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hehlen
Hêhlen, tr.: Etwas der Wahrnehmung Andrer,
der es offen ſein ſollte, durch Heimlichkeit oder abſicht-
liches Verbergen entziehn, zuw. ohne Nennung des
Obj.: Soll ich damit zurückhalten und h.? Claudius 7, IV;
Ich kann Ew. kurfürſtl. Gn. nicht h., daß ꝛc. Luther 1, 148b;
Zu grauſam hehlt, im ſchwankenden Gewühl | .. der Zufall,
bei des Lebens Maſkenſpiel, | verwandten Seelen das Erken-
nungswort. Matthiſſon 226; Wiſſt ihr was Gutes, warum
wollt ihr’s h.? Müllner 2, 21; Um ſein Minneſpiel zu h.
Rückert W. 3, 54; N. 36; Beſchlüſſe .., | die man vor uns
zu h. nöthig achtet. Sch. 364a; Du thöricht, unklug Weib! |
willſt dieſe nächtliche Verſchwörung h. Schlegel Rich. II. 5,
1. Auch hehlt’ er ihr noch lange, was er für ſie gewann.
Simrock N. 631; Ich muß .. ausſagen, | was zu h. ich mir
vorgeſetzt. V. Ar. 3, 301 ꝛc. S. Hehler.
Anm. Ahd., mhd. hëlan, hëln (hil, hal, geholn), lat.
celo (gr. χλτω) ꝛc. Zu dieſem Stamme gehören: Hülle,
hüllen, Hülſe (wohl auch Halm), Hölle, hohl, Höhle, Holſter
(ſ. Halfter Anm.), Helm (der deckende) u. ä. m., z. B. auch
das niederd. „Holken und tolken“, ein diebiſches Einverſtänd-
nis haben. Verſch. He(e)len ꝛc., ſ. Hall Anm.
Zſſtzg.: Ent-(veralt.): enthüllen (ſ. d.): Was ſie,
die Kabala, auch kann | entbilden und enth öhlen. Gryphius
Fr. 514. Ge-: ſ. Hall Anm. Ver-: Geſtohlne
Sachen, einen Umſtand, die Wahrheit v.; Seine Miſſethat,
ſein Vornehmen v.; Einem oder vor Einem Etwas v.; Ich
verhehle deine Güte und Treue nicht vor der großen Gemeine.
Pſ. 40, 11; Charlotte, ſo aufrichtig ſie zu ſprechen ſchien,
verhehlte doch Etwas. G. 15, 17; 39, 87; Laß tief in dir
mich leſen, | verhehl’ auch Dies mir nicht. Platen 1, 123 ꝛc.
Auch refl.: Meine Augen ſehen auf alle ihre Wege, daß
ſie vor mir ſich nicht v. könnten. Jer. 16, 17; Verzeihen Sie
es mir, wenn ich lieber aus meinem Herzen ſchreibe, was
darin iſt, wenn es auch nichts Erfreuliches iſt, als daß ich
mich [mein Herz, meine Gedanken ꝛc.] v. ſollte. Forſer B.
2, 159 ꝛc. Ungewöhnl. ſtatt verhüllen von Etwas
als Obj., das der Wahrnehmung nicht offen ſein ſollte:
Die Arme aufwärts hebend und v–d | den nackten Leib mit
modrigem Gewand. AMeißner Gd. 47; ferner von etwas
Unperſönl. als Subj., dem alſo eigentl. keine Abſicht
beizulegen iſt: Das Land wird offenbaren ihr Blut und nicht
weiter v., die darin erwürget ſind. Jer. 16, 17; Schleicht..,
vom dichten Hain verhohlen (ſ. Anm.). ESchulze Roſ. 76.
Dazu: Iſt er dann in Worten kein Verhehler. G. 4,
59, verhehlt er das gethane Gute nicht ꝛc. Verkünd’ ich
es ohne Verhehlung. V. Od. 3, 187; 5, 143 ꝛc.; Die...
einander Herzgedanken Unverhehlenden. Rückert N. 285.
Anm. Das Part. nam. früher und noch alterthümelnd
verhohlen, z. B.: Weil dem Könige Nichts verhohlen
wird. 2. Sam. 18, 13; Auch hätte ſie’s der Mutter .. gern
verhohlen. Simrock G. 391 ꝛc., doch noch allgm. adjektiviſch
= verborgen: Etwas iſt, bleibt verhohlen, z. B. Hiob 15,
18; 28, 21; Pſ. 139, 15; Simrock N. 940; 2308 ꝛc.;
Dein ganzes Weſen lag im tiefen Nichts verhohlen. Brockes 1,
403; Begehrte zu verhohlnen Lüſten ſein. B. 171a; Daß ich
ſo plötzlich und verhohlen | entwichen. Lenau Sav. 10; Die
verhohlenſten Winkel der Natur werden durchſucht. Sch.
692a; Jede Erſcheinung bis zu ihren verhohlenſten Quellen
verfolgen. 6, 696b; auch (vgl. verſteckt) Ggſtz. von offen =
zu Heimlichkeiten geneigt, z. B.: Ihr Gemüth iſt verhohlen
und ihr Blick iſt verſtohlen. Rückert Mak. 2, 153 ꝛc.; Die
Verhohlenheit (ſelten). Nam. oft im Ggſtz.: Mit
dem unverhohlenen Vorwurf der Betrüglichkeit. Droyſen A. 3,
7; G. 6, 95; Sprich unverhohlen. Körner 121b; Sie rühmt
ſogar | ſich ihrer ſchönen Schwachheit in ſich ſelbſt | und zeigt
ſie immer unverhohlner ihm. W. 11, 128; Ein ſchläfriges
Geſicht, das .. nach des Feſtes Schluß ſich unverhohlen ſehnt.
12, 37 ꝛc.