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Geheimnis
Gehēīmnis, n., –ſes; –ſe; -: das Geheimſein und
etwas Geheimes (ſ. d. 2 und vgl. Arkanum, Myſte-
rium): Etwas iſt, bleibt ein G.; Ein G. aus, von Etwas
machen; Ein G. vor Einem haben; Einem ſein G. entdecken,
offenbaren; Ein G. bewahren, in ſeiner Bruſt verſchließen,
mit ins Grab nehmen, ausplaudern, verrathen; In ein
G. dringen; Den Schleier des G–es lüften; Hierunter ſteckt
ein G.; G., bei den Hutmachern, die (geheim gehaltne)
Beize; G–ſe bei den Grenzſteinen, geheim dabei vergrabne
Ggſtde, daran eine etwaige Verrückung zu erkennen ꝛc.;
Den Stoff ſieht Jedermann vor ſich, den Gehalt findet nur
Der, der Etwas dazu zu thun hat und die Form iſt ein G.
den Meiſten. G. 3, 190; Die G–ſe der Lebenspfade darf
und kann man nicht offenbaren. 218; Außerdem hat das G.
ſehr große Vortheile; denn wenn man dem Menſchen gleich
und immer ſagt, worauf Alles ankommt, ſo denkt er, es ſei
Nichts dahinter. Gewiſſen G–ſen, und wenn ſie offenbar
wären, muß man durch Verhüllen und Schweigen Achtung er-
weiſen. 18, 181; G–ſe heißen eigentlich ſolche Lehren, die
nicht publik werden ſollen; dann aber auch überhaupt dergl.
Wahrheiten, wovon meine Vernunft nicht einſehen kann, wie
ſie möglich ſind, die ſie aber doch aus anderweitigen Urſachen
annehmen ſoll. Kant ph. Rel. 203; „Man hat lange genug
aus Heimlichkeiten das G. gemacht“. Wie verſtehſt du
Das? „Das G. der Freimaurerei .. iſt Das, was der Frei-
maurer nicht über ſeine Lippen bringen kann, wenn es auch
möglich wäre, daß er es wollte“. Aber Heimlichkeiten ſind
Dinge, die ſich wohl ſagen laſſen ꝛc. L. 10, 291 ff.; In des
Waldes G. [Dunkel, Verborgenheit] entflieht mir auf ein-
mal die Landſchaft. Sch. 75a; In Jemandes G. [einge-
weiht] ſein. W. 10, 104 ꝛc.
Anm. Oberd. weibl. z. B. Stumpf 343b. In der
Basler Bibel von 1523 noch als „ausländig“ erklärt durch
„Heimlichkeit, Sakrament“.
Zſſtzg. vielfach, z. B.: Amts-G., das man durch
ſein Amt zu verſchweigen verbunden iſt. Gutzkow R. 9,
110; Sie erfahren .. mehr Kabinets- und Hof-G–ſe. 2,
121, die das Kabinet und den Hof betreffen; Religions-
G.; Das Schul-G. ausgeplaudert. Heine Verm. 1, 47, vgl.:
Aus der Schule plaudern ꝛc.; In der Mannigfaltigkeit
und im periodiſchen Wechſel der Lebensgebilde erneuert ſich
unabläſſig das Ur-G. aller Geſtaltung. Humboldt K. 1, 22;
Welt-G. iſt die Schönheit. Platen 4, 19 [g.-voll die Welt
durchwebend ꝛc.].