Faksimile 0577 | Seite 569
Faksimile 0577 | Seite 569
geistern
Gēīſtern, tr. und intr. (haben): unüblich außer
in Zſſtzg.
Anm. Für die tr. vgl. die Zſſtzg. von Geiſten; für die
intr. die von Geiſterei.
Zſſtzg.: Āūs-: (mundartl.) ſterben. Frommann 5,
433. Be-: tr.: ſ. begeiſten: Die Muſen, Amor,
Bacchus, die Liebe, der Wein, der Ruhm, die Ehre, die Frei-
heit b. Eigen (zu Etwas); Des Helden Thaten b. den Dichter
zu Geſängen; Vergebt, wenn ich mich ſelbſt begeiſtert fühle, |
wie ein Verzückter weder Zeit, noch Ort, | noch, was ich ſage,
wohl bedenken kann. G. 13, 122; Dieſe Übereinſtimmung
ſelbſt, begeiſtert ſie nicht den Künſtler mit .. der Lieblichkeit,
die er nachher in ſeine Werke legt? 31, 16; Waren für ihn
enthuſiasmiert, ja begeiſtert. HHerz 244; Das wird Feuer in
deine Adern blaſen, wenn dich ſonſt Nichts mehr begeiſtert.
Sch. 107a; Von fanatiſcher Wuth begeiſtert. 832a ꝛc.
Er iſt begeiſtert [betrunken]. Dazu: a) Zſſtzg. des
Partic.: Ein gottbegeiſterter Seher; Die weinbegeiſterten
Bacchanten ꝛc. b) Der Begeiſterer. Merck’s B. 1, 35.
c) Begeiſterung, f.; –en: das Begeiſtern, das
Begeiſtertſein, auch zuw. perſonif. (die Göttin der B.):
Die B–en [E. T. A.] Hoffmann’s gleichen oft den Einbildun-
gen, die ein unmäßiger Gebrauch des Opiums hervorbringt.
G. 33, 197; In all den B–en unſerer Liebe. Hölderlin H.
2, 99; Von den B–en | des ſüßeſten Gefühls durchdrungen.
Thümmel 1, 60; Die heiligen B–en funkeln | der Nachwelt
erſt [die in B. hervorgebrachten Werke]. V. 3, 224; Sie,
die droben ſchwebt, | mit Schwanenlaut und Adlerſchwung |
die ſtürmiſche B. [perſonif.]. 4, 158 ꝛc. Des Dichters B.
weckt die Mit-B. und beide halten die Nach-B. wach. Pröhle
244; Und wer, euch nach, zu edlem Lob | der Ur-B. Fittig
hob. V. 4, 155 ꝛc. Eīn-: tr.: eingeiſten (ſ. d.),
inſpirieren: Wenn wir ihnen ja noch einen Gedanken e. dür-
fen. W. 19, 165. Ent-: tr.: der Lebensgeiſter be-
rauben, entſeelen: Schreck, Angſt, Wolluſt, Entzücken e.
Einen; Ein Gebiet des Lebens, das, von der Wiſſenſchaft ab-
geſondert, entgeiſtert und ohne Bedeutung daſteht. Börne 5, 5;
Der Wolluſt ſüßer Traum entgeiſtert mein Geblüte. Canitz
146; Gift, | das Nattern tödten kann und Skorpion’ entgei-
ſtert. Lohenſtein Roſ. 111; Troſtlos und entgeiſtert. Pfeffel
Pr. 3, 186; Jetzt zur Statüe entgeiſtert, | jetzt entkörpert
ſteh ich da. Sch. 2b; Hatte ſein Herz zurückgelaſſen | bei
Sonnemon und mit dem blaſſen | entgeiſterten Schatten lief
ſein Roß, | wohin es wollte. W. 10, 180; Athemlos, ent-
geiſtert vor Entzücken. 20, 75; Von Lieb’ und Angſt entgei-
ſtert. 121; Schnell überraſcht, entgeiſtert ſie | des Zauber-
degens Blitz [verwandelt ſie zu Statüen]. 12, 217; Von
wieviel . . . Krankheiten liegt die Urſache in einem verwunde-
ten, gepresten oder entgeiſterten Herzen! 9, 18; Erwacht aus
einer langen Entgeiſterung. 15, 56; Eine gewiſſe Mat-
tigkeit der Seele .., vollkommen das Widerſpiel von der Be-
geiſterung, worin wir ihn bisher geſehen haben . . Dieſe Ent-
geiſterung. 5, 118 ꝛc. Wie .. der blöde Jüngling ſch’am-
entgeiſtert ſteht. Grillparzer Sappho 15 ꝛc., vgl. be-g.
Frēī-: intr.: ein Freigeiſt ſein, ſich als ſolcher
äußern: Uns Etwas daher zu f. [tr.]. Forſter B. 1,⏒679;
Als ſündliche, f–de Hageſtolze leben. Tieck N. 2, 28; 5,
264; Früher hat er gefreigeiſtert und jetzt frömmelt er.
Schȫn-: intr.: vgl. frei-g.: Er ſchöngeiſterte im neue-
ſten Modeton. V. Ant. 1, 357. Über-: tr.: die Lebens-
geiſter übermäßig aufregen: Alles Ü. iſt ein ſpiritualiſti-
ſches Paralyſieren ſeiner ſelbſt. Waldau N. 1, 245.
Ver-: tr.: 1) zu Geiſt, geiſtig machen, vergeiſtigen:
Ich .. gerieth mit . . ſchönen Geiſtern in ein geiſtiges Ver-
kehr .. | Auch mocht’ es in der That mich etwas mit v. B.
107a; Den übermenſchlichen, gleichſam vergeiſterten Körper
des Gottes darſtellen. Burmeiſter gB. 1, 93; Lohenſtein Hy.
27 ꝛc. 2) Einen zu einem Geiſt, d. h. gleichſam un-
körperlich machen, ihn durch gewaltige Erregung,
Schreck, Entzücken ꝛc. außer ſich bringen: Vergeiſtert
flogen ihre Locken, | ſo wie ſie dunkle Worte ſang. Arndt
Gd. 86; G. 34, 283; Ein todtenähnliches vergeiſtertes Aus-
ſehen. Kurz Weihn. 128; Mit vergeiſterten Blicken. Tieck N.
7, 124; 4, 353; Er ſtand wie Einer, der nicht hörte und
nicht ſah, | bezaubert und vergeiſtert da. W. 11, 162; Als
Idris, hingeriſſen | von ſympathetiſcher Gewalt, | .. Zenide
ſich zu Füßen | vergeiſtert wirft. 12, 308 u. ä. m.