Gunst
Gúnſt, f.; –en (Anm.); -: 1) (veralt.) das Gön-
nen (ſ. d.): Wenn Wünſchen und Gonſt (Anm.) hälfe,
wollte ich ihm gern ein ander Herz wünſchen und gönnen.
Luther 6, 8b ꝛc. — 2) die Erlaubnis, Geſtattung, ſo in
der Formel: Mit G.; Mit G–en, mit Erlaubnis (für
die Bemerkung), ich bitte ꝛc.: Mit G–en, Herr Kaiſer,
Das laſſt nur hübſch bleiben. B. 67b; Ja, mit G., Das iſt
die Art der Alten. Reithard 37 ꝛc.; auch als Entſchuldi-
gung derber Ausdrücke: Der ſo den Scheißkübel (mit G.)
lobete. Garzoni 337a ꝛc. — Ferner Kanzleiſpr.:
Konſens, die zu Etwas ertheilte ſchriftliche Einwilli-
gung, ſ. Gunſtbrief, mit Mz. Günſte, z.B. Amtsgünſte,
vom Amt ertheilte Einwilligung ꝛc. (ſ. Zſſtzg.). —
3) die wohlwollend geneigte Geſinnung gegen Einen,
wonach man ihm alles Gute gönnt und ſein Wohl,
ſeine Abſicht fördert ꝛc.: Beim Volk, bei einem vornehmen
Herrn, bei einer Dame in G. ſtehn; Sich Jemandes G. er-
freuen; Sich bei ihm in G. ſetzen; Aus ſeiner G. fallen;
Hatte ſolche G. unter ſeinen Bürgern, daß ihn Jedermann
Vater hieß. 2. Macc. 14, 37; Danke, daß die G. der Mu-
ſen | Unvergängliches verheißt. G. 1, 98; Es geht die Sonne
mir der ſchönſten G. | auf einmal unter; ſeinen holden Blick|
entziehet mir der Fürſt. 13, 180; Wenn ſie noch ſo ſehr mir
ihre G., mir ihre Zärtlichkeit | mit ſüßen Worten zeigte.
190; Gewöhnlich erwarb ich ihre G., aber nicht ihren Bei-
fall. 20, 238; Aus G. und Nachſicht. 39, 233; Du haſt der
Götter G. erfahren. Sch. 57a; Dadurch | giebt Neigung ſich
ja kund, daß ſie bewilligt | aus freier G., was ſie auch nicht
gebilligt. 425a; 338b; Frauen, durch deren G. und Huld
allein ſie Jenen mitgetheilt werden kann. FSchlegel Luc. 62
ꝛc. — So in der gehobnen Rede auch in Bezug auf
Perſonifikationen: Wenn ihr die G. des Schickſals blüht.
WHumboldt 3, 242; Die dringende Noth verſtattete nicht mehr
die G. der Sterne [vorher: „die günſtigen Konſtellatio-
nen“] zu erwarten. Sch. 977b; Die G. des Augenblicks ..
Der mächtigſte von allen | Herrſchern iſt der Augenblick.
49b; Die G. des Glücks ꝛc. — Während es aber auch in
Bezug auf willenlos Gedachtes, das unſern Zwecken
entſpricht, ſie fördert, ganz gewöhnlich heißt: Wir hat-
ten auf unſrer Fahrt günſtiges Wetter; Wir waren vom
Wetter begünſtigt ꝛc., ſo würde doch der Ausdruck:
Die G. des Wetters ꝛc. eine der gewöhnlichen Proſa wi-
derſtrebende Perſonifikation in ſich ſchließen, vgl. da-
gegen: Sich über die Un-G. des Wetters zu beklagen haben
ꝛc., während Ab-G. und Miß-G. gewöhnl. wiederum
nur vor Perſ. ſtehen. — 4) (ſ. 3) auch oft von par-
teiiſcher Vorliebe: Es geht Alles nach G., nicht nach Ver-
dienſt; Nach G. urtheilen; G. geht vor Kunſt; Eins wie das
Andre wechſelsweiſe mit G. oder Un-G. behandelt. G. 39,
310; Von der Parteien G. und Haß verwirrt. Sch. 319a;
Wenn wahr, ſo ergehe Recht vor G. V. Myth. 1, VI ꝛc. —
5) etwas aus G. (3) Gewährtes, Gunſtbezeugung:
Einem eine G. erweiſen, gewähren; Mancher hatte ſchon
vorher | der geilen Feie G. genoſſen. Nicolai 2, 94; Eine
Mühe, | ein Amt bloß war’s, nicht eine G., | für die ichs vor-
ſchnell nahm. Sch. 339a; Selbſt ihr Widerſtand iſt eine G.
W. 11, 220; Keiner, der ſich nur | der kleinſten G. von ihr zu
rühmen hätte. 12, 13; Die letzte [äußerſte] G. entzückt den
Faun nicht ſo. 257 ꝛc. — 6) der Einem aus Etwas er-
wachſende Vortheil, das für ihn Sprechende, ihm zum
Beſten, zum Nutzen, zur Fördrung Gereichende: Zu
Jemandes G–en auf Etwas verzichten, ſich äußern; Die
ſchmeichelhafteſten Sachen zu ſagen, die ſie zu ihren ſchönſten
G–en auslegen kann. G. 10, 192; 39, 247; Hätte ſich, zu
meiner G., | in kurzer Zeit dein Wille ſo verändert? 13,
351; 314; Seine beiden Säume ſind ſchon dergeſtalt genä-
hert zu G–en des Geſpenſtes [Spektrums] und zu Un-G–en
[zum Nachtheil] des Beſchauers. 39, 338; So kommt ih-
nen die G. der Neuheit zu Gute. 22, 140; Hoffentlich wird
man mir die Abſchrift .. zu G–en [zu Gute] ſchreiben und
für einen Brief gelten laſſen. Platen 7, 63 ꝛc. — 7) veralt.
als Titel: Ew. G–en, vgl. den höhern: Ew. Gnaden.
Anm. S. Gönnen, Anm., veralt. Gonſt, ſ. 1 wie
Gönſtig. Luther 6, 8b. — Bei ältern Schriftſt. masc.,
wie ahd. und mhd. (neben fem.) und in einigen veralt. Bed.
z. B. Eppendorf 81; Ryff Th. 7; Schaidenreißer VIb; Stumpf
79a; 391b; Haſſes oder Gunſts urtheilen. Zwingli 2, 3 ꝛc.
— Dazu auch Mz.: Das Volk nahm dich in ſeine Günſte.
Fleming, vgl. 2. — Übrigens iſt die Mz., außer in den ad-
verbiellen Fügungen: Mit G–en (2); Zu G–en (6) unüb-
lich (vgl. 7), indem nam. für 5 lieber Gunſtbeweiſe ge-
ſagt wird, doch z. B. alterthümelnd im Kanzleiſtil: Mit Hul-
den und Großgunſten omni modo überſchüttet. W.
(Merck’s Br. 1, 291).
Zſſtzg. vielfach mit Hw. (ſ. 3—5), z. B.: Da-
men-G. ſorgfältig zu verbergen. W. 11, 203; Und wärſt
du ſelbſt der Preis und deine Frauen-G. [gewährte
Liebe]. Sch. 420b; Ein Seil, aus drei mächtigen Stricken,
Weiber-, Fürſten-G. und Schmeichelei gedreht. 9, 49;
Herren-G. (ſ. u.) iſt veränderlich wie Aprilwetter; Hof-
G. oder Hofe-G. Logau 2, 5, 65; Alles .. druckſt du aus
durch Muſen-G. G. 6, 73; Von dem Weihrauche der
Parteien-G. ſo betäubt. Gutzkow R. 6, 45 ꝛc.; aber
auch: Herren-G. [2]: Konſens des Gutsherrn an
einen Pächter zur Ubernahme eines Laßguts, d. h. ei-
nes ſolchen, wovon der Herr ihn jährlich gegen Rück-
gabe des Laudemiums entfernen kann und dazu: Herren-
günſtler: der ſo der Gunſt des Herrn abhängige Beſitzer
eines Laßguts. — Ferner mit Vorſ. z. B.: Ab- [3]:
die Abneigung, Entfremdung, wonach man ſich von
Einem abwendet, ſein Intereſſe nicht theilt und nicht
fördert, oft nahe grenzend an Miß-G., die Geſinnung,
wonach man Einem das Gute mißgönnt und ihm zu
ſchaden ſucht, vgl. Un-G.: Geheimen Neid und ſtille A.
Immermann M. 1, 370; Gerechtigkeit entfernt von Zu- und
Gegenneigung, | von Vorlieb’ und Mißlieb’, A. und Gunſt-
bezeigung. Rückert W. 2, 117; Der eure Gunſt nicht ſucht, |
noch eure A. fürchtet. Sch. 558a; So hätten wir die A. des
Stagiriten [vom Heraklit] um ſo mehr zu beklagen. Schleier-
macher 3, 2, 52; Wachſamkeit gegen Gunſt oder A. V. Ant.
1, 166; Zu Einem, der zu ihm ſagte, er wäre ihm miß-
günſtig, ſagte er: Ich wünſchte .., daß ich Etwas in dir fin-
den möchte, das der A. werth. Weidner 189 ꝛc. — Gê-
gen- [3]: Erwidrung der Gunſt: G. erhöhet Gunſt, |
Gegenliebe nähret Liebe. B. 27a; Ihm ihre G. zu gönnen.
Hagedorn 2, 154 ꝛc. — Miß-: ſ. Ab-G. und Mißgön-
nen: Von Gunſt und M. gleich entfernt. Chamiſſo 4, 10;
Neid entſpringt aus Selbſtſucht, M. aus Feindſchaft. Engel
7, 265; M. und Haß beſchränken .. Hingegen Wohlwollen
und Liebe ꝛc. G. 3, 189; An ſeinen Thaten beißt der Zahn
der M. nicht. Haller 86; Beſorgnis vor dem Neid und der
M. des Geſchicks. WHumboldt 3, 7; Die M. nagte | ihm
an der Leber. Ramler F. 3, 7; [Des Königs] Ungunſt muſſt
du laſſen dir gefallen; | doch ſeine M. iſt ein Dämon ſcha-
denfroh. Rückert W. 2, 31; Drum ſieht er jedes Biederman-
nes Glück | mit ſchelen Augen gift’ger M. an. Sch. 519b;
Schelſehende M. 314a; Der Sterne M. W. 20, 185 ꝛc. Zuw.
= Un-G., Mißkredit: Um ſich an den Höfen, an welchen er
gelitten war, nicht in M. zu ſetzen. L. 11, 45 ꝛc. — Un-:
der reine Gegenſatz von Gunſt [3; 6]: Wer Liebe hegt,
ſoll keine U. achten. Freiligrath Ven. 39;. Durch liebreiche
Scheltworte mit ſcheinbarer U. Etwas günſtig zu bezeichnen.
G. 32, 252; Uns durch die U. des Schickſals entzogen.
Guhrauer L. 1, 13; Einen getreuen, weder von Gunſt noch U.
gefärbten Bericht. Prutz Muſ. 2, 269 ꝛc. — Ver- [2]:
Ei, ei! mit V. Chamiſſo 3, 226; Iſſt man denn, mit V.,
ſpaniſchen Pfeffer bei Euch? Xenien 364 ꝛc.; 1. Kor. 7, 6;
Er erlangte nur die V., in der Oſtermeſſe .. ſpielen zu dür-
fen. Devrient 2, 81; Du meinſt wohl ſelbſt, kein V. dazu von
mir zu gebrauchen. Fouqué (Schlegel DM. 4, 113); Bewahre
Jeder die V., | auf ſeine Weiſe toll zu ſein. G. 3, 130 ꝛc.,
vgl. Vergünſtigung. — Mundartl. [5] Carion Mar.
Ther. 1, 64 ꝛc.
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