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Greifen um-greifen um-greifen
Grēīfen, griff, gegriffen: 1) tr.: Etwas zu-
nächſt mit geöffneter und dann geſchloßner Hand, Klaue
ꝛc. faſſen und feſthalten: Die Katze greift Mäuſe, der
Windhund Haſen, der Häſcher Diebe; Einen Vogel mit der
Hand g.; Einen am, beim Kragen, an der Hand (Stilling 1,
25), bei den Haaren (Uhland 394) g., häufiger er-g., packen,
faſſen, verſch.: Einem ans Haar, Kinn g. (ſ. 2b). a)
Ihr Loos aus dem Glückstopfe g. [ziehn]. Engel 7, 164;
Etwas aus der Luft [ſ. d.] g. ꝛc.; ohne ſolchen Zuſatz des
Woher ugw. von bewegungsloſem Obj.: Sie ler-lgriff
mit der Hand den Nagel. Richt. 5, 26 ꝛc., doch (ſ. 2a):
Cis auf der Violine g. ꝛc. Die Zahl iſt wohl kaum zu hoch
gegriffen [angegeben, als eine „heraus“-gegriffne] ꝛc.
b) Etwas mit Händen g. vpn Dem, was unmittelbar
und ſtark in die Sinne fällt, ſo daß man dafür des
leiblichen oder geiſtigen Auges nicht oder kaum bedarf
(ſ. handgreiflich). Sch. 328a ꝛc.; So finſter, daß man es
g. mag. 2. Moſ. 10, 21; Ein Nebel dick zum G. W. 11,
98ꝛc.; Etwas mit dem gröbſten Handſchuh, mit Pelzhand-
ſchuhen g. können. Gotthelf Sch. 96; 266; U. 2, 209; Das
wohl eine Kuh oder Sau mit ihren Klauen an der Wand g.
möchte. Luther 6, 9a; 316b; Daraus ja alle vernünftige
Leute g. mögen, daß ꝛc. 8, 17a; 251a. Auch refl.: Es
(ſ. d. 7) greift ſich doch mit Händen, daß ꝛc. W. 24, 98.
Vgl. Be-g. Zuw.: Hand-g–d die Sach und die Urſach.
Baggeſen 1, 39, vgl.: Daß Hofrath Stromer oft von den Dis-
kuſſionen .. handgegriffene Spuren davontrug. Gutzkow R. 9,
189. c) Platz g., vgl. Wurzel faſſen: eine feſte Stelle
gewinnen, ſich behaupten. Burmeiſter gB. 2, 193; W. 22,
e. 2) intr.: a) abſolut, mit leicht ergänzbarem
Obj., z. B. vgl. 1c und Faſſen 12 —: Keins von
dieſen Argumenten wollte bei ihm g. G. 20, 101; Hätte
Caſtel’s Widerſpruch damals gegriffen. 39, 334; Die glück-
lichſten, heiterſten Ereigniſſe .. konnten nicht g., viel weniger
der traurigen Stimmung eine andere Wendung geben. 22,
293; 21, 25; 29, 367; 300 ꝛc., vgl. Durch-g.
Ferner: Auf dem Klavier falſch [eine falſche Taſte] g.; Die
falſch g–den [ſingenden] Baroneſſen. Gutzkow R. 9, 78 ꝛc.,
vgl. Fehl-g. Zu weit g. Ap. 26, 21, vgl. über-g.
und d. Im Partic.: Von den weiteſt-g–den [ſich er-
ſtreckenden] Folgen. Immermann Schr. 12, 9 oder gw.:
Eines der weitgreifend ſten Probleme. Guhrauer L. 2, 16 1 ꝛc.,
ſ. Aus-g. 1. Haben Hände und g. nicht. Pſ. 115, 7;
G. ſpielen (ſ. Greif 3) ꝛc. Mit Präpoſ., z. B.: b)
Einem an die Hand, den Puls, das Kinn g., faſſen; Einem
an die Ehre, Krone g., zu nah treten, die Ehre kränken;
Wie mir’s ans Herz greift! [mich ergreift, rührt]. Sch.
558a; Die Schuld des böſen Fiebers, | das ganz erſtaunlich
an die Nerven greift. 281a; Stufenweiſe ſeien ſie .. bis zu
dieſem Angriffe geſtiegen, in Kurzem würden ſie auch an
die noch einzig übrige Perſon des Kaiſers g. 898a, ſ. an-g.,
antaſten. c) Auf den Boden g. Engel 12, 127 ꝛc.,
greifend dahin kommen; Einem aufs Wams g. Muſäus
Ph. 2, 195, ihn prügeln. d) In die Börſe [hinein-]g.;
Tiefer in die Taſche g. Prutz Muſ. 1, 89; In den eignen
Buſen g.; Er greift in meine Seele. Sch. 278b (ſ. b); Ins
Rad g. [ein-g., um es aufzuhalten]; Den Pferden in die
Zügel g.; Einem ins Handwerk, ins Amt g., fallen, ſ. ein-
g., über-g. und Eingriff ꝛc.; In einander g. (ein-g.),
wie die Theile einer Maſchine in Zuſammenhang und
Wechſelwirkung ſtehn. Sch. 327b u. o., ſeltner: Men-
ſchenleben und Handeln greift aus Einem ins Andre. G. 10,
88. e) Nach Etwas g., es zu g., zu er-g. ſuchen;
Nach dem Schatten g. Sir. 34, 2; Da griff ich erſt nach
meiner Pfeife | und dann nach meinem Fuß. Pfeffel. f)
Sich aneinanderzureihen oder vielmehr übereinanderzugreifen
genöthigt. G. 40, 419, ſ. d. g) Um ſich g., mit reißen-
der Schnelligkeit ſich weiter verbreiten und ausdehnen,
meiſt von etwas Schlimmen. G. 19, 396; 22, 231;
39, 234 ꝛc. h) Einem (ſelten: Einen. Forſter R. 1, 17)
unter die Arme g., ihn unterſtützen. i) Zu Etwas g.,
es nehmen, wählend (Sir. 15, 16) oder um es anzuwen-
den: Zur Feder, zum Pinſel, zum Degen, zu einem Mittel,
zum Äußerſten g. ꝛc. G. wir ernſtlich dazu [es an]. G. 5,
211. k) Ihm zwiſchen die Zähne zu g. Hiob 41, 4 ꝛc.
Anm. Goth.greipan, ahd. grifan, gagrifan ꝛc., ta-
ſtend berühren. S. Grabbeln, Grapſen ꝛc. Veralt. Impf.
greif. Stumpf 427b; ergreif. 544a ꝛc. S. auch Greif3.
Zſſtzg. z. B.: Áb-, tr.: 1) durch Greifen ab-
nutzen: Den abgegriffnen Hut. W. 12, 9; Las er in den ab-
gegriffnen Blättern. Auerbach Dicht. 2, 141, vgl. ver-g. 3.
2) greifend ab- oder wegnehmen: Worte ſchienen ihm
ſo lediglich von der Oberfläche abgegriffen oder abgehört.
Heinſe Körte 1, 327. An-: 1) tr.: a) eig.: Etwas
a., zugreifend es anfaſſen, anpacken, verſch.: es er-g.,
angreifen und feſthalten, packen: Etwas mit den Händen,
Zähnen, der Zange a.; Wer Pech angreift, beſudelt ſich; Ein
durch das viele A. ſeifenglatt gewordenes Tau. Gutzkow R. 4,
155 ꝛc. Veralt.: Einen Miſſethäter a. Adelung, ſtatt er-g.
b) Ein Werk ꝛc. a., Hand anlegen, daran gehn, es
anſangen, beginnen: Etwas Ungewöhnliches zu unterneh-
men, hatte ich zwar Verwegenheit genug .., allein es man-
gelte mir die Handhabe, es anzugreifen und zu faſſen. G. 20,
196; Etwas ernſthaft (33, 185), recht, falſch, verkehrt, am
rechten, falſchen, verkehrten Ende a.; Nicht wiſſen, wie man
es a. ſoll; Da galt’s, die Kinder zu ernähren; | ſie griff es
an mit heiterm Muth. Chamiſſo 3, 62; Was er angriff, hatte
Fug und Schick. Höfer V. 64 u. o. Auch ohne Obj.:
Hand anlegen, thätig ſein, ſich rühren: Wilhelm griff
ſelbſt mit an, half die Perſpektive beſtimmen. G. 16, 192;
Greift an! macht, daß ein Ende wird. Sch. 337a ꝛc. c)
Etwas, was. unberührt, unverletzt bleiben ſoll, a., Et-
was davon nehmen: Ich muß mit den Zinſen auskommen,
das Kapital darf ich nicht a.; Ihr Geld und verſchiedene Zeuge
geſchickt; das erſte hat ſie nicht angegriffen, die andern liegen
auch noch da, unberührt. G. 15, 30; Fremde Gelder a.;
Einen Vorrath a. ꝛc. d) (ſ. c): Etwas greift Einen an,
ſchwächt, verletzt ihn, mindert ſeine Kraft, ſchadet ihm:
Sich von der Anſtrengung ſehr angegriffen fühlen; Die Krank-
heit hat ihn ſehr angegriffen; Kleine Schrift greift die Augen
an; Nur werden die Operiſten zu ſehr angegriffen oder abge-
griffen. Zelter 3, 28; Kein freier Mann ſollte .. an Freiheit
und Leben angegriffen werden. G. 39, 72 (ſ. e) ꝛc. Auch
ohne Obj.: Dieſe Rolle greift ſehr an [den Schauſpieler];
Ein ſehr a–des Amt; So durchdringend und a–d kalt iſt es.
G. 14, 240 ꝛc. e) Einen a., gegen ihn in feindlicher
Abſicht, um ihn zu ſchaden, anrücken; ihn anfallen:
Den Feind muthig a.; Die Feſtung a.; Als Räuber die Rei-
ſenden auf offner Straße a.; Die Hunde greifen den Eber an;
Einen mit Worten a.; Einen auf, bei der ſchwachen Seite,
im Rücken, hinterrücks a.; Einen an, bei der Ehre, im Punkt
der Ehre a.; zuw. von mehr oder minder perſonif. Sachen:
Daß ein rauſchendes Waſſer, auf irgend eine Stelle ſich hin-
werfend, das lockere Erdreich gewaltig angegriffen, fortgeriſſen
ꝛc. G. 19, 183; Kant 9, 15. Veralt. ſtatt er-g. (ſ. a):
Das Feuer griff ſogar die Kirche an. Adelung; Von einer
Krankheit angegriffen werden (ſ. d). Derſ. Auch hier
zuw. ohne Obj.: Der Feind griff ungeſtüm an; Der a–de
Theil und wortſpielend: Der Knecht | greift nicht gern an
zum Gefecht; | Andres als den Melkekübel | anzugreifen,
ſteht ihm übel. Rückert Morg. 1, 132. f) dichteriſch:
Ein Pferd von dunkler Farbe greift viel feuriger | den Boden
an. G. 13, 391, vgl. Aus-g. und Griff 5b. g)
Bergb. (ſ. b): Einen neuen Stollen höher a., anlegen.
2) refl.: aufs äußerſte ſich anſtrengen; alle Kräfte
aufbieten; alles nur Mögliche, ſein Beſtes thun (vgl.
1c): Sie konnte | faſt nicht reden, doch griff ſie ſich an und
ſagte mit Schmerzen. G. 5, 192; Wollten ſich ſehen laſſen, |
thäten ſich a. über Vermögen. Sch. 327b ꝛc. Āūf-: 1)
tr.: das im Wege Liegende oder Entgegenkommende,
ſich Einem Darbietende aufnehmen, ergreifen, auffan-
gen: Ein Schriftſteller nimmt den fallengelasnen Faden
an beſtimmter Stelle wieder auf; Was wir oben von der
Lehre des Roger Bacon mitgetheilt, die wir bei ihm aufge-
griffen haben, weil ſie uns da zunächſt im Wege lag. G. 39,
151; 19; Ein ſchwediſcher Transport ... Den griffen die
Kroaten mir noch auf. Sch. 331a; Der Nachtwächter hat Sie
aufgegriffen, die Scharwache hat Sie abgeliefert. Benedir 5,
259. Auch zuw. ohne Obj.: Da greif ich muthig auf,
es wird | die Kohle zum Gewehr. G. 2, 174. 2) intr.,
ſ. 1: weidm.: Der Leithund greift ſcharf auf, hat die
Naſe dicht auf der Fährte, zeichnet. Āūs-: 1)
intr. [2a]: Platz greifend ſich ausſtrecken, ſich aus-
dehnen: In gerader Linie wird der Fuß hinten a. Engel 7,
190; Dieſer weit a–de Wanderer [Marko Polo]. G. 4,
286; Weit a–de Werke. 27, 250; Die weit a–de Schwarz-
pappel. Tſchudi Th. 41 ꝛc., namentl. von Pferden: aus-
ſchreiten: Gab dem Pferde die Sporen, daß es wild aus-
griff. Hartmann Unſt. 2, 312 ꝛc. 2) tr.: a) greifend
auswählen: Ich wußte wohl, wen ich mir zum Fürſprecher
ausgriffe, aus. Allen dich! G. 18, 99. b) Wenn ſie gern
jedes Huhn a. [betaſten], ob’s bald ein Ei legen will. Auer-
bach Gv. 33. c) durch vieles Angreifen ausweiten,
aushöhlen ꝛc.: Ausgegriffne Thürklinke. Be-: 1) tr.:
a) meiſt veralt.: greifend berühren, befühlen, betaſten.
1. Moſ. 27, 12 ff.; Heſ. 23, 3 ſſ.; Unbegriffne Jungfer.
Mühlpforth 2, 18 ꝛc. So noch: Hühner b., aus-g. (ſ.
d. 2b); Fleiſcher b. das Vieh; B. (d) Sie das nicht? Sie
haben Recht, da iſt Nichts zu b., lauter eingebildete Reichthü-
mer. L. 12, 150. b) veralt.: er-g.: Einen bei der
Hand b. Schaidenreißer 9b; Wann du beide Enden begriffen
hätteſt. Zinkgräf 1, 297 ꝛc., auch: ertappen: Dies Weib
iſt begriffen auf friſcher That im Ehebruch. Joh. 8, 4 u. v.;
vgl.: Hatte mich die Nacht ſchon begriffen [übereilt]. Ber-
lichingen 164 ꝛc. c) umſpannen, umfaſſen, einſchlie-
ßen: Wer begreifet die Erde mit einem Dreiling? Jeſ. 11,
12; Ein Maß von 30 Ellen mochte es umher b. 2. Chr. 4,
2; Alles, was darin begriffen iſt, entwickeln. G. 39, 312;
79 ꝛc. Verſtärkt: Weil ich in dir, der iſt, bin ewig in-
begriffen. Rückert W. 2, 72; Den Handlungskontrakt, in den
Biderthal jetzt einbegriffen wurde. FHJacobi 5, 7; Das ko-
ſtet, die Speſen mit-einbegriffen, hundert Thaler ꝛc.
Ferner: Sie begriffen ſo viele und mühſame Arbeiten unter
Dem, was ſie ihre Pflicht nannten. W. 7, 114 [darunter
zuſammenfaſſen]; Derjenige, ſo zuerſt das Frauenzimmer
unter dem Namen des ſchönen Geſchlechts begriffen hat.Kant
SchE. 48 ꝛc. Veralt. auch = in Worten, in Schrif-
ten verfaſſen, ausdrücken: Das hat Hugo wollen kurz b.,
da er ſagt ꝛc. Luther 6, 383a; 5, 17a; Zinkgräf 1, 212
u. o., ſ. Begriff 3. d) namentl. oft übertr.: Etwas
geiſtig faſſen, einſehn, in ſeinen Gründen erkennen (ſ.
Begriff 4): Solches Erkenntnis iſt mir zu wunderlich und
zu hoch, ich kann es nicht b. Pſ. 139, 6; Die Eigenſchaften
eines Dinges darlegen, ſie auseinanderlegen, das heißt: ein
Ding b. Burmeiſter gB. 1, 176; B. heißt ein Denken an ein
andres anknüpfen, das erſtere vermittelſt des letzteren denken.
Fichte 4, 182; Zu kurzſichtig, mein Ganzes auszureichen; zu
kleingeiſtiſch, mein Großes zu b. Sch. 102b; Was er Glau-
ben nennt, iſt .. mit einem Worte nicht B., ſondern Er-g.
Deſſen, was nicht begriffen werden kann noch ſoll. W. 18, 288;
Ich verſtehe dich ſehr wohl [weiß, was du willſt], aber ich be-
greife dich nicht [das Warum]; Wir b., daß ꝛc.; auch ohne
Obj.: Leicht, ſchwer b.; Anders, | begreif’ ich wohl, als ſonſt
in Menſchenköpfen | malt ſich in dieſem Kopf die Welt. Sch.
e) In einem Thun oder Zuſtand begriffen ſein, zur Zeit, gleich-
ſam als ein davon Ergriffner, mitten darin ſein: In voller
Thätigkeit, im Werden, im Wachsthum, in der Auflöſung,
Zerſtörung, im Ausbau, in (über) einer Arbeit, im vollen
Marſch, auf dem Marſch, auf dem Rückweg begriffen ſein ꝛc.;
Hier war der hohe Schwung, den Phanias zu nehmen | be-
griffen war, gehemmt. W. 3, 21, ſ. 2d und Begriff-1.
2) refl.: a) mundartl.: ſich an Etwas greifend feſthal-
ten, um nicht zu fallen: Daß .. er, an den Zweigen ſich
b–d, wie Abſalom eine Zeit baumelte. Milarch Huſar. 100.
b) ſich faſſen, ſich ſammeln, zu ſich ſelbſt kommen:
Hier begriff er ſich noch, riß den Geldbeutel mit Heftigkeit zu
ſich und ging davon. Engel 12, 257. c) (ſ. 1d): Etwas
begreift ſich [iſt zu begreifen] leicht, ſchwer, kaum ꝛc.; So
begreift ſich die Geſchichte der Farbenlehre. G. 39, 10; Läſſt
ſich leicht b., daß ꝛc. Lichtenberg 4, 270 u. o. d) veralt.
(ſ. 1e): Sich mit Etwas b. Luther Br. 5, 358 = ſich da-
mit beſchäftigen (vgl. ſich befaſſen). Dúrch-: intr.
(haben): hindurch-g., z. B. durch eine Offnung; auch:
ſo verfahren, daß man durchdringt, kräftig und ent-
ſchieden, nicht oberflächlich ꝛc.: Er greift durch den gleiß-
neriſchen Anſud durch, bringt den innern Gehalt auf die
Probe. Muſäus Ph. 2, 207; Es ſoll Etwas geſchehen, was
ihm [dem Schickſal] recht iſt, uns nicht recht ſcheint und ſo
greift es zuletzt durch. G. 15, 275; In d–der Rührung. 18,
276; D–de Maßregeln ꝛc. Eīn-: intr.: 1) [2d]:
Das Getriebe, darin wir bloß als mitwirkende, getriebene,
treibende Räder e. Chamiſſo 4, 296; Mit Nichten wär es
weiſe, | mit übereiltem Rathſchluß einzugreifen. 77; In eine
Unternehmung e. G. 17, 271; In den Plane. 18, 87; 33,
42; Spangen .., e–d mit ſchön gebogenen Häklein. V. Od.
18, 294. Selten = ins Wort fallen, z. B. Hippel
Leb. 1, 515 ꝛc. 2) [2d] Einem, z. B.: Dem Henker
(Alxinger D. 155) e., ins Amt; Der Erden Augenſchein|
greift an der Majeſtät dem blauen Bogen ein. Scultetus, Und
dazu: Für „Einem in Etwas e.“ ſagen wir itzt weit matter:
Einem in Etwas Eingriff thun. L. 8, 285, vgl.: Des Ze-
non’s Schulgeſchwätze | ſchreibt uns nicht vor Geſetze, | greift
der Natur nicht ein. SDach (WMüller Bibl. 5, 151), vgl.
vor-g. 3) weidm., vom Hirſch: die Fährte deut-
lich eindrücken. Er-: tr.: [1] mit einem Griff
faſſen (ſ. d. 4; 6) und halten, eig. u. übertr.: 1) mit
perſönl. Subj.: a) Etwas mit den Händen, Klauen e.;
Den Hammer beim Stiel, Einen beim Schopf e.; Einen auf
friſcher That, über der That e. ꝛc. Auch: Ich kann’s vom
hohen Thurmgeſchoß | mit Blicken nicht e. G. 1, 151; Et-
was mit dem Geiſt, geiſtig e., ſ. be-g. 2d; Hoffe Niemand ſol-
che Güter; | wer ſie will, ergreife ſie. G. 10, 285; Viele Dinge
ſind’s, | die wir mit Heftigkeit e. ſollen; | doch andre können
nur durch Mäßigung .. unſer eigen werden. 13, 136; 139;
167; Sie hielten einander umfaſſt. Wer das Andere zuerſt
ergriffen, wäre nicht zu unterſcheiden geweſen. 15, 104; Dies
Alles weiß der Künſtler zu e. 18, 276; Er ergriff ſie in ſeine
Arme. Stilling 3, 138; Oft anſtreifend an den Humor, aber
ihn niemals e–d. Tieck DBl. 2, 148; Die Jeder auskor |
oder ergriff. V. Ov. 2, 255 ꝛc. Ungw. (vgl. 2c u. e):
Schnell ergreift ſie wieder Herz. Stolberg 80. Eig. bei
Stoffwörtern auch zuw. mit partitivem Genit. ſtatt
des Obj.: Mit beiden Händen des ſchwärzlichen Staubes
e–d. V. Il. 18, 23. b) Etwas e., zu dem ſich Darbie-
tenden oder Dargebotnen ſich entſchließen, Dies wäh-
len, nehmen, benutzen: Den Degen e., ſich zum Kampf
entſchließen; Soldat werden; Die Feder e., ſich zum
Schreiben anſchicken; Die Zügel e., die Leitung über-
nehmen ꝛc.; Die Gelegenheit, den rechten Augenblick, einen
Vorſchlag, ein Mittel e. ꝛc.; Die Flucht e., fliehn; Beſitz
von Etwas e. [nehmen]. 2) mit unperſ., mehr oder
minder perſonif. Subj., nicht nur: Wie Übelthäter weiſe
Macht [die weiſe mächtige Obrigkeit ꝛc.] ſogleich ergreift.
G. 10, 288; Da ergriff | ihn mein Gemüth [ich] und wird
ihn ewig halten. 13, 165, ſondern von allem gewaltig
auf Einen Eindringenden, ihn überfallenden, ſich ſeiner
Bemächtigenden, ihn Beherrſchenden ꝛc., z. B.: a) Der
Tag (1. Theſ. 5, 4), der Regen (1. Kön. 18, 44) ergreift
[übereilt] Einen. b) von verheerenden, gewaltigen
Elementen ꝛc.: Wind und Ströme, Donner und Hagel ..
e., vorübereilend, Einen um den Andern. G. 2, 68; Feuer,
die Flammen e. das Dach; Die zwei Bäche .., e–d und er-
griffen mit gleicher Kraft, vereint in einen majeſtätiſchen
Strom. Hölderlin H. 1, 43; Wie zwo Flammen ſich [ein-
ander] e. Sch. 1a ꝛc. c) Schlummer (G. 10, 269), ein
Traum (Sch. 77a), Krankheiten, der Tod ergreift Einen.
d) Etwas, Leidenſchaften, Gefühle, Empfindungen ꝛc. e. den
Geiſt, das Herz; Einen; Liebe (der Liebesgott, Amor) ergriff
ihn, vgl.: Von ihrem Gott ergriffen [begeiſtert], | hub ſich
jetzt die Seherin. Sch. 54a; Wir e. keine Jdee, ſondern die
Idee ergreift uns. Heine Sal. 1, VIII ꝛc.; Mich ergreift ..
himmliſches Behagen. G. 1, 89; Was kann dich .. ſo e.?
[bewegen]. 11, 48; Den die Wuth ergriffen hat. 13, 148;
Das natürlich Rührende .., das uns nicht ſchmerzlich und
jammervoll, ſondern .. anmuthig ergreift. 32, 285; Ein
Schriftſteller [perſ. = ein Werk] mußte ſie ſogleich auf der
erſten Seite e. Gutzkow R. 6, 171; Von Zorn ergriffen.
Diak. 87; Namenloſer Schmerz ergriff den Vater. Platen 4,
277 ꝛc. e) ſo im Part. als Ew.: Die e–dſte Scene;
Egon wurde ergriffener [bewegter, gerührter]. Gutzkow R.
5, 523 ꝛc. und in Zſſtzg.: Herz-e–der Anblick; Furcht-er-
griffen. Streckfuß Rol. 13, 25; Schmerz-ergriffen. G. 13,
300 ꝛc. und dazu: Die Ergriffenheit, das Ergriffen-Sein,
z. B. TUlrich Nat. Zeit. 12, 231.
Anm. Veralt., mundartl. = be-g. Hiob 23, 9; An der
Kunſt lernen ſie täglich und können’s nicht e. Luther 5, 529a
ꝛc. Dieſe Größe e. [erlangen]. Eppendorf 48 u. ä. m.
Fêhl-: intr.: falſch greifen, an die falſche Stelle
hin greifen, ſich irren, ſich verſehn: Armuth greifet nicht
fehl (Sprchw.); Diesmal hat Uriel gewaltig fehlgegriffen.
G. 10, 37; 184 ꝛc. Hêr-, Hín- ꝛc.: In der Linken,
die um die Fackel herabgreift. L. 8, 218; Nicht aus der Luft
herabgegriffen [1a]. Lavater 1, 80. Langſam die halsbre-
cheriſche Treppe ſich hinabgreifend [taſtend hinabgehend].
Willkomm Banko 1, 289; Greift er | hinauf getroſten Mu-
thes in den Himmel. Sch. 530a. Über die Zeit hinaus-
gegriffen, von der hier die Rede ſein kann. G. 22, 149; Die
Berge, die weit in die ebene Schweiz hinaus-g. [3a]. Kohl
A. 2, 3. In das Geld hinein-g. G. 19, 291; Greift nur
hinein ins volle Menſchenleben. 11, 9 ꝛc. Hínter-:
tr.: (veralt.) hintergehn, betrügen. Stumpf 531b.
Míß- (⏑ ⏑), intr.: fehl-g.: Die mißgegriffenen Regeln
der Sprachmeiſter. Grimm Gram. 1, X; Mißgriffene und
thörichte Mittel. Keller gH. 4, 93. Über-: intr.:
[2a] ſich über Etwas hinaus erſtrecken: Ein ü–des Dach.
G. 20, 244; In ein fremdes Gebiet, Amt ꝛc. ü.
I. Úm-: intr.: [2a] ſich weit umher erſtrecken, aus-
dehnen, um ſich greifen [2g]: Furcht? die Hoffnung läſſt
ſie nicht um-g. Sch. 113a. Nam. im Partic.: Weit u–der
Blick, Geiſt, Talent. G. 4, 241; 39, 319; 31, 70; Die
kühn | u–de Gemüthsart zu verbergen. Sch. 366b ꝛc., vgl.:
Er greife mit all ſeinen Fertigkeiten ſo weit umher, als er
zu reichen fähig iſt. G. 18, 78 ꝛc. II. Um-: tr.: um-
ſpannen, umfaſſen: Umgriff damit Himmel und Erde. Heinſe
A. 2, 63; Die Säulen um-g. Sch. 34a; Hände, deren Krallen
die Welt zu um-g. ſchienen. Sealsfield Leg. 1, 243 ꝛc.
I. Unter-: intr.: unter Etwas greifen, z. B. um
es zu heben. II. Unter-: tr.: Einen unter-g.,
von unten faſſen, beim Ringen. Jahn M. 155.
Ver-: tr. und refl.: 1) falſch, fehl greifen: a) tr.:
Nicht möglich, eine Rolle unverantwortlicher zuv. Devrient
3, 301; Der Lautner .., der ewig dieſelbige Saite vergrei-
fet. V. H. 2, 380; Darum dürfte denn der Ton nicht völlig
vergriffen .. ſein. Engel 8, 167. b) häufiger refl.: Er-
greift er den rechten Gegenſtand, ſo ꝛc. ..; vergreift er ſich
aber auch einmal, ſo iſt nicht Viel verloren. G. 32, 292;
Der Verfaſſer hat ſich bei der Wahl .. ſehr vergriffen. 160;
31, 272; Das Weib wollte die Natur zu ihrem Meiſter-
ſtücke machen, aber ſie vergriff ſich im Thone, ſie nahm ihn
zu fein. L. Gal. 5, 7 u. v. c) Sich an Etwas, an
Einem v., nicht von einem verſehentlichen Thun, ſon-
dern von einem, das ungehörig, unrecht, ſündhaft iſt:
Sich an fremdem Eigenthum v., es ſich ohne Recht zueig-
nen; Joh. 7, 1; Weder ein Harem anzulegen, noch ſich an
einer Sklavin zu v. [ſie als Nebenfrau halten]. Kinkel E.
193 ꝛc. Sich an Einem thätlich (mit Schlägen) oder mit
Worten v., ſich gegen ihn vergehn; Wer ſich an einem
Mann vergreift und giebt ihm eine Ohrfeige. Hebel 3, 127;
1. Moſ. 37, 27 ꝛc.; Sich an Gott, an dem Namen Gottes
v. 2. Chr. 26, 16; Spr. 30, 9 ꝛc. = ſündigen. Bibl.
auch ohne ,an“ 3. Moſ. 5, 15; Sir. 13, 26; 23, 7;
Neh. 1, 8 ꝛc. und ſo: Die Vergreifung. Esr. 9, 4; 10, 6
= das Vergehn, die Sünde; Unvergreiflich: nicht als
Vergehn angerechnet. Weidner 168 ꝛc. (veralt.).
d) Sich (Dativ) die Hand v.; Sich (Accuſ.) v., durch
einen falſchen Griff die Hand verrenken, verletzen.
2) tr.: Eine Waare v., als Käufer ſich darum reißen,
namentl. oft paſſiv: Die Waare, das Buch, die Auflage iſt
vergriffen, es iſt Nichts mehr davon auf dem Lager ꝛc.,
z. B. Platen 2, 89, und refl.: Die Waare, das Buch hat
ſich vergriffen. 3) tr., zuw. ſtatt ab-g. 1: Als du ..
aus dem vergriffnen Büchelchen | Gebete lallteſt. G. 11, 166.
Vōr-: intr.: 1) zeitl.: Etwasvorwegnehmen, an-
ticipieren: Um den Eindruck .. mitzutheilen, muß ich hier
mit der Schilderung meines Geburtsortes v. G. 20, 14; oft
mit Dat.: Einem zuvorkommen: Der allgemeine Beifall
hat uns hierin ſchon vorgegriffen. 32, 283; Der nur ver-
dient geheimnisvolle Weihe, | der ihr durch Ahnung vorzu-
greifen weiß. 13, 283. Oft mit dem Nebenbegriff des
Unbefugten: Einem v., Das thun, was dieſem gebührt,
zukommt: Dem Teufel (Klinger F. 79), dem Schickſal (Platen
4, 295) v. ꝛc. 2) örtl. [2a]: nach vorn hin ſtrecken:
Auf dem linken Fuß ruhend und mit dem rechten v–d [ſ.
aus-g.]. Engel 7, 148; Arme, mit denen Großbritanien am
meiſten nach Jrland hin vorgreift. Kohl E. 1, 257 ꝛc.
Weidm.: Den Leithund v. [vorſchlagen, ihn die ver-
lorne Fährte wiederſuchen] laſſen; Mit oder ohne Leit-
hund v., vorſchlagen, vorſuchen; Der Hirſch hat vorgegrif-
fen, ſich übereilt (ſ. d. 1). Zer-: tr.: durch Greifen
entzwei machen: Ganz zergriffen und zerleſen [das Buch].
Arndt Ber. 65 ꝛc. Bäcker.: Den Teig z., ankneipen,
zerdrücken, klein und fein machen. Zū-: intr.: nach
Etwas greifen, zulangen: Wollt ihr Reichthum? Zuge-
griffen! G. 10, 285; Das Z. iſt doch der natürlichſte Trieb
der Menſchheit; greifen die Kinder nicht nach Allem? 14,
103; 159; Er muß z., es zu faſſen. 8, 183. Schiff.:
Der Anker greift zu, greift nach dem Kentern in den
Grund ꝛc. Zurück-: [Daß ſie] den ausſchließlichen
Geſchmack an der nordiſchen Poeſie .. aufgaben und nach dem
klaſſiſchen Alterthum zurückgriffen [ſich rückwärts wendend
griffen]. Gervinus Lit. 5, 78 ꝛc.