Faksimile 0552 | Seite 544
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Gast G.
Gáſt, m., –es; Gäſte, (Gaſten 4); Gäſtchen, lein;
-: 1) urſpr. der Fremde, an einem Ort nicht Heimiſche,
ſondern ſich dort nur zeitweiſe Aufhaltende, frühernam.
im Ggſtz. von Bürger, ſ. Schm. 2, 77 und Stalder 2,
517: Als wäreſt du ein G. im Lande und als ein Fremder,
der nur über Nacht darinnen bleibt. Jer. 14, 8; Nicht mehr
Gäſte und Fremdlinge, ſondern Bürger mit den Heiligen und
Gottes Hausgenoſſen. Epheſ. 2, 19; 1. Chr. 30, 15; 5. Moſ.
18, 6; Ich bin ein G. auf Erden. Pſ. 119, 19 ꝛc.; Ein
trüber G. | auf der dunkeln Erde. G. 4, 17; Kommſt du |
aus dem Reich der fernen Mosleminen, | hier ein G. in dieſer
Stadt, o Fremdling? Platen 4, 283. 2) ein Fremder
in Bezug auf den Wirth (ſ. d.), inſofern er bei Dieſem
Aufnahme und Bewirthung findet, ſei es gegen Be-
zahlung (bei einem Gaſtwirth) oder aus Gaſtfreund-
ſchaft, allgm. aus Freundſchaft, wobei oft der urſpr.
Begriff des Fremden zurücktritt = der gaſtlich aufge-
nommene oder eingeladene Beſuch: Daß die Reiſenden
auswendig [über unſer Gaſthaus] ſpotten und die Gäſte
inwendig klagen. G. 6, 321 U. v. Leute zu Gaſt(e) laden,
bitten. Tob. 8, 21; Luther 5, 272a ꝛc.; Lud er ſich auf das
höflichſte bei mir zu G–e. Mörike N. 437; Leute zu G–e
haben. 3. Macc. 6, 28; Euch Schwärmern, die ihr .. alle
Tage zu G–e ſeid. L. 12, 247; Stets kommen die Bauern
bei uns zu G. Echtermeyer 70 ꝛc. Daß ſie die Gäſte zur
Hochzeit riefen. Matth. 22, 3 ꝛc.; Viele Gäſte wünſch’ ich
heut | mir zu meinem Tiſche .. Eingeladen ſind ſie ja, | ha-
ben’s angenommen. G. 1, 110; Verfehlt | iſt ehrenvollſter
ſchuldigſter Empfang | ſo hohen G–es [wie die Helena].
12, 192; Sie ward mit beſondrer Achtung als G. be-
handelt; Schönheit iſt überall ein gar willkommner G. (vgl. d).
15, 52; 19; Nun machte er ſogleich als G. den Wirth,
ſpendete reichlich Früchte an ſeine Geſpielen. 18, 10; Nie
täuſcht ein Moslem ſeinen G. Platen 1, 208; Ramler F. 3,
44; Hier wendet ſich der G. [Gaſtfreund] mit Grauſen ...
Mein Freund kannſt du nicht länger ſein. Sch. 57b U. .
a) zuw. auch nur = Beſuch, ohne Rückſicht auf die
Aufnahme: Trat ein zu ihm .. | ſein Vetter Anſelmo, ein
ſeltner G. Chamiſſo 3, 224 [der nicht häufig kommt]; Und
er ſchlummert faſt, | als ein ſeltner G. * [ein befremdender
Beſuch, ein Mädchen] | ſich zur offnen Thür herein bewegt.
G. 1, 189 ꝛc.; Als ein Schwarm geſchwänzter Gäſte
[Katzen] | von den nächſten Dächern ſtieg. Lichtwer 32.
b) ein fremder, nicht zur Geſellſchaft gehöriger Schau-
ſpieler, der in einzelnen Rollen auftritt: Demoiſelle W.
gab als G. *die Rolle der Toni. Börne 5, 197.
c) Einer, der einem Unterricht nur vorübergehend,
nicht als eigentlicher Theilnehmer desſelben, beiwohnt,
der hoſpitiert. d) auch v. perſonif. Ggſt.: Der Win-
ter iſt ein ungebetner G., den ſtellt man hinter die Thüre.
Alexis H. 1, 1, 9; Der Hunger iſt ein ſcharfer G. [plagt
ſcharf, wo er ſich einſtellt]. Chamiſſo 3, 210; So wird
die Angſt dein G. und ſetzt ſich mit zu Tiſche. Hagedorn 1,
50 ꝛc., wie zuw. auch umgekehrt Das perſonif. wird,
deſſen Gaſt man iſt: Das Allerbeſte . ., das fürwahr nur
wenig Gäſte | in der Klauſe zählt. G. 4, 42 [das nur von
Wenigen ausgeübt wird]. e) auch in Bezug auf
etwas Einen Aufnehmendes (ſachl. ſt. perſönl.): Wer
war, wer iſt der grauſen Wildnis G. [Bewohner]. Chamiſſo
4, 152. 3) (vgl. Handels-Freund ꝛc.): ein Kunde,
Einer, der Einen, ſeinen Laden, ſein Geſchäft oft be-
ſucht, frequentiert ꝛc. (ſ. Zſſtzg.). So auch übertr.,
oft m. Ew., wie Kunde (ſ. d.) = Perſon (zuw. auch
v. perſonif. Sachen, ſ. 2d), nam. inſofern ſie Einen
in der durch das Ew. bez. Weiſe behandelt, ſich in
ihrem Thun ſo zu erkennen giebt (vgl. Patron,
Prinz ꝛc.): Du biſt der rechte G., du biſt ein wenig faul.
Gleim 4, 323; Er iſt ein grober G., doch ſpricht er gut.
G. 8, 39; Ein Floh iſt mir ein ſaubrer G. 11, 91; Da
das ſchwarze Meer heute ſo artig und galant war, wie man
es nur irgend von einem ſonſt ſo wirſchen G–e verlangen
kann. Kohl Südr. 1, 329; Ein durchtriebner G. Möſer 4,
87; Wie? ruft der ſchlaue G. W. 12, 292 ꝛc. Zuw.
auch mehr mit Bezug auf den Ankömmling, den Auf-
genommenen, Fremden (ſ. 1 u. 2): Ich konnt’ an dieſe
Welt mich nicht gewöhnen, | die ſich verſchloß dem ungefügen
G. [1]. Chamiſſo 6, 288; Die Zeit, wo der froſtige G., | mit
knöchernem Arm, das Alter, uns faſſt. Geibel Jun. 7; „Wer
hat das Haus [Grab, zur Aufnahme des Todten] ſo
ſchlecht gebaut?“ . . . Dir, dumpfer G. [2] im hänfnen Ge-
wand, | iſt’s viel zu gut gerathen. G. 12, 291; Im Fall
entfuhr dem Greifen des Kindleins Überlaſt, | da barg ſich
zwiſchen Stauden dieſer kleine G. [,,der wenige gast“].
Simrock Gudr. 72 ꝛc. 4) Schiff. mit der Mz. Gaſten:
zu einem beſtimmten Seedienſt angeſtellte Matroſen
oder Seeleute (ſ. Zſſtzg.), vgl. Back II 1a u. mhd.
gate, der Genoſſe ꝛc.
Anm. Goth. gasts, ahd., mhd. gast, vgl. lat. hostis,
urſpr. der Fremde, dann der Feind, wie die Nbnf. hospes
der Fremde als Gaſtfreund. G. bez., wie Männer, auch
Frauen, ſ. o. die Bſp. mit, ferner Chamiſſo 3, 259; 4, 16;
G. 13, 13; Hagedorn 2, 301; Immermann M. 1, 268;
König Jer. 2, 326; Rückert Mak. 1, 48; V. Jl. 18, 387 ꝛc.,
ſelten: Heißt dieſe Gäſtin doch viel tauſendmal willkommen.
Mühlpforth Hochz. 155; Unter den Bade gäſtinnen. Riemer
G. 1, 391 ꝛc. Die Ez. ſteht ferner auch ſich kollektiv auf
Mehrere beziehend: Mein Volk zog .. hinab . ., daß es da-
ſelbſt ein G. wäre. Jeſ. 52, 4; Leute zu G. [vgl.: zu Gäſten]
haben, ſie zu G. bitten, laden, in welchen Wendungen
Adelung unnöthig ein andres Wort erblickt. Ungewöhnl. aber:
Hier ſind wir nicht willkommne G. [Gäſte]. G. 12, 259.
Dichteriſch zuw. der Genit. als Bſtw.: Gaſtesrecht. Sch.
53b ꝛc. Verkl. Gäſtchen. Schwab 265.
Zſſtzg. vielfach, leicht zu mehren nach den folgen-
den: Abend-: der des Abends kommt, zu einer
Soiree geladen iſt ꝛc.; übertr. auch: der nur kurze
Zeit bleibt. Báck- [3]: bei den Bäckern ein
Kunde, der gewöhnl. bei ihnen backen läſſt.
Bácks- [4]: Matroſe, der ſeinen Poſten auf der
Back hat. Bāde-: der ein Bad beſucht, ſ. Kur-
G. Bōōtsmanns- [4]: unter dem ſpeciellen
Befehl des Bootsmanns ſtehende Matroſen. Brún-
nen-: der einen Geſundbrunnen beſucht. G. 6, 45.
Ehren-: beſonders zu ehrender. G. 27, 253.
Fāhr-: Perſon, die ſich von Einem für Geld fahren
läſſt: Bekommt er eine Heuer . ., ſo ſteuert er ſeinen F.,
wohin Dieſer verlangt. Hausblätter (56) 1, 452. Flágg-
[4]: Matroſe, der die Flaggen in Verwahrung hat, ſo
Göſch-, Wimpel-G. Frēī-: Geſell eines Frei-
ſchuſters, wenn erebei zünftigen Meiſtern arbeitet.
Göſch-: ſ. Flagg-G. Hāfen- [3]: Schiffer, der
in einen Hafen einläuft. Hóchzeit(s)-: zur Hoch-
zeit geladen ꝛc. Hütt- [4]: H–en, die ſämmtlichen
Officiere, die ihren Aufenthalt in der Hütte haben.
Kóje- [4]: Schlafkamerad: Euer Backsmaat und K.
HSmidt gL. 2, 25. Kūr-: ſich der ärztl. Kur wegen
wo aufhaltend, z. B. Bade-, Brunnen-G. G. 27, 254
ꝛc. Māhl- [3]: bei den Müllern. Möſer Ph. 2, 274,
vgl. Back-G. Márkt-: Marktbeſucher. Temme
Schw. M. 2, 158. Mārs- [4]: Matroſe, deſſen
Poſten auf einem Mars iſt, Marsklimmer. Mít-:
in Bezug auf andre Gäſte neben ihm. Engel 12, 288;
G. 22, 209 ꝛc. Nácht-: Einer, der die Nacht über
bei Einem herbergt; der Einen Nachts beſucht, z.B.
von einem wilden Thier: Die Loſung des fremden N–es.
Tſchudi 434. Pfíngſt-: der Einen zu Pfingſten
beſucht; z. B. vom heiligen Geiſt. Hammer RH. 432.
Sálz- [3]: in den Salzkothen, vgl. Back-G.
Schīēmanns-[4]: vgl.Bootsmanns-G. —Schíffs-
[4]: Matroſe, Schiffskamerad, vgl. Koje-G. Hausblätter
(1857) 1, 278. Schílder-: Soldat auf der Schild-
wache. Chamiſſo 3, 217. Sómmer-: Der S., die
Schwalbe, zieht. Tieck 10, 82; Sch. 561a. Spinn-:
Beſucher(in) der Spinnſtube. Körner Sch. 4, 384.
Stámm-: Gaſt, der von lange her bei Einem regel-
mäßig verkehrt. Tíſch-: der bei Einem iſſt; auch
Tiſchgenoß. Tópp- [4]. Trāūer-: Theil-
nehmer des Leichenbegängniſſes ꝛc. Uhland 18b.
Trínk-: z. B. Gaſt in einem Trinkhauſe. Wím-
pel-: ſ. Flagg-G. Zúcker-: ein zu den unge-
flügelten Läufern gehöriges Jnſekt, Lepisma saccha-
rina.