Glaube
Glāūbe (ſ. Anm.), m., –ns; –n; –ns-: 1) ohne
Mz., das vertrduensvolle Für-wahr-Halten von Etwas
und das daraus entſpringende Sich-Verlaſſen darauf;
vgl. Uberzeugung, — Ggſtz. Zweifel u. andrerſeits auch:
Wiſſen, Erkenntnis, namentl. oft prägnant in religiö-
ſem Sinn (ſ. 2): Mein G., daß das Mittel hilft, — an
die Heilkraft des Mittels, — zu dem Mittel [Zutrauen
dazu, daß es mir helfen wird]; Der G., daß es Geſpen-
ſter giebt, — an das Daſein von Geſpenſtern, — an Geſpen-
ſter; Der G. an viele Götter, an einen Gott, an die Ver-
heißungen Gottes, an die Bibel, an den Fortſchritt der Menſch-
heit ꝛc.; Den G–n an die Menſchheit [das Zutrauen zu
ihr] verlieren; Weil ſie den G–n zu ihm nicht hätten. Gott-
helf G. 185; Jemandes G. iſt ſtark, feſt, unerſchütterlich,
ſteht feſt wie ein Berg, — iſt wankend, erſchüttert, iſt ſchwach,
klein wie ein Senfkorn; Der wahre, rechte, ſeligmachende, —
ein falſcher, irriger G. (vgl. Wahn), ein todter G.; Ein
blinder G. [der Alles ohne Prüfung annimmt]; Einen
im G–n, ſeinen G–n befeſtigen, beſtärken, — wankend ma-
chen, erſchüttern; Bei einem G–n bleiben, beharren; Einem,
einer Sache G–n geben, ſchenken, beimeſſen, zuſtellen (Fichte
N. 54); Einer, Etwas findet G–n; Etwas in gutem G–n
[im Vertraun, daß es ſo iſt, ſo ſein müſſe] thun; Einem
Etwas auf guten G–n [in Rechnung auf Deſſen gläubi-
ges Vertraun] verſichern. G. 10, 55; Der G. kommt Einem
in die Hand (z. B. Luther 8, 174b), man erhält hand-
greifliche Beweiſe für Etwas, ſo daß man es glauben
muß ꝛc. — a) zuw. = Glaubwürdigkeit, z. B.: Er
bringt ſich dadurch um allen G–n; Die Sache verliert
dadurch allen G–n; Das überſteigt —, iſt über —
allen G–n [iſt unglaublich] ꝛc. — b) oft in der Ver-
bindung: Treu und G–n, Vertrauen und darauf be-
gründete Zuverläſſigkeit und Ehrlichkeit, namentl. auch
in Erfüllung einer Zuſage: Der Lügener hofft vergeblich
Treu und G–n. G. 4, 39; Er muß ſich auf Anderer Treu
und G–n verlaſſen. 39. 352; Wie oft man Treu und G–n
bricht. Hagedorn 2, 57; Auf Treue und G. [bei Danzel 226
„G–n“] annehmen. L. 12, 13; Wohl ihnen, daß ſie ſeine
Tugend | auf Treu und G. nehmen können. Nath. 2, 1; Auf
Treu und G–n halten. Sch. 32a; Keine Nation, welche es
den Teutſchen .. an Haltung, Treu und G–ns vorthue. Zink-
gräf 1, 287. — Seltner umgekehrt: Aus dem Geſpräche
verſchwindet die Wahrheit, G–n und Treue. Sch. 76b
(vgl. 2); Sie verſprachen’s ihr bei G–n und Treue. Schai-
denreißer 65b, und ſo als Verſichrungsformel (= bei
meinem Eide, auf mein Wort! ꝛc.) früher oft: Ich ſag
dir bei G–n. 59b; Bei meinen Edelmanns Trauen und G–n.
Berlichingen 83 ꝛc. (vgl.: In guten Trauen und G–n. 184),
vgl.: Darum will ich hie mein G. erlöſt [Wort gelöſt] und
meiner Zuſagung genug gethan haben. Franck Laſt. A. 2a. —
c) daher zuw., nam. früher, auch kaufm. = Kredit:
Einem Waare auf G–n, ihm G–n geben; keinen G–n ha-
ben; ſeinen G–n retten. Adelung, jetzt ungewöhnl. wegen
Unbeſtimmtheit und nahe liegender Mißdeutung, vgl.:
Ihren G–n verlieren, Bankerott ſpielen. Fiſchart B. 50a. —
S. Gläubiger. — 2) mit Mz.: der Ggſtd. des Glau-
bens, das Geglaubte beſonders in Bezug auf Gottes-
verehrung: a) Religion: Der chriſtliche, jüdiſche, muha-
medaniſche G.; Seines G–ns ein Proteſtant; Sich zum katho-
liſchen G–n bekennen; Ein Renegat, der ſeinen G–n abſchwört
und einen andern G–n annimmt ꝛc.; G. 1, 188; 8, 372; Der
allgemeine Chriſt, | der aller G–n Glied und keines Eigen iſt.
Haler 112; Zwei G–n hat die Welt hierin ſich längſt er-
wählt [als Abweichungen vom Wahren, Aber-G–n und
Un-G–n]. 58; Ein katholiſcher Chriſt, des allein heilbrin-
genden G–ns. V. u. ſ. w. — b) das Glaubensbekennt-
nis (Credo), eine kurze Formel als Inbegriff der we-
ſentlichſten Glaubenslehren in der chriſtlichen Kirche:
Der apoſtoliſche, der athanaſiſche G.; Schaut .. | auf ihren
Roſenkranz und hält’s in einem Stück | bis an den G–n
aus. W. 11, 165 ꝛc. — c) der (chriſtliche) G., perſoni-
ficiert, nam. oft in Verbindung mit Liebe und Hoff-
nung, z. B. G. 10, 238 ff., gewöhnl. als eine Frau
mit Kelch u. Kreuz. — Vgl.: Des G–ns fromme Taube.
Freiligrath Garb. 70 ꝛc.
Anm. Ahd. galoubo (m.), daneben galouba (f.),
ebenſo mhd. geloube (m. u. f.). Nhd. findet ſich auch: Der
Glauben z. B. Pſ. 146, 6; Chamiſſo 3, 361; Gottſchall G.
39; Rückert Mak. 1, 127; Ein Aberglauben. Hölderlin H. 1,
47; Der Unglauben. Heine Verm. 1, 99 ꝛc., wozu der jetzt
gewöhnl. Gen. G–ns, Dat. und Accuſ. G–n gehört, während
die zu G. gehörigen Formen: des Glaubes; dem, den
Glaube im Allgemeinen als veralt. zu bez. ſind, obgleich
z. B. noch L. 3, 216 ſchreibt: Wer weiß, ob nicht eheſtens
der elende Geſchmack den Aberglaube zu Hülfe ruft, und
G. 21, 113: Bei dem wenigen Glaube, Liebe und Hoff-
nung, — wo freilich die drei Wörter gleichſam zu einem
Begriff verſchmolzen erſcheinen. — Dagegen iſt die Form
Glaube als Dat. und Accuſ. ohne Artikel oder Ew. ge-
wöhnl., vgl. z. B.: Dies Abſchiednehmen von Liebe, Glaube
und Heiligung auf Erden, von dem Glauben an ꝛc. Goltz
1, 16; Eine Art von Aberglaube. G. 39, 165; Was
man gewöhnlich Aberglauben nennt. 80 u. ä. m. — In der
Verbindung mit Treue (ſ. 1b) meiſt Glauben, was aber
auch als ſubſt. Infin. gefaſſt werden kann u. ä. m. — Vgl.
Friede(n), Haufe(n), Name(n), Same(n) u. a. m. — Zuw.
auch Verkl. z. B.: Auch nur mit einem kleinen und winzigen
Gläublein, das nur wie ein Senfkorn iſt. Mattheſtus
Troſtſchr. 81; Wage 111 ꝛc.
Zſſtzg. (vgl. die von Gläubigkeit), z. B.: Āber-:
ein die Grenzen des rechten Glaubens namentl. in reli-
giöſer Beziehung überſchreitender Glaube, ſ. Über-G.:
Der Un-G. ein umgekehrter A. G. 39, 82; Die meiſten Völ-
ker leben unter dem Joch des A–ns [2c] ꝛc. Haller 58; Hatte
oft auch einen wunderbaren A–n an die Heilkraft mancher
Dinge. Hölderlin H. 1, 77 u. o. — Auch perſonif. (ſ.o.)
und als Geſammtheit von Abergläubiſchen. — Af-
ter-: falſcher Glaube, Aber-G. Hagen Nor. 112; Glaub’
an Nichts [Un-G.] umfinſtert unſre Schritte, | wie der After-
glaub’. Tiedge Ep. 1, 289. — Altwēīber-: Aber-G.,
Leichtgläubigkeit, wie ſie bei alten Weibern herrſcht:
Euren alten Weiberglauben ablegen. Peſtalozzi 1, 299, ſ.
Alt, Anm. — Bēī-: (veralt., mundartl.) Aber-G.
Frank Weltb. 44b. — Chríſten-. Alexis H. 2, 3, 81.
— Góttes-: Religion. Platen 4, 282, vgl.: Glücklich
genug, wenn die Bildung des Gottes- oder Götter-G–ns nicht
dem Zufall überlaſſen blieb. Hebel 7, 248. — Hēīls-:
der ſeligmachende Glaube. — Hérzens-: der im
Herzen lebendige Glaube, Ggſtz. Mund-G. — Hēū-
chel-: geheuchelter Glaube. — Irr-: Kant SW. 1,
166. — Kétzer-. — Kínder-: wie ihn Kinder he-
gen, lobend und tadelnd. — Kírchen-: wie ihn die
Kirche vorſchreibt: Kälte des geformelten K–s. V. Ant. 1,
191. — Kȫhler-: blinder Glaube: „Was gläubſt du?“
der Köhler antwortet: Das die Kirche gläubt. Der Doktor:
„Was gläubt denn die Kirche?“ Der Köhler: Das ich gläube.
Luther 6, 107a; Je mehr der K. meiner Jugend abnahm.
B. 352b; Politiſchen K–n, den man Loyalität, Treue nannte.
Gutzkow R. 5, 193 ꝛc. — Lēīcht-: Leichtgläubigkeit.
JP. 1, 186. — Mílch-: im Ggſtz. zum ,feſten Glau-
ben“. Luther 6, 147b. — Míß-: falſcher Glaube:
Den gefährlichen M–n ſammt den Mißgläubigen auszu-
rotten. V. Ant. 2, 4; L. 8, 324; Luther 6, 3b; 1, 306b;
HSachs 1, 532c ꝛc. — Múnd-: Gegenſatz von
Herzens-G., der bloß in Worten bekannt wird. —
Pfáffen-: Prieſter-: ſ. Ur-G. — Schēīn-: ſchein-
barer Glaube im Ggſtz. des wahren. — Schnéll-:
Leicht-G., ſchneller Glaube: Den Sch–n an eine wan-
kende Hypotheſe durch hiſtoriſche Gründe befeſtigen. FAWolf
H. 112. — Stérnen-: Glaube an die Sterne, nam.
in ihrem Einfluß auf das Geſchick der Menſchen:
Wallenſtein’s St. Devrient 3, 283. — Tēūfels-: ver-
dammter, der Hölle angehöriger Glaube. — Über-:
zuw. ſtatt Aber-G.: Der Glaube, gleich entfernt von Un-
und Ü–en. Rückert W. 2, 117; JP. 33, 21. — Un-: der
Mangel an Glauben, nam. im Ggſtz. von Aber-G.
(ſ. d.), der Zweifel an etwas zu Glaubendes: Zweifel-
ſucht, U. und ſtarres hochmüthiges Ableugnen. G. 39, 114;
Äußerte ſogar einen entſchiedenen U–n an meine Beharrlich-
keit. 22, 150 ꝛc. — Auch perſonif. u. kollekt.: die Ge-
Work in progress
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