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hehr
Hêhr, a.: von einer das Gemüth mit Ehrfurcht
und heiligem Schauer erfüllenden Hoheit: Jch billige
den Gebrauch des veralteten, aber aus Luther’s Bibel [Pſ.
111, 9, vgl. Luther 7, 207] bekannten Wortes h.; nur,
däucht mich, ſollte es nicht pro lubita ſtatt eines andern ähn-
lichen, ſondern nur als die ſtärkſte poetiſche Farbe in der gan-
zen Schattierung, zu der es gehört (ehrwürdig, ernſt, erhaben,
furchtbar, majeſtätiſch, heilig, h.) und alſo ſehr ſparſam ge-
braucht werden. W. 35, 69; An Wuchs und Antlitz hoch und
h. B. 37a; Das iſt uns heilig, iſt uns h. Claudius 6, 76;
Wie die Sonne h. durchſtrahlt die Welt. Freiligrath Ven. 34;
Gen Himmel blickt’ ich, er war hell und h. G. 1, 4; Unter
dem h–en Himmel, in der ernſtlichen Nachtſtunde. 18, 292;
10, 272; So lang im deutſchen Eichenthale, | Natur, dein
h–er Schauer weht. Matthiſſon 1; Ich ſah noch nie ſolch einen
h–en Kreis [wie dieſe Verſammlung]. Sch. 661b; Den
h–ſten Anblick jedoch gewährte der majeſtätiſche Strom. Seals-
field Leg. 3, 200; O König Karl, mein Bruder h.! Uhland
385; Rings ward den gemilderten Völkern | heilig und h.
die Natur. V. 3, 16; Ehrenvoll und h. Od. 8, 22; Die
h–e melodiſche Göttin. 12, 449; Das h–e Gebild der Mi-
nerva. Ov. 2, 315 ꝛc.
Anm. Ahd., mhd. hêr(i), aus deſſen Komparativ (ahd.
hêriro) ſichchêrro, mhd. hêrre, hërre, Herr (ſ. d. u. herr-
lich) bildete. Ganz veralt. iſt die Bed. froh (z. B. Nibel.
1100; 1474; 1478), die auf Zuſammenhang mit goth.
haisa (Fackel) deutet = ſtrahlend (wonach die gewöhnl. Bed.
wie lat. illustris, er-, durchlaucht ꝛc., von der vornehmen Ge-
burt ausgehn würde, vgl. majeſtätiſch ꝛc.). So findet ſich
bei Mattheſtus noch: Die Fremden ſind „heer froh“ und
nehmen die Propheten mit Freuden auf. Wackernagel 3, 1,
454 Z. 13.
Zſtzg. z. B.: Licht-h., in lichter Majeſtät. B. 70aꝛc.