Faksimile 0739 | Seite 731
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heischen
Hēīſchen, tr.: 1) fordern, begehren, verlangen:
Fordert ..., ich will es geben, wie ihr es heiſchet. 1. Moſ.
34, 12; Ich heiſche deinen Unterricht in ganz | was Andrem.
L. Nath. 3, 5; Schleicht er zum Bäckerladen | und heiſcht
ein Dreierbrot. Pfeffel Po. 3, 45; „Wollet einer Gabe mich
gewähren, | um die ich bitte“, ,.. Heiſchet frei! | ich ſag es
zu. W. 11, 112 ꝛc. Zuw. mit Genit. ſtatt des Obj.:
Da ſein [des Schatzes] als Morgengabe heiſcht die Königin.
Simrock N. 1058 ꝛc. Die Perſ., an die das Verlangen
gerichtet wird, ſteht mit „von“ Pſ. 2, 8 ꝛc., veralt. im
bloßen Dat.: Alſo hieſch (Anm.) ein Jud einem Edel-
mann .. eine Schuld. Weidner 64, mahnte ihn drum;
Murner Ul. 140 ꝛc. 2) Heute meiſt: fordern, ſo daß
Folge geleiſtet, das Geforderte gewährt werden müſſe,
ſei Dies nun in dem Recht und der Stellung des For-
dernden begründet oder in ſeiner dringenden Noth, in
dem gebieteriſchen Drang der Umſtände, der keine Rück-
ſicht nehmen läſſt ꝛc.: a) allgm.: Einer oder Etwas heiſcht
Etwas (von Einem), fordert, erfordert Dies als etwas
Nothwendiges, als Etwas, das gewährt werden muß:
Die Kinder h. Brot (ſ. b). Klag. 4, 4; Dem edeln unge-
zähmten Roß, | das nur des Reiters klugen Zügel heiſcht [er-
fordert, nöthig hat], | um in gemeßnen Schritten bald zu
ſchreiten. MBeer Arr. 24; Wenn das Mächtige, das uns re-
giert, | ein großes Opfer heiſcht, wir bringen’s doch | mit
blutendem Gefühl der Noth zuletzt. G. 13, 259; Mein zür-
nend, Freiheit h–d Lied. Herwegh 1, 15; Mächtiger, der du
. | Würger ſammelſt und Zerſtörer, | h–d Unterwürfigkeit.
Platen 6, 13; Zur That .., die rauh gebietend, | die Noth
jetzt, die Erhaltung von mir heiſcht. Sch. 362b; Die rauhe
ſturmbewegte Zeit | heiſcht einen kraftbegabtern Steuermann.
456a; Bald ſpielte er den Heuchler, bald den Spaßmacher,
wie’s die Zeit heiſchte. 627a; [Er] heiſcht mit ſtolzem Blicke |
Bewundrung. V. 4, 127; W. 12, 201 ꝛc. b) bettelnd
fordern, von dem Ungeſtüm und dem dringenden Bit-
ten womit es meiſt geſchieht, dann auch ohne dieſen
Nebenbegriff: Laſſt die Mahnung nicht vergeblich ſein! |
Ich ſteh und heiſche: Jeder einen Stein! Freiligrath Garb.
48; Jeder ängſtlich h–de Blick. Pol. 2, 60; Noch nicht bin
ich gewohnt von Fremden die Gabe zu h. G. 5, 14; So
ſchreitet und heiſcht er [der umherziehende Sänger] undenkliche
Zeit. 1, 140; Ohne irgend zu fordern oder zu h., mit reich-
lichen Gaben beglückt. 22, 294; Der Jungen Schnäblein
h–d aufgeriſſen. Lenau A. 1, 133; Der bettelnde Mönch . |
heiſcht ſein Theil von dem Fang und die Milderen reichen’s
ihm. Platen 2, 313; Iſt Die | ſo bettelhaft, Almoſen zu h.?
Prutz W. 25; Es war, ohne daß er kreiſchte, | zu verſtehen,
was er ſchweigend heiſchte. Rückert Mak. 1, 56; Zinkgräf 2,
48 ꝛc., vgl.: Ein Heuſcher. Gotthelf Sch. 161; Den Heiſch-
leuten. U. 2, 36 ꝛc. c) Einen h., ihn fordern, citieren
(mundartl., veralt.): Ich ſei geheiſchen und geladen zum
Stuhl. Immermann M. 4, 56; 3, 13; Daß ſie einander vor
den Degen hieſchen. Weidner 288 ꝛc., ſ. Heißen 1e. 3)
Dazu: Heiſcher (ſ. 2b); Den Heiſchungen des Staats
zum öffentlichen Schutz. Immermann M. 1, 274 ꝛc.
Anm. Ahd. eiscôn, mhd. eischen, fragen, fordern ꝛc.
(vgl. engl. ask), im 13. Jahrh. mit vortretendem „h“ (ſ.
Benecke und Schm.), viell. durch Einwirkung von heißen (ſ. d.),
woran ſich auch die Formen hieſch, geheiſchen (z. B. auch G.
9, 123, im Mund einer Zigeunerin) anlehnen, ſ. z.B.: Wer
mit viel Verheiſchen zahlt. Logau, was WMüller Bibl. 6,
75 dem gewöhnl. Gebrauch gemäß in ,Verheißen“ ändert,
und nam. Anheiſchig. Aus ver-eiſchen entſtand: freiſchen
(vgl. Freſſen = vereſſen), durch Fragen erfahren, vgl. Frät-
ſcheln. Einige ziehen auch „Häſcher“ (ſ. d.) hierher, vgl.
das veralt. Eiſcher = Treiber und: abäſchern (?).
Zſſtzg. vgl. die von Fordern, z. B.: Áb-: Die
närr’ſchen Leute | heiſchten Treu und Eid mir ab. Grün Gd.
87; Schämen ſich nicht, mir das Brot und den Wein vorm
Maul abzuheiſchen. Zinkgräf 2, 49 ꝛc. Án-: Einem Et-
was a., es von ihm fordern (veralt.). Fronsperger Kr. 1,
22. Āūf-: (veralt.) Als er .. die Stadt .. Kriegsge-
brauch nach ließ a. [auffordern zur Übergabe]. Weidner 47.
Er-: (ſelten) durch Heiſchen erlangen: Alles Flehen |
beider Geliebten hatte Nichts erheiſcht. IBMichaelis 33, da-
gegen oft: Etwas als dringend nothwendig erfordern,
gebieten: Die Umſtände e. es; Das iſt nicht Undank, was
die Noth erheiſcht [,gebeut“. 13, 67]. G. 34, 196 ꝛc.;
Vollbringung der unerheiſchten Werke. Fiſchart B. 103b.
Vōr- [2c]: vorladen. Zurück-: Hätte ſein
Kind zurückgeheiſcht. Fouqué 8, 116 u. ä. m.