Faksimile 0626 | Seite 618
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grasen über-grasen
Grāſen, intr. (haben): 1) Gras vom Boden weg-
nehmen, ſei es abrupfend und freſſend wie das Vieh:
Sein Einſpänner graſte am Ranft des Weges. Gutzkow Bl.
1, 468 ꝛc., und übertr.: Die Menſchen ſind nicht da, um
neben einander zu g. Leiſewitz J. 46 ꝛc., ſei es, das Gras
mit der Sichel ſchneiden, nam. als Viehfutter: In lau-
bichten Hölzern geht es wohl an, daß .. gegraſet werden
kann, es iſt aber wohl danach zu ſehen, daß . . die Gräſer
mit keinen Hauſicheln hineinkommen. Döbel 3, 46a; auch
überh.: Gras als Viehfutter beſorgen: Obgleich er zu
Hauſe blieb, graſete. Gotthelf U. 1, 283; 299. Huſaren-
rittmeiſter, welcher hier auf Graſung ſtand. Karſchin Leb.
30 ꝛc. Übertr.: Nach Etwas g. [ſtreben]; Auf eines
Andern Wieſe g., ihm ins Gehege (nam. bei ſeiner Frau)
kommen; Sich nicht im Bart g. [auf der Naſe ſpielen]
laſſen ꝛc. —⏑2) Eine Flinten-, Kanonenkugel graſt, berührt
den Boden und prallt ab. 3) tr.: Das Getreide g.,
ver-g., ſchröpfen, das zu ſehr ins Gras wachſende ab-
ſicheln. Mundartl. auch: Das Getreide g., aus-g.,
gäten, vom Unkraut reinigen.
Zſſtzg. z. B.: Ab-: tr. [1] eig. und übertr.: Ein
Rind, das um uns her die Blumen abgraſte. Kohl A. 3,
364; Eine Nomadentruppe, die von einem abgegraſten Weide-
platze zu einem neuen zog. Devrient 2, 186; Hartmann Unſt.
2, 272; Ihn eine glänzende Tafel voll Blasmuſik a. zu
laſſen. IP. Katz. 2, 64; Gutzkow B. 224 u. o., ſ. Ent-g.
Āūf-: tr.: graſend aufzehren. Aūs-: tr.:
ab-, ent-g. und [3]. Be-: tr. und refl.: 1) mit
Gras bekleiden, nam. im Partic.: Dick begraſte Hügel.
Brockes 9, 339; Hagedorn 1, 100; Der Dünen ſchwach be-
graſter Wall. Freiligrath 1, 29; Auf zartbegraſter Weide.
Salis 55; Die leeren begraſten Straßen. Scherr Sch. 1, 15;
Auf dieſem kurzbegraſten Plan. Schlegel Sh. 3, 102; Mehr
begraſet als beblümet. IP. 1, XXVI; Das dicht begraſte
Ufer. W. 22, 295 ꝛc., oder- refl.: Dieſe Stufen b. ſich,
werden feſt. Kohl Südr. 1, 119 ꝛc. 2) tr.: beweiden,
ab-g.: Soll ich, | indeß er [der Aar] fliegt, mit euch
[Lämmern] die Trift b.? Mülner 4, 214 ꝛc. 3) refl.
(ſ. 2): ſich auf der Weide mäſten, fett werden, und
übertr.: ſich gütlich thun, ſichs wohl ſein laſſen
(mundartl. auch: Sich er-g. Schm. 2, 118); an Ver-
mögen und Wohlſtand zunehmen, ſo auch im Partic.:
Die römiſchen Bienen ſollen . . ſich nach Luſt b. Fiſchart B.
150b; Die Kolonien b. ſich hier zuſehends. Kohl Südr. 1,
19; Waren reich worden und hatten ſich begraſet und fett
gemäſtet. Luther Tiſchr. 183b; Ein paar eckige, begraſete
Landfräulein. IP. 1, 180; Weil ich in der Heimath war
ſchlecht begraſet | und mein Weideland dünn beraſet. Rückert
Mak. 2, 12 ꝛc., ſ. Ein-G. 4) tr.: weidm.: Die
Fährte b., mit den Fingern durchs Gras behutſam da-
nach ſuchen. Durch-: tr. [1]: graſend durchgehn:
Das Vieh, die Nomaden d. eine Gegend. Eīn-: tr.:
ſ. be-g. (3): in Fülle und Wohlſtand ſetzen, bringen:
Der nun gut eingegraſte, vom Volk beſtätigte Regierungs-
erbe. Kant Buchm. 11. Ent-: tr.: das Gras voll-
ſtändig und dauernd fortſchaffen: Ein Platz wird ent-
graſt, von dem Gras als etwas darauf Ungehörigem
frei gemacht (vgl. dagegen: Ab-g.). Er-: ſ. Be-g.
3. Hêr-, Hín- ꝛc. [1]: Da ward auf dürren abge-
mähten politiſchen Wieſen mit Wohlbehagen hin- und her-
gegraſt. Börne 2, 132; Kühe, die an der Waldwieſe hinauf-
graſten. Hackländer Hdl. 2, 3. Mít- [1]: Daß auf
ſeinem gefriedeten Raſen | ein fremdes Thier wagt mitzu-
graſen. Rückert Morg. 1, 169. Nāch- [1]: Nachgras
ſchneiden; graſen, wo ein Andrer ſchon vorgegraſt hat;
Einem graſend nachfolgen ꝛc. I. Über-: tr. und
refl., intr. (ſein): mit Gras überdecken, überwachſen,
ſ. Be-g. 1 und Ver-g. 2: Die übergraſten Stufen zum
Kirchhof. JP. II. Über-: intr.: graſend die Grenze
überſchreiten, in fremdes Gebiet übergreifen. Ver-:
1) tr. [3]. 2) intr. (ſein): mit Gras überwachſen.
Vōr-: Ggſtz. von nach-g. (ſ. d.), nam. auch:
Einem Bräutigam v., vorſchmauſen (ſ. d.), die Blume
vor ihm pflücken. Wég-: tr.: Kommt das Feuer-
pferd, um die Büſchel wegzugraſen. Prutz DM. 1, 1, 570.