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grau
I. Grāū, a.:
Bez. einer zwischen Weiß und Schwarz in der Mitte stehenden Farbe, vgl. Blau (1—4), von allen Ggst., denen diese Farbe eigenthümlich oder zufällig zukommt: Dachse, Esel, Mäuse, Ratten, Wölfe sind g.; Seide, Wolle g. färben; G–es Tuch etc., s. Zsstzg. Bes. zu bemerken sind:
1) Als Mittel zw. Weiß und Schwarz gilt g. ähnlich wie fahl (s. d.), falb, farblos etc., zur Bez. des Unentschiednen, Matten, Schattenhaften, Nebelhaften, Eintönigen, Düstern, Trüben etc., im Ggstz. des Lebensfrischen, Jugendkräftigen (s. 3 und vgl.: Grün, Roth), z. B.: Das ewige g–e Einerlei. Alexis H. 2, 2, 101; Die Finsternis, | des Himmels undurchdringlich g–e Nacht. Beer Arr. 157; Unten senkt sich g. und g–er | aus Wolkenschicht ein Regenschauer. G. 6, 98; G., theurer Freund, ist alle Theorie | und grün des Lebens goldner Baum. 11, 82; 14, 221; Mich von den g–en und düsteren Vorstellungen, die mein Gemüth umschatteten, zu befreien. Gutzkow R. 6, 432; Warum ist denn die Erde so g. | und öde wie ein Grab? Heine Lied. 129; Nicht in säuselnden g–en Nebeln | lasst die Bilder der Ahnen schwebeln, | ruft sie auf in blanker Pracht. Kinkel 3; G–e Hoffnungslosigkeit. Kurz Weihn. 12; Zu jenen Hallen, g. und kalt, | recht fern dem Reich der Lebensrothen. Meißner G. 7; Alles erschien mir trübe, g., farblos. Tieck GsN. 1, 165; Wenn .. Aurorens Glanz mit g–en Nebeln ficht. W. 12, 265; Welkt sein [des Himmels] reines Blau | und stirbt in freudeleerem G. 3, 175 u. o.
2) So (s. 1) gilt g. auch als Bez. der unentschiednen Farbe, in der sehr weit entfernte Ggst. erscheinen (vgl. Blau 8): In g–em Duft und blauer Ferne lagern sich die Gebirge herum. Heinse A. 2, 7; In g–er Ferne beschloß das Gebirge den Horizont. FSchlegel Flor. 1, 33; Das Schloß .. schien .. weiter vor ihr zu fliehn | und tauchte sich in immer g–ere Schatten. W. 15, 223 etc. Daher auch: Man führte uns darüber weg und ins G–e [in die unbestimmte Ferne] hinein. G. 25, 55. S. Asch-g. Übertr. auch von einer sehr fernen Zeit (vgl. jedoch 3; 4): Vor g–en Jahren. L. Nath.; Matthisson 48; Seit g–em Alterthum | gewohnt zu herrschen. Sch. 32b; Seit der alten g–en Heidenzeit. 449a etc.
3) G. wird das Haar des Menschen im Alter oder vor Sorgen etc. (s. Greis). Daher: Sich über, um Etwas g–e Haare wachsen lassen [Sorge machen]; Macht ihn der Kummer g. Lichtwer 167; Wenn Philipp’s g–e Haare weiß sich färben. Sch. 255b etc. Ferner: Alt und g. werden, bei, in Etwas; Vor einem g–en Haupte sollt du aufstehn. 2. Mos. 19, 32; Bis ins Alter und bis ihr g. werdet. Jes. 46, 4; Das süße, junge Kind! .. Ihr seht drein, als .. stünden g. leibhaftig vor euch da | Physik und Metaphysika! G. 11, 117; Männer, die unter dem Harnisch g. geworden. 29, 236; Den g–en Vätern der Republik (versch. 6). W. 5, 181 etc. Daher zuw. subst.: Der, die G–e, Greis (s. d.), Greisin, z. B. Hiob 15, 10; Du, o G–e, ja hast belockt dich. V. Ar. 3, 275 etc. In Amerika: Die G–en, die alten Ansiedler, im Ggstz. der Grünen, d. h. der neuen Ankömmlinge. 4) G. gilt aber auch von leblosen Ggst., deren eigentliche Farbe durch das Alter unkenntlich geworden etc. (s. Alters-g.): Wirf ab die schlechten Lumpen geschwind, | die g. und zerschlitzt vor Alter sind. Chamisso 3, 229; Ihr g. verblichnes Gewand. Heine Reis. 1, 102; Jst g. und rauh von altem Moos. Siling 2, 29 etc. Daher auch übertr. (vgl. 2): Ein weiter Kreis in hoher g–er [altehrwürdiger] Majestät. Heinse A. 1, 258; Haus meines g–en [langjährigen] Zornes Jch. 12b etc. Kühner: Klingt nun den letzten hellsten Klang | dem g–en Ruhm beim g–en Wein. Arndt 379, vgl.: Greisender Wein. 283 (s. 9). 5) G. als Farbe des