Faksimile 0587 | Seite 579
Faksimile 0587 | Seite 579
Gerste
Gérſte, f.; 0; –n-: 1) eine nam. für die Bier-
brauerei wichtige Getreideart, Hordeum, u. zwar ſo-
wohl die Pflanze als auch die Frucht: 2. Moſ. 9, 31;
Ruth 3, 2 ꝛc.; Die Pferde füttern ſie mit G. . ., im Früh-
jahr geben ſie ihnen geſchoßte grüne G. G. 23, 290; Die
im November geſäete G. iſt den erſten Juni reif. 353; Vom
ſpröden Halm die bärtige G. zu ſchneiden. V. Georg. 1, 317;
Od. 4, 41 ꝛc. Ein gewiſſes praktiſches Judicium, das man
freilich nicht in der G. friſſt. Sch. 118a ꝛc. S. Zſſtzg.
2) die von der Hülſe und Spitze befreite Frucht (ſ.
Graupe): Gerollte, gerändelte, geriebene G.; Schwäbiſche
(Ulmer) G., eine ſehr feine Art Perlgraupe. 3) Kochk.:
a) nach der Ahnlichkeit mit 2) Teig, auf dem Reibeiſen
zu Körnern gerieben und in Fleiſchbrühe abgekocht.
b) ein in der Pfanne gebacknes Gericht von Mehl, Eier
und Milch, Gerſting.
Anm. Ahd. gërsta, mhd. gërste, viell. urvwdt. mit
gr. zρίή, lat. hordeum. Nbnf. masc.: der Gerſten,
z. B.: Im G–n. Brockes 9, 145; Das Mülzen aus eigen-
gebauetem Gerſten. Erbvergleich §. 244 ꝛc.; auch findet ſich:
die G–n und nam. ſo ohne Artikel: Der Korb mit G–n.
Droyſen 1, 85 ꝛc. (bei Schm. 2, 62 auch als Mz.: Reuen
dich deine G–n. Reime von 1562). Dazu oberd.: Ger-
ſten, Girſten, a.: z. B. Gerſtenes [gw.: Gerſten-] Mehl
ꝛc. Auch: Gerſteln, Girſteln, intr. (haben): nach od.
wie Gerſte ſchmecken. 3b leitet Adelung von dem Gerſten-
mehl her, das Arme zu der Speiſe nehmen; da dieſelbe aber
auch Getz e(n), m., heißt (ſ. Adelung, Weinhold 27a), ſo iſt
dies vielleicht die Urform (von geſſen = eſſen, vgl. ätzen,
fretzen ꝛc.), vgl. Ölgötze.
Zſſtzg. nam. zu 1, z. B.: Bārt-: mit langen
Grannen, H. zeocriton. Blátt-: Art zweizeiliger
Sommer-G., H. frutescens. Dāvids-, Dín-
kels-: vierzeilige nackte G., H. caeleste. Eīer-
[3a]: zu Graupen geriebne Semmel mit Butter und
Eiern; Suppe, worin Eidotter zu Gräupchen gerieben
iſt. Erd-: Ranunculus ficaria (Nemnich). Frǖh-:
Art frühgeſäeter Gerſte. Fútter-: zweizeilige
Sommergerſte, H. distichon. Hérbſt-: Winter-
G. Hímmels-: Davids-G. Kérn-: H. vul-
gare. Kórn-: H. secalinum, Art Wieſenpflanze.
Krópf-: taube Gerſte; von einer Larve in der
Ähre herrührende Krankheit. Línſen-: Gerſte und
Linſen unter einander geſäet. Mä́rz-: Früh-G.
Mǟūſe-: Art wilder Gerſte, H. murinum; Lolium.
Mútter-: Art brandiger Gerſte, vgl. Mutter-
korn. Nēū- [2]: Perlgraupen. Pēters-:
Bart-G. Plátt-: Futter-G. Rēīs-: Bart-
G. Róll-, Rōth-: vielzeilige Gerſte. Sāāt-,
Sāmen-: zur Ausſaat dienend. Sómmer-: die
im Frühling geſäet und im Herbſtgeerntet wird, Ggſtz.:
Winter-G., die im Herbſt geſäet, im Winter in der Erde
bleibt. Spāt-, Spǟt-: Ggſtz. Früh-G.
Stāūden-: Blatt-G. Stóck-: Roll-G.
Tāūb-: Mäuſe-G. Wēīzen-: Weizen und Gerſte
unter einander geſäet. Wīēſen-: Korn-G.
Wínter-: ſ. Sommer-G. Zēīl(en)-: Kern-G.
Zīēgel-, Zīēl-: Futter-G. (eig. wohl nur
mundartl. Nbnform von Zeil-G.) ꝛc.