Faksimile 0647 | Seite 639
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gültig Gültigkeit
Gültig, a. (-keit, f.): Geltung in ſich habend, ſo
beſchaffen, daß gegen ſeine Geltung Nichts einzuwen-
den iſt, vgl. Geltend: G–es Geld; G–e Münze, Entſchul-
digung; Ein g–es Teſtament, Zeugnis; Die geltenden
Vorurtheile mit g–en Beweiſen bekämpfen; Wenn alle Vor-
züge gelten ſollen, Geſundheit, Schönheit . .: warum ſoll der
Vorzug nicht auch irgend eine Art von G–keit [Geltung]
haben, daß ich von einer Reihe tapferer . . Väter entſprungen
bin? G. 10, 191; Daß Gott eine vornehme Frau .. beſtellt
hat, den Segen einer armen ſterbenden Wittwe an ihrem
frommen Kinde g. [in Erfüllung gehn] zu machen. Hebel
3, 304 ꝛc.
Anm. Daneben die Schreibw.; Giltig, vgl. mhd. gëltec
und gültic. S. Schm. 2, 45.
Zſſtzg. z. B.: Áll-: Einen a–en Satz und der auch
allgemein gilt. Sch. 95a. Ällgemein-: Das Geſetz
bekommt nur Heiligkeit durch A–keit und Verbindlichkeit für
Alle. Jahn M. 52. Eben-: (veralt., mundartl.) von
eben demſelben Werth, vgl. Ebenbürtig. Klencke Gſp.
1, 105. End-: in letzter Inſtanz, ohne Appella-
tion geltend: Etwas e. vorſchreiben. Radowitz 140.
Gemēīn-: Die Wirkungen der Geiſtesprodukte ſind für
alle Menſchen in allen Zeitaltern und unter allen Himmels-
ſtrichen g., wenn auch nicht immer gemeingeltend. Fichte 8,
292. Gering-: Schwache und g–e Argumente. Gar-
zoni 160b. Glēīch-: 1) veralt. ſtatt gleichgeltend,
gleichen Werth habend: Zwei g–e Münzen, Wörter ꝛc.
Adelung (ſ. 2). 2) keinen zur Wahl beſtimmenden
Unterſchied in ſich habend: Die beiden Dinge ſind mir ganz
g., ich habe keinen Grund, eins vor dem andern zu
wählen; Wurden beide Namen g. [ohne Wahl] von den-
ſelben Perſonen gebraucht. WHumboldt 4, 317; G–e Sil-
ben, die nach Belieben als lang oder kurz gebraucht
werden können. 3) (ſ. 2) was weder Luſt noch Un-
luſt erregt; deſſen Exiſtenz keine andre Wirkung auf
Einen oder auf Etwas hervorbringt als die Nicht-Eri-
ſtenz; was Einen oder Etwas nicht berührt; worauf es
nichtankommt; unbedeutend, unerheblich ꝛc.: Das iſt hier
ein ganz g–er Umſtand; „Du intereſſierſt dich für ihn“. Im Ge-
gentheil, er iſt mir höchſt g.; Von g–en Dingen ſprechen; Wäre
es mir auch immer g., nur dieſes Mal möchte ich nicht mißdeutet
ſein. Börne 1, 261; Er iſt ſo geizig nach Ruhm, daß es ihm ver-
drießt, daß es g–e Dinge giebt, die nicht ſchänden und nicht ehren.
Leiſewitz J. 23; Was für g–e [g. (4) laſſende] Trauerſpiele
hat man nicht letztlich erſcheinen ſehen, die doch alle von Feh-
lern frei ſind. Mendelsſohn 4, 1, 418; Daß ich .. eine nicht
ganz g–e Figur und. ein Paar niedliche kleine Füßchen hatte.
W. 2, 153 ꝛc.; Das anfänglich nur auf G–keiten [g–e
Dinge] fallende Geſpräch. Enſe (Rahel 1, 14). 4) (ſ. 3)
von Perſonen, deren Intereſſe entweder im Allgemeinen
nicht rege iſt oder von einem beſtimmten Gegenſtand
nicht erregt wird: Der Tadel iſt mir nicht g. (3); Ich bin
gegen den Tadel nicht g. ꝛc.; Die G–keit war ihnen immer
unmöglich, ſie müſſen ſich haſſen oder lieben. Börne Frz. 42;
Keine ſtolze ſtoīſche Unempfindlichkeit, nichts G–es gegen den
Schmerz. Forſter B. 1, 385; 478; Mit einer angenehmen
G–keit [Gleichmuth] ſaß er [auf dem ſich ſcheuenden Pferd].
G. 9, 48; Eſau iſt ruhig und g. über die Erſtgeburt. 20,
164; Das Betragen des Stolzen gegen Andere iſt g. und
kaltſinnig. Kant SchE. 94; An die Ewigkeit unglaublich, für
ſpäten Ruhm g. JvMüller 1, 158; Die Sueven wollten
Friede und Freiheit, um Anderes waren ſie g. 401; Zur Be-
friedigung ſeines Ehrgeizes über Recht und Unrecht ganz g.
522; Sie kennen ſeine G–keit gegen das Geld, hier wurde
ſie zur gänzlichen Unempfindlichkeit. Sch. 744b; Weil er kei-
nen ſtummen g–en Zuſchauer abgeben wollte. Tieck 4, 17;
Ihr ruhiges, g–es Geſicht. W. 11, 192; Die tiefe G–keit,
worin mich alle dieſe Reizungen ließen. 5, 30 ꝛc. Lánd-:
in einem Lande gültig. Múſter-: ſo beſchaffen,
daß es als Muſter gelten darf, klaſſiſch. Gutkow R. 3,
233; Jahn M. 226 ꝛc. Nāch-: (veralt.) niedrig,
werthlos. Eppendorf 64, ſ. Friſch 1, 382c. Un-:
Ggſtz. von Gültig: Ein Teſtament für un-g. erklären ꝛc.,
und mehr mundartl. dafür: Alſo wurde Alles verun-
gültiget. JvMüller 24, 359. Vóll-: dem vollen
Werth nach geltend ꝛc.: Büßen des Raubs v–e Buße. V.
Od. 12, 382 ꝛc. Artill.: V–es Stück, das am Boden
überm Zündloch die kalibermäßige Stärke hat, Ggſtz.
Kleingut. Vōr-: (ungewöhnl.) vor Andern gel-
tend ꝛc.: Den Vorzug und die V–keit vieler beſtehender Sprach-
formen vor den verſchollenen. Wurm Wörterb. 1, XXIIl.