Faksimile 0659 | Seite 651
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erhaben Erhabenheit
II. Erhāben, a. (~heit, f.; –en):
1) veralt. und alterthüml. Form des Partic. von Erheben (s. d.) = erhoben, z. B.: Auf daß wir auch mit zur Herrlichkeit e. werden. Röm. 8, 17 u. o., so auch als Ew., z. B. noch: Das brummende Metall | der hoch-erhabenen Glocken läuten. Brockes (Weichmann 1, 16); Sie schütteln mit erhabnem Arm | das Erz. Hagedorn 3, 192; Und da im Staub vorwärts die anderen Leben hinabschaun, | gab er dem Menschen e–en Blick. V. Ov. 1, 8; Eilend stieg sie herab die e–en Stufen [,,die erhöhete Treppe“ Wiedasch, vgl. 3] der Wohnung. Od. 1, 327 etc.
2) (s. 1) von der Oberfläche hervortretend und darüber hervorragend: Eine etwas e–e Stelle auf der Haut, auf dem Erdboden. So auch: Kleine E–heiten auf der Haut fühlen etc. Nam. aber, wie das fremde „Relief“ in den bildenden Künsten von den mehr oder weniger hervortretenden Figuren: E–e, halb- oder flach- e–e [Basreliēf], ganz- oder hoch-e–e Arbeit [Hautreliēf] etc. Hier seltener die Form mit „o“: Flach erhoben. G. 18, 309; Erhobene, halb oder ganz runde Arbeit. 31, 301; Die Malerei ist eine beständige Lüge und ihre Erhobenheit und Tiefe erkünstelt. Heinse A. 1, 283, vgl.: Das Hohle und das Erhabne, Dunkle und Helle. 22; Sie mögen hohl oder erhoben werden sollen. L. 11, 283; Umstarrt von erhobenen Zeichen ein schwerer | alterthümlicher Krug. V. Ov. 2, 256.
3) (s. 2) von ungemeiner, unermeßlicher, den Geist mit Bewundrung erfüllender Höhe, daher, nur dichterisch und im gehobnen Stil in Bezug auf körperliche Höhe. So wird z. B. der Forstmann einen Baum, der Geograph einen Berg hoch, nicht e. nennen, dagegen z. B. biblisch: E–e Cedern, Berge, Hügel; Ich sahe den Herrn sitzen auf einem hohen und e–en Stuhle. Jes. 6, 1 (vgl. 1: V. Od. 1, 327) etc.; ferner aber heißt z. B. Gott selbst: Der Hohe und E–e; Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir Alles. G. 11, 141; Sie [die Marmorlöwen] sind so groß, daß sie Alles umher klein machen und daß man selbst zu Nichte würde, wenn e–e Gegenstände uns nicht erhüben. 23, 101; Hohe Eichen und einsame Schatten im heiligen Haine sind e. Kant (Über das Gefühl des Schönen und Erhabenen 5); Wir nennen Dasjenige e., was die gewöhnlichen Begriffe übersteigt und das menschliche Gemüth mit Bewunderung erfüllt. Mendelssohn 4, 2, 241 ff., vgl. L. 11, 92; Sch. 1149a; 1220 ff.; Es liebt die Welt das Strahlende zu schwärzen | und das Erhabne in den Staub zu ziehn. 84b etc.; Es erhebt Sankt Peter sein | kuppel- e–es Dach. Platen 2, 235 etc. In diesem Sinn ist die Form mit ,,o“ unüblich, vgl. Stellen, wo das Partic. neben dem Ew. e. vorkommt, z. B.: Hat der Begrabene | schon sich nach oben, | lebend E–e [Christus] | herrlich erhoben. G. 11, 34 etc. Der gott-erhabne Greis [von göttlicher Erhabenheit]. B. 154b etc. So auch: Ihre breiten Gewölbe in weiten Bogen leuchten gleich beim Eintritt E–heit in die Seele. Heinse A. 2, 97; Eine Tollhaus- E–heit. G. 29, 252; Zwischen den Plattheiten Wieland’s und den Uber-E–heiten Milton’s. Gervinus Lit. 5, 183 etc.
4) Über Etwas e. sein, es durch Erhabenheit überragen, also auch: davon als von Etwas tief unter Einem Bleibenden nicht berührt werden: Ich bin über solchen Spott e.; Denke man sich einen solchen Mann, mit rein menschlichen Gesinnungen, stark genug, um unter keinen Umständen davon zu weichen und schon dadurch über die Menge e. G. 21, 262; Er selbst ist nicht über die Ehre e. Sch. 190a; Sich unendlich über ihre Männer e. fühlen. Tieck N. 2, 77 u. o.; Bei aller ihrer E–heit über den groben Materialismus. W. 5, 125 etc. Nur selten findet sich hier auch der Dat. nach „über“, wie bei „hoch“, indem die im urspr. Partic. liegende Bewegung ganz zurücktritt: Interessant und un- endlich über unsern gewöhnlichen Romanen e. Platen 7, 206; Sie sind über diesem Jammer e. Tieck N. 2, 21. Zuw. auch mit bloßem Dativ, nach Analogie von Unerreichbar etc.: So lästern sie diese Menschen, die jeder Verleumdung zu e. sind. 28.