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Greifen um-greifen um-greifen
Grēīfen, griff, gegriffen:
1) tr.: Etwas zunächst mit geöffneter und dann geschloßner Hand, Klaue etc. fassen und festhalten: Die Katze greift Mäuse, der Windhund Hasen, der Häscher Diebe; Einen Vogel mit der Hand g.; Einen am, beim Kragen, an der Hand (Stilling 1, 25), bei den Haaren (Uhland 394) g., häufiger er-g., packen, fassen, versch.: Einem ans Haar, Kinn g. (s. 2b).
a) Ihr Loos aus dem Glückstopfe g. [ziehn]. Engel 7, 164; Etwas aus der Luft [s. d.] g. etc.; ohne solchen Zusatz des Woher ugw. von bewegungslosem Obj.: Sie ler-lgriff mit der Hand den Nagel. Richt. 5, 26 etc., doch (s. 2a): Cis auf der Violine g. etc. Die Zahl ist wohl kaum zu hoch gegriffen [angegeben, als eine „heraus“-gegriffne] etc.
b) Etwas mit Händen g. vpn Dem, was unmittelbar und stark in die Sinne fällt, so daß man dafür des leiblichen oder geistigen Auges nicht oder kaum bedarf (s. handgreiflich). Sch. 328a etc.; So finster, daß man es g. mag. 2. Mos. 10, 21; Ein Nebel dick zum G. W. 11, 98etc.; Etwas mit dem gröbsten Handschuh, mit Pelzhandschuhen g. können. Gotthelf Sch. 96; 266; U. 2, 209; Das wohl eine Kuh oder Sau mit ihren Klauen an der Wand g. möchte. Luther 6, 9a; 316b; Daraus ja alle vernünftige Leute g. mögen, daß etc. 8, 17a; 251a. Auch refl.: Es (s. d. 7) greift sich doch mit Händen, daß etc. W. 24, 98. Vgl. Be-g. Zuw.: Hand-g–d die Sach und die Ursach. Baggesen 1, 39, vgl.: Daß Hofrath Stromer oft von den Diskussionen .. handgegriffene Spuren davontrug. Gutzkow R. 9, 189.
c) Platz g., vgl. Wurzel fassen: eine feste Stelle gewinnen, sich behaupten. Burmeister gB. 2, 193; W. 22, e. 2) intr.:
a) absolut, mit leicht ergänzbarem Obj., z. B. vgl. 1c und Fassen 12 —: Keins von diesen Argumenten wollte bei ihm g. G. 20, 101; Hätte Castel’s Widerspruch damals gegriffen. 39, 334; Die glücklichsten, heitersten Ereignisse .. konnten nicht g., viel weniger der traurigen Stimmung eine andere Wendung geben. 22, 293; 21, 25; 29, 367; 300 etc., vgl. Durch-g. Ferner: Auf dem Klavier falsch [eine falsche Taste] g.; Die falsch g–den [singenden] Baronessen. Gutzkow R. 9, 78 etc., vgl. Fehl-g. Zu weit g. Ap. 26, 21, vgl. über-g. und d. Im Partic.: Von den weitest-g–den [sich erstreckenden] Folgen. Immermann Schr. 12, 9 oder gw.: Eines der weitgreifend sten Probleme. Guhrauer L. 2, 16 1 etc., s. Aus-g. 1. Haben Hände und g. nicht. Ps. 115, 7; G. spielen (s. Greif 3) etc. Mit Präpos., z. B.:
b) Einem an die Hand, den Puls, das Kinn g., fassen; Einem an die Ehre, Krone g., zu nah treten, die Ehre kränken; Wie mir’s ans Herz greift! [mich ergreift, rührt]. Sch. 558a; Die Schuld des bösen Fiebers, | das ganz erstaunlich an die Nerven greift. 281a; Stufenweise seien sie .. bis zu diesem Angriffe gestiegen, in Kurzem würden sie auch an die noch einzig übrige Person des Kaisers g. 898a, s. an-g., antasten.
c) Auf den Boden g. Engel 12, 127 etc., greifend dahin kommen; Einem aufs Wams g. Musäus Ph. 2, 195, ihn prügeln.
d) In die Börse [hinein-]g.; Tiefer in die Tasche g. Prutz Mus. 1, 89; In den eignen Busen g.; Er greift in meine Seele. Sch. 278b (s. b); Ins Rad g. [ein-g., um es aufzuhalten]; Den Pferden in die Zügel g.; Einem ins Handwerk, ins Amt g., fallen, s. eing., über-g. und Eingriff etc.; In einander g. (ein-g.), wie die Theile einer Maschine in Zusammenhang und Wechselwirkung stehn. Sch. 327b u. o., seltner: Menschenleben und Handeln greift aus Einem ins Andre. G. 10, 88.
e) Nach Etwas g., es zu g., zu er-g. suchen; Nach dem Schatten g. Sir. 34, 2; Da griff ich erst nach meiner Pfeife | und dann nach meinem Fuß. Pfeffel.
f) Sich aneinanderzureihen oder vielmehr übereinanderzugreifen genöthigt. G. 40, 419, s. d.
g) Um sich g., mit reißender Schnelligkeit sich weiter verbreiten und ausdehnen, meist von etwas Schlimmen. G. 19, 396; 22, 231; 39, 234 etc.
h) Einem (selten: Einen. Forster R. 1, 17) unter die Arme g., ihn unterstützen.
i) Zu Etwas g., es nehmen, wählend (Sir. 15, 16) oder um es anzuwenden: Zur Feder, zum Pinsel, zum Degen, zu einem Mittel, zum Äußersten g. etc. G. wir ernstlich dazu [es an]. G. 5, 211. k) Ihm zwischen die Zähne zu g. Hiob 41, 4 etc.
Anm. Goth.greipan, ahd. grifan, gagrifan etc., tastend berühren. S. Grabbeln, Grapsen etc. Veralt. Impf. greif. Stumpf 427b; ergreif. 544a etc. S. auch Greif3.
Zsstzg. z. B.: Áb-, tr.:
1) durch Greifen abnutzen: Den abgegriffnen Hut. W. 12, 9; Las er in den abgegriffnen Blättern. Auerbach Dicht. 2, 141, vgl. ver-g. 3.
2) greifend ab- oder wegnehmen: Worte schienen ihm so lediglich von der Oberfläche abgegriffen oder abgehört. Heinse Körte 1, 327. An-:
1) tr.:
a) eig.: Etwas a., zugreifend es anfassen, anpacken, versch.: es er-g., angreifen und festhalten, packen: Etwas mit den Händen, Zähnen, der Zange a.; Wer Pech angreift, besudelt sich; Ein durch das viele A. seifenglatt gewordenes Tau. Gutzkow R. 4, 155 etc. Veralt.: Einen Missethäter a. Adelung, statt er-g.
b) Ein Werk etc. a., Hand anlegen, daran gehn, es ansangen, beginnen: Etwas Ungewöhnliches zu unternehmen, hatte ich zwar Verwegenheit genug .., allein es mangelte mir die Handhabe, es anzugreifen und zu fassen. G. 20, 196; Etwas ernsthaft (33, 185), recht, falsch, verkehrt, am rechten, falschen, verkehrten Ende a.; Nicht wissen, wie man es a. soll; Da galt’s, die Kinder zu ernähren; | sie griff es an mit heiterm Muth. Chamisso 3, 62; Was er angriff, hatte Fug und Schick. Höfer V. 64 u. o. Auch ohne Obj.: Hand anlegen, thätig sein, sich rühren: Wilhelm griff selbst mit an, half die Perspektive bestimmen. G. 16, 192; Greift an! macht, daß ein Ende wird. Sch. 337a etc.
c) Etwas, was. unberührt, unverletzt bleiben soll, a., Etwas davon nehmen: Ich muß mit den Zinsen auskommen, das Kapital darf ich nicht a.; Ihr Geld und verschiedene Zeuge geschickt; das erste hat sie nicht angegriffen, die andern liegen auch noch da, unberührt. G. 15, 30; Fremde Gelder a.; Einen Vorrath a. etc.
d) (s. c): Etwas greift Einen an, schwächt, verletzt ihn, mindert seine Kraft, schadet ihm: Sich von der Anstrengung sehr angegriffen fühlen; Die Krankheit hat ihn sehr angegriffen; Kleine Schrift greift die Augen an; Nur werden die Operisten zu sehr angegriffen oder abgegriffen. Zelter 3, 28; Kein freier Mann sollte .. an Freiheit und Leben angegriffen werden. G. 39, 72 (s. e) etc. Auch ohne Obj.: Diese Rolle greift sehr an [den Schauspieler]; Ein sehr a–des Amt; So durchdringend und a–d kalt ist es. G. 14, 240 etc.
e) Einen a., gegen ihn in feindlicher Absicht, um ihn zu schaden, anrücken; ihn anfallen: Den Feind muthig a.; Die Festung a.; Als Räuber die Reisenden auf offner Straße a.; Die Hunde greifen den Eber an; Einen mit Worten a.; Einen auf, bei der schwachen Seite, im Rücken, hinterrücks a.; Einen an, bei der Ehre, im Punkt der Ehre a.; zuw. von mehr oder minder personif. Sachen: Daß ein rauschendes Wasser, auf irgend eine Stelle sich hinwerfend, das lockere Erdreich gewaltig angegriffen, fortgerissen etc. G. 19, 183; Kant 9, 15. Veralt. statt er-g. (s. a): Das Feuer griff sogar die Kirche an. Adelung; Von einer Krankheit angegriffen werden (s. d). Ders. Auch hier zuw. ohne Obj.: Der Feind griff ungestüm an; Der a–de Theil und wortspielend: Der Knecht | greift nicht gern an zum Gefecht; | Andres als den Melkekübel | anzugreifen, steht ihm übel. Rückert Morg. 1, 132.
f) dichterisch: Ein Pferd von dunkler Farbe greift viel feuriger | den Boden an. G. 13, 391, vgl. Aus-g. und Griff 5b.
g) Bergb. (s. b): Einen neuen Stollen höher a., anlegen.
2) refl.: aufs äußerste sich anstrengen; alle Kräfte aufbieten; alles nur Mögliche, sein Bestes thun (vgl. 1c): Sie konnte | fast nicht reden, doch griff sie sich an und sagte mit Schmerzen. G. 5, 192; Wollten sich sehen lassen, | thäten sich a. über Vermögen. Sch. 327b etc. Āūf-:
1) tr.: das im Wege Liegende oder Entgegenkommende, sich Einem Darbietende aufnehmen, ergreifen, auffangen: Ein Schriftsteller nimmt den fallengelasnen Faden an bestimmter Stelle wieder auf; Was wir oben von der Lehre des Roger Bacon mitgetheilt, die wir bei ihm aufgegriffen haben, weil sie uns da zunächst im Wege lag. G. 39, 151; 19; Ein schwedischer Transport ... Den griffen die Kroaten mir noch auf. Sch. 331a; Der Nachtwächter hat Sie aufgegriffen, die Scharwache hat Sie abgeliefert. Benedir 5, 259. Auch zuw. ohne Obj.: Da greif ich muthig auf, es wird | die Kohle zum Gewehr. G. 2, 174.
2) intr., s. 1: weidm.: Der Leithund greift scharf auf, hat die Nase dicht auf der Fährte, zeichnet. Āūs-:
1) intr. [2a]: Platz greifend sich ausstrecken, sich ausdehnen: In gerader Linie wird der Fuß hinten a. Engel 7, 190; Dieser weit a–de Wanderer [Marko Polo]. G. 4, 286; Weit a–de Werke. 27, 250; Die weit a–de Schwarzpappel. Tschudi Th. 41 etc., namentl. von Pferden: ausschreiten: Gab dem Pferde die Sporen, daß es wild ausgriff. Hartmann Unst. 2, 312 etc.
2) tr.:
a) greifend auswählen: Ich wußte wohl, wen ich mir zum Fürsprecher ausgriffe, aus. Allen dich! G. 18, 99.
b) Wenn sie gern jedes Huhn a. [betasten], ob’s bald ein Ei legen will. Auerbach Gv. 33.
c) durch vieles Angreifen ausweiten, aushöhlen etc.: Ausgegriffne Thürklinke.
Be-:
1) tr.:
a) meist veralt.: greifend berühren, befühlen, betasten. 1. Mos. 27, 12 ff.; Hes. 23, 3 ss.; Unbegriffne Jungfer. Mühlpforth 2, 18 etc. So noch: Hühner b., aus-g. (s. d. 2b); Fleischer b. das Vieh; B. (d) Sie das nicht? Sie haben Recht, da ist Nichts zu b., lauter eingebildete Reichthümer. L. 12, 150.
b) veralt.: er-g.: Einen bei der Hand b. Schaidenreißer 9b; Wann du beide Enden begriffen hättest. Zinkgräf 1, 297 etc., auch: ertappen: Dies Weib ist begriffen auf frischer That im Ehebruch. Joh. 8, 4 u. v.; vgl.: Hatte mich die Nacht schon begriffen [übereilt]. Berlichingen 164 etc.
c) umspannen, umfassen, einschließen: Wer begreifet die Erde mit einem Dreiling? Jes. 11, 12; Ein Maß von 30 Ellen mochte es umher b. 2. Chr. 4, 2; Alles, was darin begriffen ist, entwickeln. G. 39, 312; 79 etc. Verstärkt: Weil ich in dir, der ist, bin ewig inbegriffen. Rückert W. 2, 72; Den Handlungskontrakt, in den Biderthal jetzt einbegriffen wurde. FHJacobi 5, 7; Das kostet, die Spesen mit-einbegriffen, hundert Thaler etc. Ferner: Sie begriffen so viele und mühsame Arbeiten unter Dem, was sie ihre Pflicht nannten. W. 7, 114 [darunter zusammenfassen]; Derjenige, so zuerst das Frauenzimmer unter dem Namen des schönen Geschlechts begriffen hat.Kant SchE. 48 etc. Veralt. auch = in Worten, in Schriften verfassen, ausdrücken: Das hat Hugo wollen kurz b., da er sagt etc. Luther 6, 383a; 5, 17a; Zinkgräf 1, 212 u. o., s. Begriff 3.
d) namentl. oft übertr.: Etwas geistig fassen, einsehn, in seinen Gründen erkennen (s. Begriff 4): Solches Erkenntnis ist mir zu wunderlich und zu hoch, ich kann es nicht b. Ps. 139, 6; Die Eigenschaften eines Dinges darlegen, sie auseinanderlegen, das heißt: ein Ding b. Burmeister gB. 1, 176; B. heißt ein Denken an ein andres anknüpfen, das erstere vermittelst des letzteren denken. Fichte 4, 182; Zu kurzsichtig, mein Ganzes auszureichen; zu kleingeistisch, mein Großes zu b. Sch. 102b; Was er Glauben nennt, ist .. mit einem Worte nicht B., sondern Er-g. Dessen, was nicht begriffen werden kann noch soll. W. 18, 288; Ich verstehe dich sehr wohl [weiß, was du willst], aber ich begreife dich nicht [das Warum]; Wir b., daß etc.; auch ohne Obj.: Leicht, schwer b.; Anders, | begreif’ ich wohl, als sonst in Menschenköpfen | malt sich in diesem Kopf die Welt. Sch.
e) In einem Thun oder Zustand begriffen sein, zur Zeit, gleichsam als ein davon Ergriffner, mitten darin sein: In voller Thätigkeit, im Werden, im Wachsthum, in der Auflösung, Zerstörung, im Ausbau, in (über) einer Arbeit, im vollen Marsch, auf dem Marsch, auf dem Rückweg begriffen sein etc.; Hier war der hohe Schwung, den Phanias zu nehmen | begriffen war, gehemmt. W. 3, 21, s. 2d und Begriff-1. 2) refl.:
a) mundartl.: sich an Etwas greifend festhalten, um nicht zu fallen: Daß .. er, an den Zweigen sich b–d, wie Absalom eine Zeit baumelte. Milarch Husar. 100.
b) sich fassen, sich sammeln, zu sich selbst kommen: Hier begriff er sich noch, riß den Geldbeutel mit Heftigkeit zu sich und ging davon. Engel 12, 257.
c) (s. 1d): Etwas begreift sich [ist zu begreifen] leicht, schwer, kaum etc.; So begreift sich die Geschichte der Farbenlehre. G. 39, 10; Lässt sich leicht b., daß etc. Lichtenberg 4, 270 u. o.
d) veralt. (s. 1e): Sich mit Etwas b. Luther Br. 5, 358 = sich damit beschäftigen (vgl. sich befassen). intr. (haben): hindurch-g., z. B. durch eine Offnung; auch: so verfahren, daß man durchdringt, kräftig und entschieden, nicht oberflächlich etc.: Er greift durch den gleißnerischen Ansud durch, bringt den innern Gehalt auf die Probe. Musäus Ph. 2, 207; Es soll Etwas geschehen, was ihm [dem Schicksal] recht ist, uns nicht recht scheint und so greift es zuletzt durch. G. 15, 275; In d–der Rührung. 18, 276; D–de Maßregeln etc. intr.:
Dúrch-: Eīn-:
1) [2d]: Das Getriebe, darin wir bloß als mitwirkende, getriebene, treibende Räder e. Chamisso 4, 296; Mit Nichten wär es weise, | mit übereiltem Rathschluß einzugreifen. 77; In eine Unternehmung e. G. 17, 271; In den Plane. 18, 87; 33, 42; Spangen .., e–d mit schön gebogenen Häklein. V. Od. 18, 294. Selten = ins Wort fallen, z. B. Hippel Leb. 1, 515 etc.
2) [2d] Einem, z. B.: Dem Henker (Alxinger D. 155) e., ins Amt; Der Erden Augenschein| greift an der Majestät dem blauen Bogen ein. Scultetus, Und dazu: Für „Einem in Etwas e.“ sagen wir itzt weit matter: Einem in Etwas Eingriff thun. L. 8, 285, vgl.: Des Zenon’s Schulgeschwätze | schreibt uns nicht vor Gesetze, | greift der Natur nicht ein. SDach (WMüller Bibl. 5, 151), vgl. vor-g. 3) weidm., vom Hirsch: die Fährte deutlich eindrücken. Er-: tr.: [1] mit einem Griff fassen (s. d. 4; 6) und halten, eig. u. übertr.:
1) mit persönl. Subj.:
a) Etwas mit den Händen, Klauen e.; Den Hammer beim Stiel, Einen beim Schopf e.; Einen auf frischer That, über der That e. etc. Auch: Ich kann’s vom hohen Thurmgeschoß | mit Blicken nicht e. G. 1, 151; Etwas mit dem Geist, geistig e., s. be-g. 2d; Hoffe Niemand solche Güter; | wer sie will, ergreife sie. G. 10, 285; Viele Dinge sind’s, | die wir mit Heftigkeit e. sollen; | doch andre können nur durch Mäßigung .. unser eigen werden. 13, 136; 139; 167; Sie hielten einander umfasst. Wer das Andere zuerst ergriffen, wäre nicht zu unterscheiden gewesen. 15, 104; Dies Alles weiß der Künstler zu e. 18, 276; Er ergriff sie in seine Arme. Stilling 3, 138; Oft anstreifend an den Humor, aber ihn niemals e–d. Tieck DBl. 2, 148; Die Jeder auskor | oder ergriff. V. Ov. 2, 255 etc. Ungw. (vgl. 2c u. e): Schnell ergreift sie wieder Herz. Stolberg 80. Eig. bei Stoffwörtern auch zuw. mit partitivem Genit. statt des Obj.: Mit beiden Händen des schwärzlichen Staubes e–d. V. Il. 18, 23.
b) Etwas e., zu dem sich Darbietenden oder Dargebotnen sich entschließen, Dies wählen, nehmen, benutzen: Den Degen e., sich zum Kampf entschließen; Soldat werden; Die Feder e., sich zum Schreiben anschicken; Die Zügel e., die Leitung übernehmen etc.; Die Gelegenheit, den rechten Augenblick, einen Vorschlag, ein Mittel e. etc.; Die Flucht e., fliehn; Besitz von Etwas e. [nehmen].
2) mit unpers., mehr oder minder personif. Subj., nicht nur: Wie Übelthäter weise Macht [die weise mächtige Obrigkeit etc.] sogleich ergreift. G. 10, 288; Da ergriff | ihn mein Gemüth [ich] und wird ihn ewig halten. 13, 165, sondern von allem gewaltig auf Einen Eindringenden, ihn überfallenden, sich seiner Bemächtigenden, ihn Beherrschenden etc., z. B.:
a) Der Tag (1. Thes. 5, 4), der Regen (1. Kön. 18, 44) ergreift [übereilt] Einen.
b) von verheerenden, gewaltigen Elementen etc.: Wind und Ströme, Donner und Hagel .. e., vorübereilend, Einen um den Andern. G. 2, 68; Feuer, die Flammen e. das Dach; Die zwei Bäche .., e–d und ergriffen mit gleicher Kraft, vereint in einen majestätischen Strom. Hölderlin H. 1, 43; Wie zwo Flammen sich [ein- ander] e. Sch. 1a etc.
c) Schlummer (G. 10, 269), ein Traum (Sch. 77a), Krankheiten, der Tod ergreift Einen.
d) Etwas, Leidenschaften, Gefühle, Empfindungen etc. e. den Geist, das Herz; Einen; Liebe (der Liebesgott, Amor) ergriff ihn, vgl.: Von ihrem Gott ergriffen [begeistert], | hub sich jetzt die Seherin. Sch. 54a; Wir e. keine Jdee, sondern die Idee ergreift uns. Heine Sal. 1, VIII etc.; Mich ergreift .. himmlisches Behagen. G. 1, 89; Was kann dich .. so e.? [bewegen]. 11, 48; Den die Wuth ergriffen hat. 13, 148; Das natürlich Rührende .., das uns nicht schmerzlich und jammervoll, sondern .. anmuthig ergreift. 32, 285; Ein Schriftsteller [pers. = ein Werk] mußte sie sogleich auf der ersten Seite e. Gutzkow R. 6, 171; Von Zorn ergriffen. Diak. 87; Namenloser Schmerz ergriff den Vater. Platen 4, 277 etc.
e) so im Part. als Ew.: Die e–dste Scene; Egon wurde ergriffener [bewegter, gerührter]. Gutzkow R. 5, 523 etc. und in Zsstzg.: Herz-e–der Anblick; Furcht-ergriffen. Streckfuß Rol. 13, 25; Schmerz-ergriffen. G. 13, 300 etc. und dazu: Die Ergriffenheit, das Ergriffen-Sein, z. B. TUlrich Nat. Zeit. 12, 231.
Anm. Veralt., mundartl. = be-g. Hiob 23, 9; An der Kunst lernen sie täglich und können’s nicht e. Luther 5, 529a etc. Diese Größe e. [erlangen]. Eppendorf 48 u. ä. m. Fêhl-: intr.: falsch greifen, an die falsche Stelle hin greifen, sich irren, sich versehn: Armuth greifet nicht fehl (Sprchw.); Diesmal hat Uriel gewaltig fehlgegriffen. G. 10, 37; 184 etc. Hêr-, Hín- etc.: In der Linken, die um die Fackel herabgreift. L. 8, 218; Nicht aus der Luft herabgegriffen [1a]. Lavater 1, 80. Langsam die halsbrecherische Treppe sich hinabgreifend [tastend hinabgehend]. Willkomm Banko 1, 289; Greift er | hinauf getrosten Muthes in den Himmel. Sch. 530a. Über die Zeit hinausgegriffen, von der hier die Rede sein kann. G. 22, 149; Die Berge, die weit in die ebene Schweiz hinaus-g. [3a]. Kohl A. 2, 3. In das Geld hinein-g. G. 19, 291; Greift nur hinein ins volle Menschenleben. 11, 9 etc. Hínter-: tr.: (veralt.) hintergehn, betrügen. Stumpf 531b. Míß- (⏑ ⏑), intr.: fehl-g.: Die mißgegriffenen Regeln der Sprachmeister. Grimm Gram. 1, X; Mißgriffene und thörichte Mittel. Keller gH. 4, 93. Über-: intr.: [2a] sich über Etwas hinaus erstrecken: Ein ü–des Dach. G. 20, 244; In ein fremdes Gebiet, Amt etc. ü. I.
Úm-: intr.:
[2a] sich weit umher erstrecken, ausdehnen, um sich greifen [2g]: Furcht? die Hoffnung lässt sie nicht um-g. Sch. 113a. Nam. im Partic.: Weit u–der Blick, Geist, Talent. G. 4, 241; 39, 319; 31, 70; Die kühn | u–de Gemüthsart zu verbergen. Sch. 366b etc., vgl.: Er greife mit all seinen Fertigkeiten so weit umher, als er zu reichen fähig ist. G. 18, 78 etc. II.
Um-: tr.:
umspannen, umfassen: Umgriff damit Himmel und Erde. Heinse A. 2, 63; Die Säulen um-g. Sch. 34a; Hände, deren Krallen die Welt zu um-g. schienen. Sealsfield Leg. 1, 243 etc. I. Unter-: intr.: unter Etwas greifen, z. B. um es zu heben. II. Unter-: tr.: Einen unter-g., von unten fassen, beim Ringen. Jahn M. 155. Ver-: tr. und refl.:
1) falsch, fehl greifen:
a) tr.: Nicht möglich, eine Rolle unverantwortlicher zuv. Devrient 3, 301; Der Lautner .., der ewig dieselbige Saite vergreifet. V. H. 2, 380; Darum dürfte denn der Ton nicht völlig vergriffen .. sein. Engel 8, 167.
b) häufiger refl.: Ergreift er den rechten Gegenstand, so etc. ..; vergreift er sich aber auch einmal, so ist nicht Viel verloren. G. 32, 292; Der Verfasser hat sich bei der Wahl .. sehr vergriffen. 160; 31, 272; Das Weib wollte die Natur zu ihrem Meisterstücke machen, aber sie vergriff sich im Thone, sie nahm ihn zu fein. L. Gal. 5, 7 u. v.
c) Sich an Etwas, an Einem v., nicht von einem versehentlichen Thun, sondern von einem, das ungehörig, unrecht, sündhaft ist: Sich an fremdem Eigenthum v., es sich ohne Recht zueignen; Joh. 7, 1; Weder ein Harem anzulegen, noch sich an einer Sklavin zu v. [sie als Nebenfrau halten]. Kinkel E. 193 etc. Sich an Einem thätlich (mit Schlägen) oder mit Worten v., sich gegen ihn vergehn; Wer sich an einem Mann vergreift und giebt ihm eine Ohrfeige. Hebel 3, 127; 1. Mos. 37, 27 etc.; Sich an Gott, an dem Namen Gottes v. 2. Chr. 26, 16; Spr. 30, 9 etc. = sündigen. Bibl. auch ohne ,an“ 3. Mos. 5, 15; Sir. 13, 26; 23, 7; Neh. 1, 8 etc. und so: Die Vergreifung. Esr. 9, 4; 10, 6 = das Vergehn, die Sünde; Unvergreiflich: nicht als Vergehn angerechnet. Weidner 168 etc. (veralt.).
d) Sich (Dativ) die Hand v.; Sich (Accus.) v., durch einen falschen Griff die Hand verrenken, verletzen. 2) tr.: Eine Waare v., als Käufer sich darum reißen, namentl. oft passiv: Die Waare, das Buch, die Auflage ist vergriffen, es ist Nichts mehr davon auf dem Lager etc., z. B. Platen 2, 89, und refl.: Die Waare, das Buch hat sich vergriffen. 3) tr., zuw. statt ab-g. 1: Als du .. aus dem vergriffnen Büchelchen | Gebete lalltest. G. 11, 166. intr.: 1) zeitl.: Etwasvorwegnehmen, anticipieren: Um den Eindruck .. mitzutheilen, muß ich hier mit der Schilderung meines Geburtsortes v. G. 20, 14; oft mit Dat.: Einem zuvorkommen: Der allgemeine Beifall hat uns hierin schon vorgegriffen. 32, 283; Der nur verdient geheimnisvolle Weihe, | der ihr durch Ahnung vorzugreifen weiß. 13, 283. Oft mit dem Nebenbegriff des Unbefugten: Einem v., Das thun, was diesem gebührt, zukommt: Dem Teufel (Klinger F. 79), dem Schicksal (Platen 4, 295) v. etc.
Vōr-:
2) örtl. [2a]: nach vorn hin strecken: Auf dem linken Fuß ruhend und mit dem rechten v–d [s. aus-g.]. Engel 7, 148; Arme, mit denen Großbritanien am meisten nach Jrland hin vorgreift. Kohl E. 1, 257 etc. Weidm.: Den Leithund v. [vorschlagen, ihn die verlorne Fährte wiedersuchen] lassen; Mit oder ohne Leithund v., vorschlagen, vorsuchen; Der Hirsch hat vorgegriffen, sich übereilt (s. d. 1). Zer-: tr.: durch Greifen entzwei machen: Ganz zergriffen und zerlesen [das Buch]. Arndt Ber. 65 etc. Bäcker.: Den Teig z., ankneipen, zerdrücken, klein und fein machen. Zū-: intr.: nach Etwas greifen, zulangen: Wollt ihr Reichthum? Zugegriffen! G. 10, 285; Das Z. ist doch der natürlichste Trieb der Menschheit; greifen die Kinder nicht nach Allem? 14, 103; 159; Er muß z., es zu fassen. 8, 183. Schiff.: Der Anker greift zu, greift nach dem Kentern in den Grund etc. Zurück-: [Daß sie] den ausschließlichen Geschmack an der nordischen Poesie .. aufgaben und nach dem klassischen Alterthum zurückgriffen [sich rückwärts wendend griffen]. Gervinus Lit. 5, 78 etc.