gnügen
Genügen)
Gnügen (Genügen), tr., refl. und intr. (haben):
gnug ſein; ſoviel gewähren, daß man nicht mehr be-
darf, — daß man zufrieden iſt, befriedigen: 1) tr.
(ſelten): Allein genügt hätt’ ihn Olympia, | in der man
jeden Reiz vereinet ſah. Streckfuß Rol. 11, 71. — 2) refl.
(ſelten): Sich [Accus.] an Etwas g., gw.: ſich mit Et-
was begnügen; damit zufrieden ſein, nicht mehr ver-
langen; Vorher genügte man ſich bei dieſen Unterſuchungen
an Vergleichungen. Fichte 8, VI; Genüge dich an dem Geſicht.
H. 9, 73. — So ſchwzr.: „Gnüg mich an meinem Stand“
(Name des Zaunkönigs). Tſchudi Th. 96. — Vgl.: Laß
dich an meiner Gnade genügen (ſ. 1 und 3c). 2. Kor. 12,
9, vgl. Be-g. 4. — 3) intr.: a) Etwas genügt, iſt ge-
nug, reicht hin; Dies genügt mir, es genügt mir daran,
ich bedarf nicht mehr, bin zufrieden; Ich [mein Thun,
meine Leiſtung] genüge mir ſelbſt nicht, bin mit dem von
mir Geleiſteten nicht ganz zufrieden; Es genügt zu einem
Zweck, für einen Zweck, reicht dafür aus, ſo daß man nicht
mehr bedarf; Dieſe Portion genügt zu (für) zwei Mahl-
zeiten, — genügt für zwölf Perſonen ꝛc.; Das genügt zum
Beweiſe, — genügt, (um) zu beweiſen, daß ꝛc. — Mir
gnüget [ich bin zufrieden], wie Gott es füget (Sprchw.);
Zeige uns den Vater, ſo genüget uns. Joh. 14, 8; Bringt
. als Gabe dar, was ſelbſt an dieſem Tag, | ſchneeweiß ge-
körnt dem Fürſten gnügen mag. G. 6, 24; Wenn das Gefühl
ſich herzlich oft an Dämmrung freut, | ſo gnüget heitre
Sonnenklarheit nur dem Geiſt. 343; Sie begehrt | des Außen-
ſcheines nicht, ihr gnügt am innern Werth. Gotter 2, 309;
Wähnſt du in deiner Selbheit Truge | dir zu genügen, o
Menſch, allein? [keines Andern zu bedürfen]. Rückert 2,
406; Sich ſelbſt genügen und von Andern Nichts verlangen.
W. 6, 126; Streng und ſtolz, ſich ſelbſt genügend, | kennt
des Mannes ſtolze Bruſt | ... nicht der Liebe Götterluſt. Sch.
81a; Waſſer, | das die Pumpen nicht dem Boden zu ent-
ſchöpfen | gnügten. Schlegel Span. 2, 21; Überleg’, ob uns
Beiden Athen’ und der Vater Kronion | gnügen mag, ob
andre Vertheidiger noch ich entſinne. V. Od. 16, 261; Wem
nicht an Wenig gnügt, Den macht kein Reichthum ſatt. W.
20, 222. — b) Ich genüge Einem, ſeinem Verlangen,
Wunſche ꝛc., willfahre ihnen, befriedige ſie; Da hat der
Derwiſch endlich ſtillſchweigend ihm genügt. Chamiſſo 3, 319
ꝛc. — c) zu a: Ich laſſe mir (ſelten: mich, ſ. 2) Etwas,
an Etwas g. Sir. 14, 9; 2. Kor. 12, 9 ꝛc.; Der Papſt hat
ihm laſſen gnügen, daß er die Leute gebannet hat [begnügte
ſich damit, ſie in den Bann zu thun]. Luther 6, 5b ꝛc. —
4) zu3, das Partic. (a): Er wird dir die genügendſte Aus-
kunft ertheilen; Einigermaßen, wenn auch nicht genügend,
wurde die Sehnſucht befriedigt. Immermann M. 1, 145 ꝛc.
So auch im Ggſtz.: Die Arbeit dieſes Schülers iſt un-
genügend; In ungnügender Selbſtſucht. G. 2, 51 ꝛc. —
5) der ſubſt. Infin. = die Genüge, Befriedigung, vgl.
Vergnügen: Tugenden, deren friedliche Einwirkung die be-
dürftige Welt zu jeder Zeit mit wonnevollem Genügen um-
fängt und mit ſehnſüchtiger Trauer vermiſſt. G. 15, 309;
Mit mehr Behaglichkeit und Selbſtgenügen [Selbſtzufrie-
denheit]. 25, 62; Fand ein großes Genügen daran. Lewald
W. 2, 171; Das Ungenügen an dem eben erſt mit ſovieler
Liebe erwählten Wirkungskreiſe. Ferd. 1, 234; Ein ſelbſtiſches
Genügen. Platen 2, 28; Als ſie zu ihrem Genügen geſſen.
Schaidenreißer 63b; Ich will euch völliges Genügen leiſten.
Sch. 427b ꝛc.
Anm. Das einfache Nügen in der Zſſtzg.: Be-
nügen bei Luther in vielen Stellen der Bibel, wo ſpätre
Ausg. „Begnügen“ leſen und ſonſt, wie bei Zeitgenoſſen und
Spätern; ebenſo: Vernügen, wofür jetzt Vergnügen.
Ohne die Vorſ. Be und Ver findet ſich faſt noch häufiger das
aufgelöſte Genügen als Gnügen.
Zſſtzg.: Be-: 1) refl. [2]: Ich begnüge mich an,
mit Etwas, bin damit zufrieden, verlange nicht mehr,
beſchränke mich darauf; B. ſollt’ ich mich an Dieſen, | ..
doch immer weiter ſtrebt mein Sinn. G. 12, 114; 6, 86;
Warum ſich das Exempel der praktiſchen Sittenlehre .. nicht
mit der bloßen Möglichkeit begnüge, an welcher ſich die
Exempel anderer Wiſſenſchaften b. L. 6, 185; Der Kirche, |
die ſich begnügt, als Mutter Sie zu ſtrafen. Sch. 307b ꝛc.
— Seltner: Das Volk begnügte ſich nicht müßigen Zu-
ſchauens. Becker’s Weltgeſch. (1829) 12, 137; Begnüge des
Mahls dich. V. Od. 19, 68. — 2) tr.: a) Statt des
Refleriv-Fw. (1) ſteht zuw. ein Hw.: Ich begnüge mich,
— meinen Geiſt, Sinn, mein Herz ꝛc.; Ich begnüge meine
Sinnen, | daß ich gleichwohl ſchreiben kann, | was von An-
dern wird gethan. Opitz: Begnügt euer einfältiges Gemüth
ihn von Herzen hochzuhalten. Tieck 2, 26. — b) Aber auch:
Etwas begnügt mich [ſtellt mich zufrieden, befriedigt
mich]. Bettine Tag. 90; Schuppius 473; Ich begnüge Einen
[erfülle ſein Verlangen]. Merck’s B. 2, 221 (veraltend).
— c) Häufig aber im Partic.: Begnügt = zufrieden
(ſ. Vergnügt): Gras und Blume ſchaute wie begnügt auf.
Auerbach Leb. 330; Die ſtill begnügte Zeit des erſten Lernens.
Ab. 116; Begnügte ſollten unterm niedern Dach, | Begnügte
ſollten im Palaſte wohnen. G. 13, 247; Nie hatte er ſich ..
ſo in ſich begnügt gefühlt. Lewald Ferd. 1, 61; 3, 154;
Seien Sie begnügt mit dieſer Anerkennung. Laube DW. 5,
192; Schloſſen wieder | begnügt die Augenlieder. Rückert 1,
359; Viel tauſend Blumen .. neigen .. ſanft begnügt ihr
Haupt zur Erde. Schefer, Laienbr. 176 ꝛc.; Gottbegnügte
Menſchen. Kühne Freim. 64. — Dazu: Die Begnügtheit,
wie: Das Begnügen. — 3) intr. [3]: Sein ſchlechteſter
Beſcheid drauf ſoll mir b. L. 8, 392; Wem Das begnügt,
Dem begnüge es. 468, jetzt gw. Genügen, doch ſ. 4. —
4) Sich [Dativ, ſ. 3 oder Āccuſ., ſ. 2] an, mit Etwasb.
laſſen, z. B.: Ihr laſſt euch mit Kräutern b. G. 5, 195;
Ich wollte mich b. laſſen | und keinen Reichen neidiſch haſſen.
L. 1, 83; An der man ſich bisher hat müſſen b. laſſen. 3,
259; Ich laſſe mich an Dem b. Opitz 1, 328; Sollte ſich
an einer einzigen Eroberung nicht b. laſſen. W. 5, 134 ꝛc.,
vgl.: Laſſet euch begnügen an eurem Solde. Luk. 3, 14;
Laſſen ſie ihnen daran nit benügen. St. in Eſther 3, 14 ꝛc. —
Über-, tr.: Einen mehr als befriedigen, ihm über-
genug gewähren: Groß, daß es mich übergnüget. H. 16,
68 (ſelten). — Ver-, tr., refl.: 1) (veralt.) genug,
die volle Zahl, den vollen Werth geben: Er ver-
gnügte dem Könige die Zahl [,, Gab ſie vollzählig“.
Zunz]. 1. Sam. 18, 26; Die Unkoſten zu vergüten und
Leſſing für Das, was er noch an Manuſkript vorräthig
habe, zu v. Entſchädigung, Erſatz geben, vgl. ergetzen].
Danzel 218. — 2) (veraltend) Einen, ſeine Forderung,
ſeinen Wunſch, ſein Verlangen v., ihnen Genüge leiſten,
ſie befriedigen: Des Fragers eitle Neugier zu v. Sch. 31b;
Sein Herz war reich genug, Sie ſelbſt | von ſeinem Über-
flüſſe zu v. 302a; Seine Neigung zu v. 305b; Des Herzens
heißen Drang muſſt’ ich v. 506b; Um Vaſtola’s Gelüſte zu
v. W. 12, 38 ꝛc. Auch ref.: Habe aber für wenig Jahre
erſt mich völlig vergnüget. Leibnitz (ſ. Guhrauer Leibn. 1,
24); Weinhold 65b ꝛc. — 3) refl. (ſ. 2): Man vergnüge
ſich damit. Leibnitz 2, 83 = ſich begnügen, zufrieden,
ungw. mit ſachl. Subj.: Die Bibel vergnügt ſich, zu be-
ſchreiben ꝛc., ſ. Campe. — 4) gw.: Einen (ungw.: Eine m.
Streckfuß Rol. 3, 29) v., ihm eine angenehme Empfin-
dung erwecken, ihn erfreuen, in heitre, zufriedne Stim-
mung verſetzen: Was mich antreibt, meinen Zuſtand zu er-
halten, in ihm zu bleiben, iſt mir angenehm, es vergnügt
mich. Kant Anthr. 168; Ein ſolcher Vorwurf muß einen
gerechten Mann mehr v. als kränken. Rabener 3, 64; Die
griechiſchen Hetären bildeten, indem ſie vergnügten. FSchlegel
Gr. 259; Seinen Geiſt und ſein Herz zugleich zu v. W. 5,
117 ꝛc. — So auch refl.: Sich an (mit, veralt.: ab.
Weckherlin 187, oder der bloße Genit., ſ. H. 13, 161)
Etwas v., ſich daran (damit) beluſtigen, amüſieren,
angenehme Empfindungen dadurch haben oder ſich ver-
ſchaffen. — 5) das Partic. als Ew.: a) (ſ. 2) = be-
friedigt, zufrieden: Ja, daß ſie, damit nicht vergnügt,
den Gift noch in die Kinder flößet. Brockes 9, 481; Mühl-
pforth Geiſtl. 28; Mit einem Drittheile der herrſchaftlichen
Einkünfte vergnügt. JvMüller 24, 97; Opitz 1, 246; Hätt
ich vergnügt gelebt | und nicht nach Andrer Glück geſtrebt.
Ramter Lichtw. 42; Ich bin .. mit meiner Geſtalt vergnügt.
W. 11, 98; Schlecht mit ſich ſelbſt vergnügt [wenig zu-
frieden]. 15, 73 ꝛc. — b) (ſ. 3) = froh, heiter, ſich
ſeinem Wunſche gemäß fühlend (zufrieden, ſ. a): Ver-
gnügt im Sinn. Claudius 5, 139; Weißt du, worin der
Spaß des Lebens liegt? | Sei luſtig! — geht es nicht, ſo ſei
vergnügt. G. 3, 55; So daß wir alle vergnügt, ja man
kann ſagen glücklich waren. 20, 216; Lebte mit ihr vergnügt
wie eine Heidelerche. Grimm M. 274; Das harmloſe in Gott
und der ſchönen Welt vergnügte Kind. Pückler Verſt. 1, 1;
Lebt jetzt ſtillvergnügt und einſam. Scheffel Tr. 5; Die ver-
gnügteſten Geſichter ꝛc. — Über Etwas vergnügt ſein; auch:
Vergnügt des bei Adelen beendigten Beſuchs. König Jer. 1,
115; Vergnügt des gegönnten Erwerbes. V. 2, 22 ꝛc. —
Auch: Vergnügte Tage findet man | .. nicht bei dem Thron.
Ramler F. 1, 163; Vergnügte Nachrichten ꝛc. — c) als
Ggſtz. von a undb: So denket Polydor und iſt nicht un-
vergnügt. Brockes 9, 474; Schilt nicht der Liebe Furcht und
Kummer, | des kalten Gleichſinns ekler Schlummer | iſt un-
vergnügter [Unluſt erregend] tauſendmal. Haller 100; Kein
unvergnügtes Wort entfiel dem weiſen Munde. Uz 2, 169 ꝛc.,
häufiger: Daß kein Menſch mit der gegenwärtigen Aus-
bildung ſeiner Geiſtesfähigkeit miſsvergnügt [a] iſt. L. 11,
453; Wo die Mißvergnügten auf den Beiſtand der Nation
ſicher zu rechnen haben. Sch. 804a; Über Etwas mißver-
gnügt [b] ſein ꝛc. — 6) der ſubſt. Infin. (ſ. 3): das
Vergnügtſein und Das, was Dieſes bewirkt, auch mit
Mz.: Ich thu’s mit dem größten V.; Etwas macht, ge-
währt, verurſacht Einem viel V., ein ungemeines V. ꝛc.;
Einem ein V. machen, bereiten; Sein V. an Etwas finden,
haben, in Etwas ſuchen; Seinem V. nachhängen; Sie reden
von Entzücken, wo V. ſchon viel zu viel wäre. Engel 7, 43;
Iſt der V. Reich nicht klein genug umſchränket? L. 1, 179;
Es iſt uns ein ſchlecht V., dergleichen Schnitzer auszuſuchen.
3, 125; Freude, Luſt und Entzücken ſind nur die Glieder des
V–s, das ſie zu einem höhern Leben verknüpft. Novalis 1,
105; Uns gab V., wie er auslegte ſeinen Kram. Rückert M.
1, 113; Er hörte ſeine Luſt und ſchaute ſein V. Roſt. 6a;
Das V., das man bannen will, entweicht. W. 5, 129;
Über den Grund des V–s an tragiſchen Gegenſtänden. Sch.
1133b; Die V. des Leibes. V. Ant. 1, 224 ꝛc.; Es iſt ein
Seelen-V., darunter hinzuwandeln. Sch. 310a. — Veralt.:
Hier herbergt Unbeſtand, dort wohnt Vergnügenheit.
Mühlpforth 2, 32. — Im Ggſtz.: Miſs-V. (ohne Mz.),
das Mißvergnügtſein, die Unluſt über etwas Unan-
genehmes, ſ. Mendelsſohn 4, 1, 333; So entſteht daraus
ein gewiſſes eiferſüchtiges Miß-V. G. 30, 36; Etwas mit
großem Miß-V. bemerken ꝛc. — 7) Die Vergnügung,
z. B. ſ. 2: Ob dieſem Liebesfeur Vergnügung ſei geſchehen.
Mühlpforth H. 6 ꝛc., nam. aber = 6, doch gw. nicht
von dem dauernden Zuſtand, wie Haller 17; Wenn die
Vergnügung [Zufriedenheit] nur mit mir zu Tiſche ſitzt.
Mühlpforth Geiſtl. 28 ꝛc., ſondern von den einzelnen
Handlungen: Sich viele Vergnügungen machen; Die Ver-
gnügungen des Verſtandes. Sch. 1133b; Daß er dieſe feinere
Wolluſt mehr in den Vergnügungen der Einbildungskraft und
des Herzens ſucht. W. 5, 116 ꝛc.
Work in progress
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