Faksimile 0734 | Seite 726
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heilen
Hēīlen, 1) intr. (ſein, haben): heil werden, von
Wunden, äußern Schäden und Gliederverletzungen:
Die Wunde, der Grind, der Ausſchlag, der Biß, der Bein-
bruch heilt leicht, ſchwer, heilt ſchon, iſt geheilt; Das Geſchwür
am Finger, der Finger heilt von ſelbſt; Ich will den Arm
Pharao .. zerbrechen und er ſoll nicht verbunden werden, daß
er h. möge. Heſ. 30, 21; Als mein Bruder Enrichetto da-
ſelbſt von ſeinen Wunden heilte. JvMüller 24, 343 ꝛc.
Dagegen gw.: Das Fiebervergeht, wird vertrieben
durch China ꝛc. und wie es daher auch heißt: Sein Fieber,
ſein Wahnſinn, ſeine fixe Jdee (wie: ſeine Wunde) iſt geheilt
und: Er iſt von ſeinem Fieber, von ſeiner fixen Jdee geheilt
ꝛc., ſo hat man hier das Paſſiv (zu 2), nur durch die
Verbindung mit dem Hilfszeitw. „ſein“ (ſ. d.) ſich
dem Intranſ. nähernd, vgl.: In dieſer Irrenanſtalt ſind
Viele geheilt worden ꝛc. Bei dem eigentl. Jntr. aber
findet ſich auch mit einer Nüance das Hilfszeitw.
„haben“, wenn nämlich nicht der Zuſtand des voll-
ſtändig wieder Heil-ſeins, ſondern das allmähliche Ein-
treten dieſes Zuſtands bez. werden ſoll: Die Wunde
hatte ſchon etwas geheilt, aber du haſt den Schorf wieder
abgekratzt ꝛc. 2) tr.: heil machen und zwar: a) ver-
alt., allgm.: Zerbrochnesganz machen (ſ. Heil I 1 und
vgl. Mühlenarzt): Heilete er den Altar .., der zerbrochen
war. 1. Kön. 18, 30, ſo nur noch zuw. ſcherzh. als
Übertr. von b. b) Jetzt gw. vom Bewirken der Ge-
neſung und zwar nicht bloß (vgl. 1) in Bezug auf
äußre Verletzungen, ſondern auch auf innre Krankheiten
des Leibes und danach übertr. auch auf Geiſtiges (vgl.
d und kurieren), zuw. ohne Nennung des Obj.: Der
Wundarzt heilt Wunden, Beinbrüche, zerbrochne Beine, Ver-
wundete ꝛc.; Der Arzt heilt Krankheiten, einen Kranken,
Einen von ſeiner Krankheit, vom Staar, auf eine Krankheit
[die er bei dem Patienten vorausſetzt], auf ein Übel,
das wir gar nicht haben. Gutzkow Zaubr. 3, 367; Die Arznei
heilt den Kranken, die Krankheit ꝛc.; Das Pflaſter heilt ſehr
gut; Jeſus heilete allerlei Seuche und Krankheit. Matth. 4,
23; Er heilete ihre Kranken. 14, 14; Daß er ſich h. ließe
von den Schlägen. 2. Kön. 8, 29; Der du die Erde beweget
und zerriſſen haſt, heile ihre Brüche. Pſ. 60, 4; Heile meine
Seele. 41, 5; Er heilet, die zerbrochenes Herzens ſind. 147,
3; Bis der Grimm des Herrn über ſein Volk wuchs, daß
kein H. mehr da war. 2. Chr. 36; 16; Gift muß man bis-
weilen mit Gift h. Alexis H. 2, 3, 208; Die Übel der
Menſchheit muß man h., unerbittlich. Börne 2, 36; H. kön-
net die Wunden ihr nicht, die Amor geſchlagen, | aber Linde-
rung kommt .. von euch [Muſen]. G. 1, 247; Zuletzt heilt
ihn | allgegenwärtiger Balſam | all-h–der Natur. 2, 60;
Beſſer wär’s, wenn wir ihn h. könnten, lieber gleich | auf
treuen Rath des Arztes eine Kur | verſuchten, dann mit dem
Geheilten froh | den neuen Weg des friſchen Lebens gingen.
13, 104; Wie den Bezauberten von Rauſch und Wahn | der
Gottheit Nähe leicht und willig heilt. 127; Wenn das Ver-
trauen heilt, ſo heil’ ich bald [ihn]. 165; Sprich es aus, |
ein hohes Wort, das mich zu h. töne. 315; Die Verſtimmung
konnte nicht geheilt werden. 22, 211; Ein großer Schmerz
heilt [macht vergeſſen] einen kleinern. Tieck Cymb. 4, 2;
Blickt ſie erröthend wieder hin | und heilt den erſten Stich
ſogleich durch einen zweiten. W. 11, 164; Den Schmerz ..
durch Mitgefühl zu h. 193; Von dieſer Narrheit wenigſtens
ſollteſt du geheilt ſein. 9, 5 ꝛc. c) (ſ. b) ſo auch refl.:
Sich durch Diät h.; Wir können uns von dem Krebsſchaden
der Vorurtheile vieler Jahrtauſende noch nicht h. Heinſe A. 2,
41 ꝛc., auch (vgl. 1): Ein Schaden, ein Übel heilt ſich von
ſelbſt, wird heil; Fehler der Jugend, die ſich unvermerkt von
ſelbſt h. W. d) zu b: Die Heilung, das L. (5, 305) nur
in dem beſchränkten Sinne von 1 gelten laſſen wollte:
„Heilung kann nur von äußerlichen Schäden geſagt werden“,
während es heute (ſ. auch Adelung) allgm. heißt (vgl.
Heil-Kunde, -Kunſt, -Mittel ꝛc.): Die Heilung des Kran-
ken, des Blinden, des Fieberkranken, des Geiſteskranken; Daß
hier nur von Linderung, nicht von Heilung des Übels die Rede
ſei. G. 22, 95; Soll ihm vielleicht | der edlen Glieder
grauſame Verſtümmlung, | Verluſt, ſtatt Heilung angekün-
digt werden? 13, 315; Ein Fieber, zu deſſen Heilung ſein
Arzt eine Luftveränderung für nothwendig erachtete. Stahr
Rep. 1, 174; Er will durch dies Mittel viele Heilungen
Schwindſüchtiger bewirkt haben ꝛc. Ferner: Der Heiler,
jetzt gw. nur mit einem Zuſatz z. B. des Kranken, des
Übels ꝛc.; früher allgm. = Arzt; ferner = Heiland.
3) (mundartl., veralt.) kaſtrieren, geilen (ſ. d. 2b),
dazu: Der Heiler, ſowohl Einer, der Thiere kaſtriert.
Spate, vgl. Schweinſchneider, Gelzer (ſ. Gelt I, Anm.),
als auch: junges Pferd oder Rind, das verſchnitten
worden und noch nicht oder noch nicht ſeitLangem wie-
der ganz geheilt iſt. Schm.; Milchheiler, ein während des
Abtränkens verſchnittnes Stierkalb. Stalder, vgl. Heil-
bock ꝛc. und Ver-h. (2).
Anm. Goth. hailjan ꝛc. In Bed. 3 nach Adelung
aus „Geilen“ (ſ. d. und vgl. Gelt, Anm.).
Zſſtzg. z. B.: Áb- [1]: heil werden mit Rückſicht
auf das Abfallen des ſich auf Wunden ꝛc. bildenden
Schorfs: Der Grind, die Blattern haben oder ſind abge-
heilt; Die Blattern jucken am meiſten beim A. ꝛc., ſelten tr.
An-, intr. (ſein): heilend anwachſen und tr.: ſo
anwachſen machen, etwas Abgehauenes ꝛc., z. B.: einen
Finger, die Naſe ꝛc. Āūs-, intr. (ſein), refl. und
tr.: vollſtändig heilen: Seine Wunde weiß er auszuküh-
len, | mit Zauberwort die tiefſten auszuheilen. G. 2, 14;
10, 262; Der Schaden wird ſich auch wieder a. laſſen.
vHorn Schmj. 59; Von ſeiner bisherigen Lebensweiſe ſich in-
nerlich auszubeſſern und auszuheilen. Mörike N. 343; Dieſen
Krebsſchaden gründlich auszuheilen. Pz 2, 33; Auszuruhn, |
die Luſt, den Gram der Erde auszuheilen. Rückert (Wackernagel
2, 1566); Als nun von ſeinen Wunden Graf Ulrich ausge-
heilt. Uhland 420; Iſt eure Freundſchaft völlig ausgeheilt |
und zugewachſen oder droht die Wunde, | bald wieder aufzu-
brechen? W. HB. 1, 77 ꝛc. Die gänzliche Ausheilung
aller Wunden, die ein beinahe 20jähriger Krieg dem Staate
geſchlagen. W. 8, 245. Dúrch-: in allen ſeinen Thei-
len aus-h.: Juckt euch der Buckel wieder? Seid ihr ſchon
durchgeheilt? G. 9, 198. Eīn-, intr. (ſein): bei der
Heilung einer Wunde mit einwachſen: Die Kugel iſt ein-
geheilt und tr.: e. laſſen. Ver-: 1) intr. (ſein)
und refl.: heil werden und tr.: heil machen, von
Wunden ꝛc., zu-h., das als refl. minder, als tr. mehr
üblich iſt: Angeſchoſſene und wieder verheilte Elephanten-
zähne. G. 27, 69; Die Nerve, wo der alte Schmerz .. ſich
verheilt hat. Stein 1, 315; Dem Bruch einer Rippe, der
nach einigen Wochen verheilte. Roſenkranz (Prutz DM. 1, 2,
14). 2) [3] wie ähnl. Ausdr. in der ältern Sprache
auch mit Dat., indem als Obj. „die Hoden“ zu er-
gänzen iſt: Ein Rind, ſo ihme nicht verſchnitten, verheilet
oder ausgeworfen wird, nennet man es einen Farren. Ryff
Th. 9; Sp. 61; [Eunuchen], welches Verſchnittene oder Ver-
heilte geweſen. Garzoni 975; Ein Verheiler, ein Beutelſchnei-
der, ein Hodenarzt. ebd., ſ. Gelt I, Anm. Zū-: Ver-
h. 1 und 2. Spate. Zuſámmen-, intr. (ſein):
heilend zuſammenwachſen und tr.: Dies bewirken, auch
übertr.: Z., was gezwieſpaltet war. Goltz 1, 236.