. V.
Ländl. 2, 371 ꝛc.