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Haube
Hāūbe, f.; –n; Häubchen, lein; –n-:
Bedeckung des Haupts oder Kopfs:
1) eigentl., von Menschen, vgl. Mütze:
a) von Männern, im Allgem. veralt. und mundartl. z. B. von dem Kopfbund der Priester 2. Mos. 28, 40 (versch. von dem „Hut“ des Hohenpriesters v. 39 u. 4), vgl. Schm. 2, 665 u. 137: H. statt Mütze: Präsident in einem kurzen Gartennachtrocke von weißem Piqué, rothdamastener H., worunter sein graues Haar hervorsieht. Iffland 9, 1, 83; so Manns-, Pudel-, Schlägel-, Schlaf-H., dies Letztre, wie Schlafmütze (s. d.), auch übertr. auf einen Menschen von schläfrigem, nicht aufgewecktem Geist, z. B. vHorn rhD. 2, 156; Schmj. 6 etc. Früher galt so: Doktor-H. (vgl. -Hut u. z. B. bei Keisersberg Narrensch. 2a: Gehaubte oder Häubleins-Narren, studierte); Deckel- oder Haar-H., eine Art Perücke etc. Hochd. üblich so nur noch von einem Theil der Bewaffnung: An den ehernen H–n | der verwundeten Flüchtlinge schnauben | schon die Rosse. Freiligrath SW. 4, 268; Der [altgriechische] Metallhelm besteht aus der H. oder Kappe, Stirn-, Nacken- und Seitenschirmen, Bügel und Helmschmuck. Rüstow gK. 9; [Der Ritter] beginnt dann Stück vor Stück | sich zu entwaffnen, nimmt die H. ab. W. 11, 144 etc., s. namentl. Blech-, Pickel- und Sturm-H. Dahin gehören wohl auch die sprchw. Wendungen: Dem Feind auf die H–n gehen [auf den Leib rücken]. Opitz; Wann ihnen der Herr nicht allezeit auf der H–n und auf dem Gattern sitzt. Garzoni 576a; Gab den Türken auf die H–n [schlug sie]. Nicolai 1, 173; Wenn ihr weiter geht, | .. so haben wir den Kobold auf den H–n. W. 20, 39 etc.
b) allgm.: eine sich dem Kopfanschmiegende Bedeckung des Kopfs beim weiblichen Geschlecht und bei kleinen Kindern: Den Stoīkern in H–en [den Frauen in ihrer Philosophie]. W. 10, 74; Paille Band zu dem Häubchen. G. 9, 293; Mädchen, als du kamst ans Licht, | schmückt’ ich dich im Häubchen | .. dachte dich als Weibchen. 12, 95, mit Hinblick auf die Sitte, daß Jungfraun in Haaren oder im Kranz gehn, Frauen H–n tragen, so: Weil sie als Mädchen sich schlecht aufgeführt hatte und dann mit aller Mühe unter die H. gekommen war. Kinkel E. 98; Ich dächte, du wartest auch noch ein bischen, ehe du es versuchtest in der H. durch die Welt zu kommen. Möser Ph. 3, 45; Habe ich dich .. mit Ehren unter die H. gebracht. Rabener 3, 34; Deiner .. | harrt im Gemach, kranzlos, unter dem Häubchen die Braut. V. 3, 22; W. 15, 118; Unter dem Mutterhäubchen. G. 18, 70 etc. Ferner: Daß es unter ihrer H. [mit ihrem Kopf, Verstand] nicht richtig stehe. W. 19, 332, vgl. von Männern: „unterm Hut“ etc. Als Tracht auch der gewöhnlichsten Frauen zuw. dem Kopsputz, der Koeffüre etc. entgegengestellt: Sobald es ihnen beliebt hat, die H. und Mütze mit einem sogenannten Kopfzeug zu vertauschen. Gedike Du. 20. Zsstzg. hierzu unerschöpflich, besonders in Bezug auf die wechselnden Moden, z. B. nach der Person, für die sie bestimmt ist: Damen-, Frauen-, Kinder-, Weiber-H. etc., nach der Zeit oder Gelegenheit, für welche sie getragen wird: Abend-, Morgen-, Nacht-H., Alltags-, Fest- oder Sonntags-, Haus-, Gesellschafts-, Gala-, Staats-, Trauer-H. etc., nach dem Stoff: Leinen-, Flor-, Taft-, Tüll-H. etc., nach der Verbrämung, dem Besatz, der Verzierung etc., oder der Form oder dem hauptsächlich davon bedeckten Theil (vgl. nam. Schm. u. Krünitz): Aufsatz-, Backen-, Bänder-, Bart- [mit gefälteltem Backen- und Kinnstreif], Boden-, Buckel- (Goldne Bockel-H. Steub DTr. 1, 250), Bund- oder Gatter-, Falten-, Feh-, Flügel- (G. 22, 138), Gugel-, Hirn-, Horia- (Keler gH. 2, 54), Kopf-, Ohren-, Pelz-, Perl- (Kohl Südr. 1, 15), Purpur- (Sir. 6, 31), Riegel- (von Gold und Silber strotzend. Waldau N. 1, 59; Heine Rom. 145, vgl. Schm. 3, 68), Schneppen- (Immermann M. 3, 79, vgl. Weinhold 45b), Spitzen- (G. 20, 213 etc.), Stock-, Strich-, (Niebuhr Nachgel. 10), Zipfel-, Zug-H. u. a. m.
c) zuw. statt behaubte Pers.: Die Haarflechten (s. d.) und H–n [Frauen u. Mädchen] raffen unten am Boden auf. Grube Geogr. 1, 107.
2) mannigfach übertr. auf Dinge von haubenartiger Form od. die Etwas wie eine Haube umschließen, namentl. den obersten Theil von Etwas bedecken, z. B.: Nach Iran will ich ziehn und von dem dunkeln Staube | der Schlacht dem lichten Mond aufsetzen eine H. [ihn in eine Staubwolke hüllen]. Rückert Rost. 12a; Gleichwohl haben sie diesen Stücken ein andres Häublin aufgesetzt, auf daß man nicht merkte, woraus sie gefischt wären [sie anders aufgeschmückt]. Fischart B. 52b etc., vgl. l und verkappen. So namentl.:
a) eine Haut, die einige Kinder bei der Geburt auf dem Kopf haben und die Glück bedeuten soll, Westerhemd; s. Schafhaut. H., Glücks-H., bei Mädchen; Hut, Helm (s. d. 3c), Glücks-Hut etc. bei Knaben, vgl. Glückshaut, frz. coiffe.
b) der oberste Theil des Kopfs der Vögel, namentl. aber der Federbusch auf dem Kopf mehrerer Vögel (s. Holle; Krone 3; Töppel etc.), z. B.: So sträubt der Wiedehopf die H. ernsthaft auf. Tschudi Th. 81, so Hauben-Lerche etc., s. Oken Reg. 178c.
c) bei Bergen die den Gipfel umgebenden Wolken, s. Hut 2b: Das Morgenroth umsäumt des Berghaupts hohe H–n. Rückert 2, 474; Der Mythenstein zieht seine H. an. Sch. 517a etc. Daher auch Eigenn. von Berggipfeln, z. B.: Stroh-, Sturm-H. in Schlesien etc.
d) bei Pflanzen, z. B. der gewölbte Wipfel von Bäumen (Hut): Die [Linde] zerbarst sie klafft mit jähem Spalt | auf von der Wurzel bis zur Splitter-H. Freiligrath Garb. 31 etc., namentl. aber umhüllende Häute, z. B.: Pinienkerne . . huben sich, wie in einem Ei eingeschlossen, empor, warfen aber diese H. bald ab. G. 36, 88. So: H., Kappe, Hut, Moos-H. etc. die kegelförmige Bedeckung der Antheren bei den Moosen (Calyptra): ferner: Wurzel-H., die die Spitze der Pflanzenwurzel bedeckende Hülle abgestorbner Zellenschichten etc.
e) Bauk.: ein Kuppel-, namentl. ein Helmdach, H., wälsche H.
f) der obre, drehbare Theil des Mühlgehäuses an den holländischen Windmühlen, auch Hut.
g) in vielen Gewerben ein über Etwas angebrachtes Dach etc., oft auch „Hut“ genannt, z.B. das Dach über den Pferdegöpeln im Bergwerk, als Schutz des Sparrwerks gegen die Witterung; in den Papiermühlen das kastenförmige Dach über der Holländerwalze, das Spritzen des Zeugs zu verhindern, der „Verschlag“; über den Reverberieröfen das halbkugelförmige Dach zur Verstärkung und Reglung der Hitze; über dem Kessel der Schriftgießer der blecherne „Hut“ in Gestalt eines umgestürzten Trichters zum Ableiten der Dämpfe; der auf den Treibherd aufgesetzte Deckel; bei den Köhlern die oberste Schicht des Meilers etc.
h) Glockengieß.: der oberste gerundete Theil der Glocke, worauf die Henkel stehn, auch „Platte“.
i) an Messern der untre Beschlag, im Ggstz. des obern oder Vorderbündchens. k) am Hammer der oberste Theil in der Mitte, wo das Auge ist, auch ,,Hut“. l) bei den Falknern die dem Vogel zur Zähmung aufgesetzte Kappe. m) bei Jägern u. Fischern haubenförmige Netze, z. B.: H., ein kleines Netz mit Bleikugeln an den 4 Enden. Laube Brev. 261; Die Dachse mit der H. zu fangen. Döbel 2, 139; Mit großen Fischergarnen, H–n, Wurfgarnen etc. 4, 98a. n) der zweite Magen der Wiederkäuer, auch die Mütze, Hülle, das Garn (Rcticulum). o) Holländische H., bei Einigen der Papiernautilus, Nautilus argo, vgl.: Fischweiber-H., eine Muschel, Patella equestris, auch Dragonermütze (s. d.) u. ä. m.
Anm. Ahd. hüba, mhd. hübe, wohl zu „Haupt“ gehörig.
Zsstzg. s. 1a und namentl. 1b, ferner: Bǟr- [2m]: der Fischer, s. Bär IV. Bléch- [1a]: Pickel-H.: Eine B. und einen Spieß. G. 9, 9. Dáchs- [2m]. Fálken- [2l]. Físchweiber- [1b u. 2o]. Glücks- [2a]. Júngfern- [1b]: Droysen Ar. 1, 381. Kanīnchen- [2m]: Laube Brev. 267. Mōōs- [2d]. Píckel- [1a]: beckenförmige Kopfrüstung: Band mir die P. fest. G. 35, 10; Wenn der Helm nur als P., Sturm-H. dienen soll. Rüstow gK. 11; veralt.: Becken-, Beckel(manns)-, Bickel-H. Rāūsch- [2l]: für die wilden erst gefangnen Falken, im Ggstz. der Steck-H. Schnēē- [2m]: zum Repphuhnfang. Stéck- [21]: für die schon abgetragnen Falken.
Strōh-: z. B.: Beim letzten Häuschen, dessen mächtige St. fast den Boden berührt. ALewald 1, 42, so auch: die Bedeckung über die Haufen zur Salpetergewinnung. Stúrm- [1a]: Pickel-H., übertr. [2o] mehrere Arten Schnecken, z. B. Buccinum cornutum, decussatum, flammeum etc., auch eine Art Nachtschmetterling, Phalaena libatrix. Thúrm- [2e]: Tempelchen, dessen wulstige Th. Rosen- kranz. Wólken- [2c]. Wúrzel- [2d]. Schacht B. 107 u. ä. m.