Faksimile 0738 | Seite 730
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heirathen
Hēīrathen, tr. und intr. (haben): eine Heirath
ſchließen: Er heirathet meine Schweſter; Sie heirathet mei-
nen Bruder; Die Beiden werden einander h.; Wann h. Sie?;
Reich, gut, glücklich, unglücklich h., eine reiche, gute ꝛc.
Heirath thun. Auch: Etwas durch eine Heirath er-
werben, bekommen (er-h.): Ein bedeutendes Vermögen
h.; Das Rauchen iſt ein Laſter, aber du haſt es einmal mit
geheirathet. Goltz 1, 208 ꝛc., ferner: Um eine reiche Per-
ſon, nach Geld h., eine reiche Perſon zu h. ſuchen; Ein-
fluß der Weiber, die, aus fremden Familien herüber h–d, oft
den Charakter ganzer Stämme verändern. G. 18, 217; Daß
er in eine achtbare Familie heirathete. Steffens Malk. 2, 308;
Eine Thebanerin, die er vor geraumer Zeit nach Athen ge-
heirathet. W. 21, 221; Sie erwartet einen Liebhaber oder,
eigentlicher zu reden, einen Heirather. 27, 152 ꝛc. Ver-
alt.: Deß Haus, zu dem ſie jüngſt geheurath haben. Schaiden-
reißer 63a. Mehr mundartl. auch ſtatt ver-h. (ſ. d.)
refl. und im Partic.: Bis wir geheirathet waren. Gotthelf
G. 221; 281; Die Neugeheiratheten. Immermann M. 1,
369; War dein Prophet .. nicht geheirathet? Rückert Mak.
2, 155; Sich zu ver-h. oder vielmehr „ſich zu h.“, wie man
in Schwaben ſagt. Hausblätter (1857) 1, 371; JvMüller 15,
452 ꝛc., auch ſo tr. übertr.: Das Kupfer wird zu großen
Ehren kommen, denn man’s in viel Münzhütten zum Silber
heurathen [fügen, um dies zu legieren] wird. Fiſchart
(Wackernagel 3, 1, 468 Z. 16).
Anm. In Gedichten zuw. –– ⏑, z. B.: Willſt du mich
h.? (Reim: Dukaten) Kretzſchmer V. 1, 205; Eichendorf
Phil. 64 ꝛc. Daneben: Michel thut mich heuren. Schu-
bart 3, 46; Heuren wollt’ ich ſie. HKleiſt Kr. 68; Sein
wonniges Liebchen zu heuern. Beck Arm. 47, vgl.: Ver-
heire dich mit ihr. 1. Moſ. 38, 8 in der Ausg. 1523,
(ſpäter: Nimm ſie zur Ehe). In der Basler Bibel von
1523 noch als ,,ausländig“ erklärt durch ,,mannen, ehelichen“.
Zſſtzg. vgl. die von freien, z. B.: Áb-: Einem die
Tochter a. ꝛc. An-: durch Heirath an Einen brin-
gen, ſich anſchaffen, in den Beſitz kommen: Sich ein
großes Vermögen a.; Angeheirathete [im Ggſtz. der Bluts-]
Verwandte; Der angeheirathete Neffe von Herrn Pix zu wer-
den. Freytag Soll 2, 376; Ich denke ihm eine der reichſten
Erbinnen anzuheirathen. Gotter (Dyk Th. 8, 60); Das Ver-
erben der Werkſtätten durch A. Riemer G. 2, 53; Ihr Mann,
dem ſie angeheirathet worden. Waldau N. 3, 30, wobei der
Begriff des Losſchlagens an Einen hervortritt, doch
vgl.: Antrauen. Aūs-: veralt., mundartl. aus-
ſteuern und ver-h. Be-: veralt., mundartl. ver-h.
Eīn-, tr. und meiſt refl.: Einen, ſich durch Hei-
rath in eine Familie, Innung, Stelle ꝛc. bringen, vgl.
hinein-h.: Die nachgeborenen Kinder ziehen, wenn ſie ſich
nicht e. [in einen Hof ꝛc.], unweigerlich in die Fremde.
Höfer V. 123; Das Wappen des Hauſes mit demjenigen der
eingeheiratheten Frauen verbunden. Keller gH. 4, 341; Ein
junger Gelehrter, der ſich jetzt nicht unter die Profeſſoren ein-
heirathe, werde dort verfolgt. Pröhle J. 49 ꝛc. Er-:
durch Heirath erwerben: Sie hatte mit ihrem Manne noch
eine ganze Sippſchaft .. erheirathet. Auerbach Dicht. 2, 8;
Der ſich von ſeiner Mündel und ihrem Golde nicht trennen
mag und daher beide e. will. Börne 5, 248; 1, 279; Da er
zu ſeiner Erſparnis noch ein kleines Vermögen erheirathete.
V. Br. 1, 5; L. 1, 413 ꝛc. Hinēīn-: durch Heirath
in Etwas hineinkommen oder bringen, vgl. Ein-h.:
Das Haus Lenz und Söhne, in das ſich dieſer Mann als ein-
facher Kommis vor ſechs Jahren hineinheirathete. Gutzkow
Lenz 11; Jede Gemeinde ſucht ſich zu hüten, daß nicht arme
Leute in ſie h. Kinkel E. 413. Míß-: eine Mißhei-
rath (ſ. d.) thun (ſelten): Er hat mißgeheirathet. Campe.
Mít-: durch die Heirath mitbekommen, mit in den
Kauf nehmen: „Er wird die Häßliche nehmen, weil er
20,000 Thaler mitheirathet“. D. h., er wird das Geld
nehmen und die Häßliche m.; Er hatte ſie mit der Pfarre,
wo ſie als Wittwe von ſeinem Vorgänger ſitzen geblieben
war, mitgeheirathet. Gutzkow Bl. 1, 14. Ver-, tr.:
eine Perſon und refl.: ſich mit einer Perſon
durch Heirath verbinden: Seinen Sohn, ſeine Tochter,
ſein Mündel v., ugw. mit Auslaſſung des Obj. 1. Kor.
7, 38; Der Prediger darf ſie nicht mit einander ohne Zu-
ſtimmung der Eltern v. [gewöhnlicher: trauen]; Seine
Tochter mit einem reichen Mann v., wobei die Abhängig-
keit der Ehe als eine wechſelſeitige erſcheint, ſie an
einen oder (mehr in gehobner Rede z. B. G. 19, 108;
Zinkgräf 1, 261) ſie einem reichen Mann ꝛc. v., wobei die-
ſer mehr als der Herr erſcheint, in deſſen Abhängigkeit
ſie kommt; Sich ver-h.; Sich wieder ver-h., ſ. Wieder-h.;
Er hat ſich mit einer Bürgerlichen, ſie hat ſich mit einem
Adligen, ſie haben ſich mit einander verheirathet; Sich an
eine Perſon ver-h., ſo ein Haus voll Kinder. Weidner 302 ꝛc.
und im Partic.: Er, ſie iſt ſchon verheirathet, iſt noch un-
verheirathet; Die geborene Weber, nun verheirathete
Schmidt ꝛc. Mundartl. ſo auch: heirathen, wobei aber
im Hochd. der Begriff der wechſelſeitigen Verbindung
zurücktritt, indem z. B.: Ein geheiratheter Mann nicht
eigentl. einer iſt, der ſich mit einer Frau ehelich ver-
bunden, der eine Frau genommen, ſondern vielmehr
einer, den eine Frau genommen hat ꝛc. Mundartl.
auch ſtatt verloben (ſ. Heirath, Anm.): Jſt das Meitſchi
verheirathet? Gotthelf G. 126 ꝛc.; ferner: Einem Etwas
ver-h., an-v., es ihm durch den Ehevertrag als Eigen-
thum zuſprechen. Schm., vgl.: Der arme Georg verhei-
rathet ſich die Auszehrung an. Zſchokke 8, 55, bekommt ſie
in Folge der Heirath, gleichſam als Mitgift u. ä. m.
Die Verheirathung, Wiederverheirathung. Wég-: hei-
rathend wegnehmen: Willſt mir das Mädel vor der Naſe
w.? ꝛc. Wīēder-: eine neue Ehe eingehn: Der
Wittwer, die geſchiedne Frau heirathete wieder. Zu-
ſámmen-: durch Heirath zuſammenbringen: Daß die-
ſer Reichthum zuletzt in wenige zuſammengeheirathete Fami-
lien kam. JvMüller 1, 69; Zuſammengeheirathete Kinder, die
durch Heirath eines Wittwers mit einer Wittwe ꝛc. be-
züglich aus deren frühern Ehen zuſammenkommen ꝛc.