Faksimile 0573 | Seite 565
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gehren
III. Gêhren, tr. (veralt.):
be-g. (s. d.), z. B. noch: Ihr aber seid ein Weideplatz | dem Hoffen und ein Ziel dem G. Rückert Mak. 1, 114; auch mit Genit. (s. Be-g. 1d): Wer ihrer Minne gehrte. Simrock N. 326.
Anm. Goth. geirón, gairnjan, ahd. kërôn, mhd. gër(e)n, mit dem Grundbegriff des sinnlichen Strebens nach Etwas. Zu dem Stamme gehören: Gier(de), gierig, Geier, gern. Versch. davon scheint mundartl. Ab-g.: Daß es nach dem hiesigen Landesausdruck „abgehrte“ d. h. daß die Fruchtpreise fielen. Auerbach D. 4, 57.
Zsstzg.: Áb- [Anm.].
Be-: sinnlich nach Etwas streben, danach Verlangen fühlen oder äußern, es verlangen, es haben wollen:
1) Etwas von Einem b.: Die Pharisäer begehrten von ihm ein Zeichen. Mark. 8, 11; Wie er es von dir begehret, so mache es mit ihm. Jer. 39, 12; Ein Mädchen von den Eltern zur Frau, zur Ehe b. etc.
a) früher st. „von“ häufig „an“ mit Accus. (ver- einzelt mit Dat. Luther Br. 2, 188; Zinkgräf 2, 71 etc.), z. B.: Begehrete sie gleich an ihre Eltern zu seinem Eheweib. 2, 92; Begehrt er ein Gluff [Stecknadel] von ihm ... Begehrt er eine an diesen. 1, 26 (ebenso wechselnd. 268); Begehrte an ihn, er sollte ihm das Kloster schenken (vgl. c). 17; 189; 234; 244; Schweinichen 2, 68; 209 etc. So noch: Wenn sie’s nur an ihn begehrten. Rückert Morg. 1, 188. S. fordern 1a.
b) oft ohne eine Person, an die das B. gerichtet wird, von der etwas Verlangtes gewährt werden soll: Nimm, was dein Herz begehret. 1. Sam. 2, 16; Der König begehret keine Morgengabe [von dir]. 18, 25; Du sollst nicht b. deines Nächsten Haus etc. 5. Mos. 5, 21; Wer ist, der gut Leben begehret und gerne gute Tage hätte? Ps. 34, 13; Du scheinest .. für gut zu halten, was du eifrig wünschest | und willst im Augenblick, was du begehrst. G. 13, 197; Den fröhlichen Tanz, den alle Jugend begehret. 5, 12; Den Zweck zu b. und die Mittel zu hassen. Sch. 970b u. o. Auch: Weil Wahrheit Licht begehrt [erfordert, haben muß]. Günther u. o. (s. d). Dagegen zuw. mit sogen. ethischem Dat., zur Bez., daß das Gewünschte dem Wünschenden zu Gute kommen soll (s. g): Du begehrest dir große Dinge, begehre es nicht. Jer. 45, 5; Logau 1037 etc.
c) das Obj. kann durch einen Satz ausgedrückt sein: Wir b., daß Jeglicher denselben Fleiß beweise. Hebr. 6, 11; Alle Welt begehret Salomo zu sehen. 1. Kön. 10, 24; Noch heißer begehr’ ich, selbander | mit dir zu fahren als du. Chamisso 3, 272; Lange begehrten wir, ruhig allein zu sein, | lange begehrten wir’s. Platen 2, 167 u. o. Selten mit Accus. u. Infin.: Fehler, von welchen man es .. frei zu sein b. kann. L. 3, 166. Häufiger mit Auslassung des „zu sein“: Jch begehre die Arbeit fehlerfrei (sie fehlerfrei zu haben); Dann begehrt aus seinem Schoß | die Gefangne selbst nicht los [zu kommen]. Götz 1, 49 etc.
d) früher sehr häufig der Gen. st. des,Obj. z. B. 2. Mos. 34, 24; 5, 7, 25; Ps. 17, 12; 119, 40 u. 131 u. o. So noch in der gehobnen Rede: Wer noch des Weins begehrt. Platen 2, 53; Wo Alles der Feste begehret. G. 5, 109; Darob das Mädchen dein begehrt, | wie Gold und edel Geschmeide (Accus.) 1, 152. Übrigens bez., genau genommen, der Genit. nur das Gefühl des Verlangens nach Etwas, der Accus. dagegen auch die Kundgebung durch den Willen, das Aussprechen, weßhalb auch nur dieser gewöhnl. s. 1 u. 1a mit „von“ und „an“ bei der Pers. vorkommt. Dem Genit. aber entspricht häufig „nach“ (vgl. Begier, Verlangen nach Etwas fühlen, s. e): So nimm das Thier, mein Bruder, wonach dein Herz begehrt. Chamisso 3, 316; Alles abzuweisen, wonach die Menschen b. Gotter 6, 70 etc. So heißt es z. B. von Thieren: Nach der Begattung b.; Die rindernde Kuh begehrt nach dem Stier, begehrt den Stier, der Stier die (nach der) Kuh etc. u. weidm. (s. b) nam. vom Luchs: Er begehrt (ranzet). Döbel 1, 43a.
e) das Ziel des Begehrens wird, wie durch „nach“, (s. d) auch durch adverb. Bestimmungen nam. des Orts bez.: Nach Hause, nach Paris, in die Stadt, aufs Land, heim, hin, her, hinaus, fort, weg [zu gehen] b. (vergl.: wollen), z. B.: Sie flehend, gebietend, und drohend begehrt | hinaus. Chamisso; Wohin er denn eigentlich begehre. G. 16, 289; Versicherte ihm, daß er nicht in die Stadt begehre. Sch. 1082a etc.
f) zuw. ohne Obj. oder Ziel etc.: Der Faule begehrt und kriegt doch Nichts. Spr. 13, 4; Wie du begehrest. Sir. 6, 37; Chamiso 3, 316 etc., s. d.
g) das Passiv. zuw. mit Dat. st. von: Uns, den Liebenden und Treuen, | sei nun weiter Nichts begehrt (vgl. b). G. 6, 87 etc. Ferner das Partic. in Zsstzg. z B.: Das köstliche Juwel das allbegehrte. Beer Arr. 143; Ein vielbegehrtes Gut; Nahm das Männervolk in selbstbegehrte Stricke. Mühlpforth H. 6 etc.
h) der Infin. als sächl. Hw. auch = das Verlangen, die an Einen gerichtete Forderung, s. Begehr: Auf vieles B.; In Jemandes B. willigen; Sein B. erfüllen etc. Daneben: Er rechtet mit den Begehrungen der Menschen [Begierden]. Börne 3, 97; Wie viele Gedanken und Begehrungen im Menschen zugleich lebendig seien. Prutz DMus. 1, 2, 125 etc.
2) Zsstzg. s. 1e; ferner z. B.: Áb-b.: Er hat mir doch gestern meinen Strauß abbegehrt. Jffland 9, 2, 107; Ich begehre von der Erbschaft Nichts ab, verlange keinen Theil davon; Der Mönch .., dem er in Zürich, anbegehrt, [auf dessen Begehren, Anbegehren] | den Simson und den Leu erklärt. Reithard 110 etc. Nam. auch: Āūf-b., z. B.: Der Kranke begehrt auf [zu stehn] etc., mundartl. aber: auftrumpfend Fordrungen aussprechen etc., dann überh. = schelten, zanken, Skandal machen: Auf-b., mit Einem, über Einen, über Etwas, gegen Etwas, z. B. Auerbach Leb. 2, 62; Gotthelf G. 150; U. 2, 25; 96; 135; 157; 257; Sch. 24; 107; 358; Hausblätter (56) 1, 472; Kompert Pfl. 2, 184 etc. S. Aufbegehrisch.