Faksimile 0586 | Seite 578
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gern Gerne
Gérn(eGérn(e), adv.:
1) mit Lust, mit Vergnügen, mit freudiger Bereitwilligkeit seinem Begehren, Triebe, der Neigung folgend: Er giebt g. [liebt es im Allgemeinen, zu geben]; Nimm nur, ich geb’ es dir g. [mit Vergnügen, in Bezug auf den einzelnen Fall]; Jch schlafe im Allgemeinen nicht g. lang, aber heute hätte ich g. noch ein Stündchen gelegen; G. essen, trinken, tanzen, spielen, arbeiten etc.; Etwas, Einen g. haben, g. sehen, g. mögen; Ich möchte, wollte g., aber ich darf nicht; Von Zeit zu Zeit seh’ ich den Alten g. G. 11, 17; Wir würden | doch lieber langsam gehn und unsre Hand | ihm g. und willig leihen. 13, 105; Von eurer Macht allein und ihrer Furcht | erhaltet ihr den g. versagten Dienst [den sie ihrer Neigung folgend versagen würden]. Sch. 492a etc. So mit Bezug auf ein andres als das genannte Subjekt: Du kannst es g. bekommen, mitnehmen = immerhin, meinethalb, eig.: Jch gebe, lasse es dir g. etc.
a) verstärkt durch mancherlei Zusätze, z. B.: Etwas herzlich g., von Herzen g. thun; Da stimm’ ich mit ein, von Herzen g. Chamisso 3, 217 etc. Etwas für sein Leben g. mögen; Es wußte für sein Leben g., was diese oder jene Nachbarin sage. Gotthelf Sch. 161; Für mein Leben g. hätte ich auch einen Blick in den Harem geworfen. Kinkel Erz. 188 etc. Sehr g., recht g., gar g., gar (s. d. 2b) zu g., wobei der urspr. Sinn des Übermaßes oft zurücktritt = überaus g.: Ich gönne dir das Vergnügen gar zu g., vgl. das das tadelhafte Übermaß mehr andeutende: Ich spiele nur zu g. Karten etc. (vgl. 2b); Sie thäten es nicht mehr (s. d.) wie [gewöhnl.: als] g. Gutzkow R. 6, 245 etc. So auch in Zsstzg. z. B.: Jch geb’s ihm herzens-g. (mundartl. auch: blut-g.); Zuletzt sähe ich unsre Sprache lebens-g–e von einer Menge nichtssagender Silben gereinigt. Ense Denkw. 1, 172. Der seelen-g. des Nächsten Gram | von dem beschwerten Herzen nahm. Burmann Fab. 47. Weil ich’s so über-g–e vergessen mag. Tieck 16, 361 etc.
b) mit Verneinung, wobei deren Stellung zu beachten ist: Ich gehe nicht g. zu Ball [liebe das Ballgehn nicht]; Ich ginge gern heute nicht zu Ball [meiner Neigung entspräche das Nichtgehn]: Er möchte gern Keinen beleidigen [es ist sein Wunsch, Keinen zu beleidigen]; Er möchte Keinen g. beleidigen [es wäre ihm unlieb, Einen zu beleidigen]; Die Kinder, sie hörens nicht g–e. G. 1, 143; Ich gab nicht g. den Willen drein. W. 11, 171; Ich hab’s nicht g. [nicht mit Absicht, mit Fleiß] gethan; Es ist nicht g. geschehn etc. Zuw. minder genau: Nur will g. kein Volk [gewöhnlicher: kein Volk g.] das Wenigere auf seine Sprache kommen lassen. L. 11, 154etc. Stärker als: nicht g. ist der reine Ggstz.: un-g. (s. d.), der nicht bloß das Fehlen der Lust, sondern gradezu die Unlust, den Widerwillen, Verdruß bezeichnet. Man beachte die Wendung: G. oder nicht, verkürzt = gleichviel ob man es gern will oder nicht; ohne daß man um sein Wollen gefragt wird; nolens, volens: G. oder nicht, sie muß es tragen. W. 11, 193; 8, 206; 12, 288 etc. So auch: Die Freiheit .., die er ihr, g. oder un-g., lassen mußte. 19, 303; 193; Schleppen ihn, g. oder un-g., fort auf die Schiffe. Hebel 3, 101 u. v.
c) zuw. als sächl. Hw.: Das G. [g. Geben] ist noch seltener als Geld. Gotthelf U. 2, 315.
d) vielfach in Zsstzg. zur Bildung von persönl. Hw., wo es nachstehnd (in imperativischen Bildungen) die Neigung zu Etwas, voranstehnd „das eitle und fruchtlose Bestreben“, Etwas zu sein ausdrückt (s. L. 5, 321): Ein Habegern, Spiel-g., Tadel-g., Trink-g., Zank-g. etc., ein Gern(e)groß, Gern(e)klug, Gern(e)gelehrt, Gern(e)witz etc.
2) übertr.:
a) auch auf Lebloses, in einer Art Personifikation zur Bezeichnung Dessen, was dem Wesen, der Eigenthümlichkeit gemäß ist u. deßhalb gewöhnlich statthat: Diese Pflanze wächst g. am Wasser, jene hat g. trocknen Boden; Stille Wasser sind g. [gewöhnlich, in der Regel] tief; Da wächst der Wein, wo’s Faß ist; | es regnet g., wo’s naß ist. G. 2, 243; Gießt man zu heiß, so fallen die Lichte g. fleckig aus. Karmarsch 2, 414; 3, 169; So ist sittliche Vortrefflichkeit g. die Begleiterin eines vergnügten Gemüths. Sch. 1134a; Zwar wird (wie man im Liede singet) | die Schönste g. dem Tapfersten zu Theil. W. 12, 187 etc. Doch vermeidet man die Anwendung jetzt gewöhnlich, wo Mißdeutung mit 1) zu befürchten ist, z. B.: Die hohen Steiger fallen g. (Sprchw.). Schottel 1132a.
b) = leicht, zur Bez. der Möglichkeit, indem Etwas seinem Wesen nach dem Gesagten nicht widerstreitet, z. B. (veralt.) von Sachen: Körper, welche fest, | wovon keiner g. sich trennen, | weniger behämmern lässt. Brockes 9, 41; Wassergehölze, so sich g. schälen lässt. Zink 1, 313. Auch: Ein Schwert, das ging g. [leicht, willig] aus und ein. 2. Sam. 20, 8 etc. Ferner (s. a) auch hier hochd. heute vermieden, wo Mißdeutung mit 1 zu befürchten, z. B.: Du hättest g. einen Andern. Gotthelf Sch. 9 [= bekämst leicht etc.]; Bekanntlich streckt man die Hände nicht g. zwischen .. beißende Hunde, man kriegt g. [leicht] Zähne drein. U. 2, 305; Wir . kommen nicht g. in den Harnisch [gerathen nicht leicht in Zorn]. Weidner 29; doch findet sich: Der Weise, | der g–e die Geduld verlor. Pfeffel Po. 3, 161; Es war einmal, ich denke zu Salern, | ein König, Namens ja! die Namen, | die Namen, die vergess’ ich gar zu g.!. ..Genug, daß in Salern | ihm Niemand g. den Preis der Schönheit streitig machte. W. 12, 3 etc. Dagegen gewöhnl.: Das glaube ich g. [leicht, wohl]; Das will ich g. glauben; Das ist g. möglich; Es begegnet mir g., daß ich zu rasch urtheile. Sch. (Liter. Nachl. der Frau v. Wolzogen 1, 228); Wie man denn in unbefriedigten Stunden nur zu g. auf sonderbare Spielereien verfällt. König Kl. 3, 56; Diese Kleider konnten in der Ferne .. g. für ein sich bewegendes menschliches Wesen gehalten werden. Willkomm Wald 196 etc. Häufig in Verbindung mit gut (s. d.), z. B. eig.: Dafür kannst du gut und g. zehn Thaler geben; dann auch mit Bezug auf ein gedachtes Subj.: Das kostet gut und a. [füglich, mindestens] 10 Thaler etc.; In der Zeit, die mir ein Stück von 10 Bogen kostet, könnte ich gut und g. mit weniger Mühe 100 andere Bogen schreiben. L. 12, 384; B. 176a u. o.
Anm. Goth. gairns, ahd. gërno, mhd. gërne, vgl. III. Gehren, Anm. Veralt. als Ew., vgl. noch mhd. mietegërn, niugërne etc., lohn-, neu-gierig etc. Die Steigrung meist von lieb gebildet und so entspricht z. B.: „Ich habe dich lieber als ihn“ den beiden versch. Wendungen; Ich habe dich gern, und: lieb (s. d.), vgl. jedoch: Mich selbst verdruß ebenso fast, so mich ein Wirth zu lieb und g. hielt, als wenn er mich mit Unwillen ausjagte und un-g. hätte. Schaidenreißer 63a; Hab ich nicht das Mädel g. gehabt wie meinen Augapfel. Spindler Stadt 1, 7. Doch findet sich auch: Gern und Gerner: Es mag der alte Zecher | sich g–e sonnen .. und g–er sich sonnen am Klarblick deiner Augen etc. Chamisso 3, 72; Um so viel lieber, je gerner wir etc. L. 3, 16; Ich hab euch immer am gernsten gehabt. Sch. 131a; Er wird gerner darauf verweilen, ohne zu wissen, warum. 690b etc. Diese Steigrung ist die gewöhnliche bei un-g., so: Ungerner. G. Stein 1, 235; L. 12, 247; 421; Luther 6, 28a etc. Am (aller-)ungernsten. G. 9, 248; L. 12, 146; 244 etc.
Zsstzg. s. 1a; außerdem: Ún- [1b u. Anm.]: Ungern seh ich den Jüngling, der immer so thätig | mir in dem Hause sich regt, nach außen langsam und schüchtern. G. 5, 12; Die Gabe .., | die er oft ungern giebt, um loszuwerden den Armen. 14 etc.