gern
Gerne
Gérn(e), adv.: 1) mit Luſt, mit Vergnügen, mit
freudiger Bereitwilligkeit ſeinem Begehren, Triebe, der
Neigung folgend: Er giebt g. [liebt es im Allgemeinen,
zu geben]; Nimm nur, ich geb’ es dir g. [mit Vergnügen,
in Bezug auf den einzelnen Fall]; Jch ſchlafe im Allge-
meinen nicht g. lang, aber heute hätte ich g. noch ein Stünd-
chen gelegen; G. eſſen, trinken, tanzen, ſpielen, arbeiten ꝛc.;
Etwas, Einen g. haben, g. ſehen, g. mögen; Ich möchte,
wollte g., aber ich darf nicht; Von Zeit zu Zeit ſeh’ ich den
Alten g. G. 11, 17; Wir würden | doch lieber langſam gehn
und unſre Hand | ihm g. und willig leihen. 13, 105; Von
eurer Macht allein und ihrer Furcht | erhaltet ihr den g. ver-
ſagten Dienſt [den ſie ihrer Neigung folgend verſagen
würden]. Sch. 492a ꝛc. — So mit Bezug auf ein and-
res als das genannte Subjekt: Du kannſt es g. bekommen,
mitnehmen = immerhin, meinethalb, eig.: Jch gebe,
laſſe es dir g. ꝛc. — a) verſtärkt durch mancherlei Zu-
ſätze, z. B.: Etwas herzlich g., von Herzen g. thun; Da
ſtimm’ ich mit ein, von Herzen g. Chamiſſo 3, 217 ꝛc. —
Etwas für ſein Leben g. mögen; Es wußte für ſein Leben g.,
was dieſe oder jene Nachbarin ſage. Gotthelf Sch. 161; Für
mein Leben g. hätte ich auch einen Blick in den Harem gewor-
fen. Kinkel Erz. 188 ꝛc. — Sehr g., recht g., gar g., gar
(ſ. d. 2b) zu g., wobei der urſpr. Sinn des Übermaßes
oft zurücktritt = überaus g.: Ich gönne dir das Vergnü-
gen gar zu g., vgl. das — das tadelhafte Übermaß mehr
andeutende: Ich ſpiele nur zu g. Karten ꝛc. (vgl. 2b); Sie
thäten es nicht mehr (ſ. d.) wie [gewöhnl.: als] g. Gutz-
kow R. 6, 245 ꝛc. — So auch in Zſſtzg. z. B.: Jch
geb’s ihm herzens-g. (mundartl. auch: blut-g.); Zu-
letzt ſähe ich unſre Sprache lebens-g–e von einer Menge
nichtsſagender Silben gereinigt. Enſe Denkw. 1, 172. —
Der ſeelen-g. des Nächſten Gram | von dem beſchwerten
Herzen nahm. Burmann Fab. 47. — Weil ich’s ſo über-g–e
vergeſſen mag. Tieck 16, 361 ꝛc. — b) mit Verneinung,
wobei deren Stellung zu beachten iſt: Ich gehe nicht g.
zu Ball [liebe das Ballgehn nicht]; Ich ginge gern heute
nicht zu Ball [meiner Neigung entſpräche das Nichtgehn]:
Er möchte gern Keinen beleidigen [es iſt ſein Wunſch, Kei-
nen zu beleidigen]; Er möchte Keinen g. beleidigen [es
wäre ihm unlieb, Einen zu beleidigen]; Die Kinder, ſie
hörens nicht g–e. G. 1, 143; Ich gab nicht g. den Willen
drein. W. 11, 171; Ich hab’s nicht g. [nicht mit Abſicht,
mit Fleiß] gethan; Es iſt nicht g. geſchehn ꝛc. — Zuw.
minder genau: Nur will g. kein Volk [gewöhnlicher: kein
Volk g.] das Wenigere auf ſeine Sprache kommen laſſen. L.
11, 154ꝛc. — Stärker als: nicht g. iſt der reine Ggſtz.:
un-g. (ſ. d.), der nicht bloß das Fehlen der Luſt, ſon-
dern gradezu die Unluſt, den Widerwillen, Verdruß
bezeichnet. — Man beachte die Wendung: G. oder nicht,
verkürzt = gleichviel ob man es gern will oder nicht;
ohne daß man um ſein Wollen gefragt wird; nolens,
volens: G. oder nicht, ſie muß es tragen. W. 11, 193; 8,
206; 12, 288 ꝛc. So auch: Die Freiheit .., die er ihr,
g. oder un-g., laſſen mußte. 19, 303; 193; Schleppen ihn,
g. oder un-g., fort auf die Schiffe. Hebel 3, 101 u. v. —
c) zuw. als ſächl. Hw.: Das G. [g. Geben] iſt noch
ſeltener als Geld. Gotthelf U. 2, 315. — d) vielfach in
Zſſtzg. zur Bildung von perſönl. Hw., wo es nachſtehnd
(in imperativiſchen Bildungen) die Neigung zu Etwas,
voranſtehnd „das eitle und fruchtloſe Beſtreben“, Et-
was zu ſein ausdrückt (ſ. L. 5, 321): Ein Habegern,
Spiel-g., Tadel-g., Trink-g., Zank-g. ꝛc., — ein Gern(e)groß,
Gern(e)klug, Gern(e)gelehrt, Gern(e)witz ꝛc. — 2) übertr.:
a) auch auf Lebloſes, in einer Art Perſonifikation zur
Bezeichnung Deſſen, was dem Weſen, der Eigenthüm-
lichkeit gemäß iſt u. deßhalb gewöhnlich ſtatthat: Dieſe
Pflanze wächſt g. am Waſſer, jene hat g. trocknen Boden;
Stille Waſſer ſind g. [gewöhnlich, in der Regel] tief; Da
wächſt der Wein, wo’s Faß iſt; | es regnet g., wo’s naß iſt.
G. 2, 243; Gießt man zu heiß, ſo fallen die Lichte g. fleckig
aus. Karmarſch 2, 414; 3, 169; So iſt ſittliche Vortreff-
lichkeit g. die Begleiterin eines vergnügten Gemüths. Sch.
1134a; Zwar wird (wie man im Liede ſinget) | die Schönſte
g. dem Tapferſten zu Theil. W. 12, 187 ꝛc. Doch vermei-
det man die Anwendung jetzt gewöhnlich, wo Mißdeu-
tung mit 1) zu befürchten iſt, z. B.: Die hohen Steiger
fallen g. (Sprchw.). Schottel 1132a. — b) = leicht, zur
Bez. der Möglichkeit, indem Etwas ſeinem Weſen nach
dem Geſagten nicht widerſtreitet, z. B. (veralt.) von
Sachen: Körper, welche feſt, | wovon keiner g. ſich trennen, |
weniger behämmern läſſt. Brockes 9, 41; Waſſergehölze, ſo
ſich g. ſchälen läſſt. Zink 1, 313. Auch: Ein Schwert, das
ging g. [leicht, willig] aus und ein. 2. Sam. 20, 8 ꝛc. —
Ferner (ſ. a) auch hier hochd. heute vermieden, wo
Mißdeutung mit 1 zu befürchten, z. B.: Du hätteſt g.
einen Andern. Gotthelf Sch. 9 [= bekämſt leicht ꝛc.]; Be-
kanntlich ſtreckt man die Hände nicht g. zwiſchen .. beißende
Hunde, man kriegt g. [leicht] Zähne drein. U. 2, 305; Wir
. kommen nicht g. in den Harniſch [gerathen nicht leicht
in Zorn]. Weidner 29; doch findet ſich: Der Weiſe, | der
g–e die Geduld verlor. Pfeffel Po. 3, 161; Es war einmal,
ich denke zu Salern, | ein König, Namens — ja! die Na-
men, | die Namen, die vergeſſ’ ich gar zu g.!.
..Genug,
daß in Salern | ihm Niemand g. den Preis der Schönheit
ſtreitig machte. W. 12, 3 ꝛc. — Dagegen gewöhnl.: Das
glaube ich g. [leicht, wohl]; Das will ich g. glauben; Das
iſt g. möglich; Es begegnet mir g., daß ich zu raſch urtheile.
Sch. (Liter. Nachl. der Frau v. Wolzogen 1, 228); Wie man
denn in unbefriedigten Stunden nur zu g. auf ſonderbare
Spielereien verfällt. König Kl. 3, 56; Dieſe Kleider konnten
in der Ferne .. g. für ein ſich bewegendes menſchliches Weſen
gehalten werden. Willkomm Wald 196 ꝛc. — Häufig in
Verbindung mit gut (ſ. d.), z. B. eig.: Dafür kannſt du
gut und g. zehn Thaler geben; dann auch mit Bezug auf
ein gedachtes Subj.: Das koſtet gut und a. [füglich,
mindeſtens] 10 Thaler ꝛc.; In der Zeit, die mir ein Stück
von 10 Bogen koſtet, könnte ich gut und g. mit weniger
Mühe 100 andere Bogen ſchreiben. L. 12, 384; B. 176a u. o.
Anm. Goth. gairns, ahd. gërno, mhd. gërne, vgl.
III. Gehren, Anm. — Veralt. als Ew., vgl. noch mhd.
mietegërn, niugërne ꝛc., lohn-, neu-gierig ꝛc. Die Steig-
rung meiſt von lieb gebildet und ſo entſpricht z. B.: „Ich
habe dich lieber als ihn“ den beiden verſch. Wendungen;
Ich habe dich gern, — und: lieb (ſ. d.), vgl. jedoch: Mich
ſelbſt verdruß ebenſo faſt, ſo mich ein Wirth zu lieb und g.
hielt, als wenn er mich mit Unwillen ausjagte und un-g.
hätte. Schaidenreißer 63a; Hab ich nicht das Mädel g. gehabt
wie meinen Augapfel. Spindler Stadt 1, 7. — Doch findet
ſich auch: Gern und Gerner: Es mag der alte Zecher | ſich
g–e ſonnen .. und g–er ſich ſonnen am Klarblick deiner Au-
gen ꝛc. Chamiſſo 3, 72; Um ſo viel lieber, je gerner
wir ꝛc. L. 3, 16; Ich hab euch immer am gernſten ge-
habt. Sch. 131a; Er wird gerner darauf verweilen, ohne
zu wiſſen, warum. 690b ꝛc. — Dieſe Steigrung iſt die ge-
wöhnliche bei un-g., ſo: Ungerner. G. Stein 1, 235; L.
12, 247; 421; Luther 6, 28a ꝛc. — Am (aller-)ungern-
ſten. G. 9, 248; L. 12, 146; 244 ꝛc.
Zſſtzg. ſ. 1a; außerdem: Ún- [1b u. Anm.]: Un-
gern ſeh ich den Jüngling, der immer ſo thätig | mir in dem
Hauſe ſich regt, nach außen langſam und ſchüchtern. G. 5,
12; Die Gabe .., | die er oft ungern giebt, um loszuwer-
den den Armen. 14 ꝛc.
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