gleißen
Glēīßen, gliß (gleißte); geglissen (gegleißt), intr. (haben):
1) glänzen, hell scheinen etc. (s. 2): Es ist nicht Alles Gold, was gleißt (Sprchw.); Wenn du dich gleich mit Laugen wüschest, so gleißet doch deine Untugend desto mehr vor mir. 2, 22; Die so wir Citronen heißen | und ein wenig blasser g. 9, 188; Er gleißte so geduldig. 3, 190; 318; Das warf wie Gold ein g–d Licht .. Dem goldnen Glanz entsprach auch das Gewicht. 4, 33; 84; 149; 6, 256; Daß von Gold .. Alles glanz, glitz und gleiße. B. 38b; Wie doch der Schelm so Viel verheißt | und nur verleiht, was golden gleißt. 12, 42; Zinnteller, so g–d wie eitel Silber. 1, 74; 223; Wurde also ein lichter Teufel, der sich verstellet, daß er glisse („gließe“) wie ein himmlischer Engel. 6, 478b; 483b; 166a; 5, 492b; 8, 309b; 310a u. v.; Wie dein Gewand | von lauter Unschuldlilien gleißet. 2, 39; 2, 100; Sein Rüstzeug glänzt und gleißt, | daß mirs wie Wetterleuchten noch in den Augen beißt. 413; Bis in nächster Nacht die späten Sterne g. 12, 298; 33; Die g–den Wellen. Tag. 5 etc. — 2) Etwas scheinen, dem das Wesen nicht entspricht, einen falschen Schein von sich geben, heucheln (zuw. auch tr.): Laß mich nicht im Schein verwildern | der Welt, die tausendfarbig gleißt. 595; Gleich dem edelsten Metalle, | das glänzt und niemals gleißt. 1, 170; Heißt G. Frömmigkeit und Andacht Heuchelei. 79; Heuchelei und g–des Frömmeln. Reis. 4, 24; Faßte er den g–den Entschluß, mit den Schäfern auf einem gütlichen Fuß zu leben. 1, 159; Zeigte das Glück noch einmal sein g–des Antlitz. Mus. 2, 59; Du g–der Priester. A. 1, 160; 163; G–der Trug. 3, 12; Meinen Handlungen einen g–en Anstrich zu geben. 24, 2 etc. — 3) tr.: be-, überg. (2): Kein Krieg kann gerecht sein, so den tiefen | Grund legt ewiges Kriegs. Betüncht ihn, | gleißt ihn, er wird nicht gerecht! Od. 1, 82.
Anm. In unserm Wort sind 2 versch. Stämme zusammengeflossen:
1) dem starke Abwandlung gebührt, entspricht dem ahd., mhd. glize, das mit Glitze(r)n, Glimmern, Glänzen etc. urverwandt ist; 2 dagegen mit schwacher Abwandlung ist durch Fortfall des ch aus gleichsen entstanden, das ganz dem lat. simulare (heucheln) zu similis (ähnlich) entspricht; sich einem Andern gleich gebärden, stellen, ahd. līhison, mhd. gelîchesen, auch gelīchsenen, dem noch bei Ps. 62 das trans. Gleißnen entspricht: Sie gleißnen Segen mit dem Munde, | hegen Fluch im Herzen, und allgm.: Der Gleißner, wofür noch Gleißer sagt. Veralt. ist das Trans. (2) in Wendungen wie: Die Soldaten gleißeten die Flucht [stellten sich fliehend]. Das Wort hat heute meist die Bed. des blendenden, täuschenden Glanzes, doch wie die Belege unter 1 zeigen, auch bloß: glänzen. — S. nam. auch: Verächtliches Lob für dich (Sokraten mag es g.). 25, 131, d. h. ein Lob, das dir verächtlich ist, obgleich es Leuten wie einem Sokrates glänzend erscheinen mag, — wozu aber der Herausgeber irrig bemerkt: „Mit dem hiezu wohl von Wieland eigens gebildeten Wort g. statt einen gleißnerischen Firnis anstreichen“|
Zsstzg. vgl. die von Glänzen, z. B.: Án-: Damit wir nicht ... uns lassen seine große Gewalt a. und locken. Luther 8, 136. —
Be-: Von außen beglissen, von innen beschissen (Sprchw.). Goltz 1, 367. —
Dahêr-: Mit Frommkeit gleißen sie daher. Waldis Ps. 36, 2. —
Entgêgen-: Einen weißen Stein . . seh ich mir e. Müllner 1, 2, 53. —
Über-: tr.:
1) an blendendem Glanz etc. übertreffen. —
2) mit Gleiße überziehn, überfirnissen: Indem sie ihren Eigennutz mit einem gewissen Stolze übergleißt. Leb. 2, 6; Schöne Sprache übergleißt den .. hohlen Ausdruck. DM. 1, 1, 128. — Um-: tr.: mit etwas Gleißendem umgeben: Ging, | von Seid’ und Gold umgleißt. 2, 208. — Ver-: intr. (sein): aufhören zu gleißenu. so verschwinden: Wo ist der Geist, vor dem vergleißt, | was trügisch blinket? 365u. ā. m.
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