Faksimile 0646 | Seite 638
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gucken
Gúcken, intr. (haben): ſehen: 1) die Augen
ſcharf auf Etwas richten, um es zu erblicken, aus Neu-
gier, Sehnſucht ꝛc.: In eines jeden Bürgers Topf g. Forſter
A. 1, 110; Man fragt, guckt, geht zu Gefallen, wartet. G.
9, 286; Nach den Käſemüttern und ihren Brillen geguckt.
379; Guckt dumm [ſtarrt] auf den Kompaß. Nicolai 1, 9;
Das Schlängelchen guckte, den Hals gebogen, | in das Innre
des Baues. Rückert N. 172; Das ſchwatzt und guckt und iſt
artig. Tieck N. 1, 31; Wie that er ſchön, wie guckt er grell!
V. 3, 150; Er guckt voll Verlangen. W. 11, 7; Sie guck-
ten durch eine Zauberbrille. 24; Pervonte guckt noch immer
nach dem Orte, | wo Nichts mehr iſt. 12, 10; Gelauſcht,
geguckt und ach! Amanden nicht geſehen! 20, 285 ꝛc.
Sprchw.: Zu tief ins Glas g. G. 32, 248; Stilling 3,
171; V. 4, 54 = ſich betrinken. Auch tr. u. refl. mit An-
gabe der Wirkung: Schieläugig guckt’ ich harrend mich. V.
Ar. 3, 65; Man kuckt (Anm.) ſich blind in der Dämmrung.
V. 1, 97; Wenn wir uns die Augen aus dem Kopfe g. W.
22, 385 ꝛc. 2) auch von Nicht-Perſonen (perſonif.):
hervorſehen, ſichtbar werden: Der leibhafte Hunger guckt
ihm aus den Augen. Miller Siegw. 53; Wie lieblich kuckt
(Anm.) die bläuliche Flachsblüthe aus dem Grün! Tieck
NKr. 5, 86; Der Vollmond kuckt (Anm.) ſo grell | aus
den krauſen Wolken. V. 3, 103. S. Hervor-G. ꝛc.
Anm. Ableitung fraglich; der Anlaut ſchwankt zwiſchen
G. und K., ſ. die Belege aus Tieck und V. in 1 und 2, fer-
ner z. B. Kucken: Immermann M. 1, 34; Luther 8, 89a
und ſo in der Bibel (ältre Ausg.); Schottel 1117a; Tieck 16,
367; N. 4, 5; NKr. 2, 33; V. Br. 1, 219; Zelter 2,
375 ꝛc., ſ. auch Zſſtzg., nam. Auf-g. (Anlaut j). Nbnf.
Gutzen. Schm. 2, 89; Der Teufel gutzt herfür. HSachs
(Wackernagel 2, 89 Z. 26); Kieken. Brem. Wörterb. 2,
767 ff. (doch auch Köken, z. B. Luther 5, 296b; 6, 317b),
und „Kiekeln“, mit halb zugekniffnen Augen nach Etwas
ſehn. Zu beachten ſind einige imperative Hw. z. B.: Daß
ſolch ein Mann ſpielt Bu-guck-hie. V. Sh. 3, 178, ſ.
Bu 3 und Kuckuck 1. Der Guck-in-die-Welt: Be-
zeichnung eines jungen unerfahrnen Menſchen; Du 18jähriges
Küchlein! ſchnippiſches Kuck-in-die-Welt! V. 1, 37;
Ein luftiger Kiek-in-die-Welt. Auerbach Gv. 440; Einem
jungen unerfahrnen Kiek-in-die-Welt von Käterchen. ETAHoff-
mann Kater Murr (l858) 5; Die jungen Kieks-in-die-Welt.
Wickede SoldFr. 1, 20; Hans Kiek-in-die-Welt’s Reiſen in
alle vier Welttheile. Leipzig und Gera 1796. Der Guck-
in-den-Topf: Topfgucker. Der Guck-übern-Zaun:
eine hochwachſende Kohlart. Der Guck-durch-den
Zaun: Gundermann, Glechoma hederacea. Der Guck-
aus: Ausguck ꝛc. S. Brem. Wörterb. 2, 768. S.
auch Kikriki, Anm. und kuckucken 1.
Zſſtzg. ſ. die von ſehen, z. B.: Áb-: tr.: Was ich
alter Knaſterbart an Ihnen abgucke, iſt juſt kein Freſſen für’s
junge Mädchen. Sch. 183a; Wie er räuſpert und wie er
ſpuckt, | Das habt ihr ihm glücklich abgeguckt. 322a ꝛc.
Án-: tr.: Aus ’n paar andern [Geſichtern] kuckte mich der
[Teufel] leibhaftig an. Claudius 3, 23; Guckt mit glü-
hendem Aug dich an. V. 3, 104 ꝛc., vgl.: Kiekt mich an.
Prutz DM. 1, 2, 296 (Ernſ). Āūf-: Niklas juckt jetzt
vom Ort auf. Wackernagel 3, 2, 853 Z. 16 ꝛc. Āūs-:
1) intr.: Zum Fenſter a. ꝛc. V. Ar. 3, 273. 2) tr.:
Jch guck mir faſt die Augen aus. Heine Lied. 78. Be-:
tr.: Die ſeidenen Buben beguckten mich von vorn und hin-
ten. Ich dacht, guckt ihr! G. 9, 58; 20, 58; Bekuckt’ ihm
Naſ’ und Augen. V. 1, 153. Dúrch-: Die Bogen ent-
ſprächen nicht denen des gothiſchen Gebäudes, das überall
ſchief durchguckte. Heinſe A. 1, 41. Hêr-, Hín- ꝛc.:
Über dem Hingucken nach uns das Futtern vergeſſen. Forſter
R. 1, 224. Bei jenen Apoſtoliſchen kuckt oft ’was wie
ein Affe aus den verbrämten Gewändern heraus. Tieck N. 2,
29; Da kuckt er zum Fenſter heraus. V. Sh. 3, 444 ꝛc.
Kuckten ins Schlüſſclloch hinein. Claudius 3, 8; Da guckt ich
der Eule ins Neſt hinein. G. 11, 173; Solche Werke ſind
Spiegel; wenn ein Affe hineinguckt, kann kein Apoſtel heraus-
ſehen. Lichtenberg 3, 479; Kuckt in die Fluth hinein. Tieck
16, 133 ꝛc. So frech herübergucken. G. 6, 157.
Guck nicht gleich in alle Ecken herum. Grimm M. 115.
Überall guckt hinter den ſchönſten Rednerkünſten nur Eigennutz
hervor. Forſter B. 2, 484; Hübſche Örter, die mit ihren ..
Häuſern .. unter dem Schnee hervorguckten. G. 14, 220;
Wo Paläſte zwiſchen den grünen Bäumen hervorguckten.
Stilling 3, 22; Kuckt eine ſchöne Urne aus dem Gebüſche her-
vor. 4, 216 ꝛc. Nāch-: Einem n.; Die kuckten nach,
wenn Alles geſchehen war. Immermann M. 4, 236.
Úm- intr. und refl.: Wenn du umguckſt und eine Patſch-
hand giebſt. Auerbach D. 4, ...; Sich um-g. Ver-:
rcfl.: Sich v., ſich beim Gucken irren; Eh’ ich mich ver-
guck [verſehe]. Auerbach D. 1, 252; Sich in Einen, in Et-
was v. [verlieben]. 7; Bodenſtedt 2, 380; Mörike N. 67
ꝛc. Vōr-: Bändchen, das hinten am Halſe vorguckte.
Gutzkow R. 5, 44; Es guckt auf allen Seiten | das Zahn-
fleiſch durch die Schnauze vor. Lichtwer 124; Dort kuckt ſie
[die Geldkatze] vor. Werner Febr. 191 ꝛc. Wég-: Dar-
über guckt man bei euch Weibsleuten weg. Sch. 183b.
Zū: Steht ihr da, guckt ihr zu! G. 34, 284 ꝛc.