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Gast G.
Gást, m., –es; Gäste, (Gasten 4); Gästchen, lein; -:
1) urspr. der Fremde, an einem Ort nicht Heimische, sondern sich dort nur zeitweise Aufhaltende, frühernam. im Ggstz. von Bürger, s. Schm. 2, 77 und Stalder 2, 517: Als wärest du ein G. im Lande und als ein Fremder, der nur über Nacht darinnen bleibt. Jer. 14, 8; Nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen. Ephes. 2, 19; 1. Chr. 30, 15; 5. Mos. 18, 6; Ich bin ein G. auf Erden. Ps. 119, 19 etc.; Ein trüber G. | auf der dunkeln Erde. G. 4, 17; Kommst du | aus dem Reich der fernen Mosleminen, | hier ein G. in dieser Stadt, o Fremdling? Platen 4, 283. 2) ein Fremder in Bezug auf den Wirth (s. d.), insofern er bei Diesem Aufnahme und Bewirthung findet, sei es gegen Bezahlung (bei einem Gastwirth) oder aus Gastfreundschaft, allgm. aus Freundschaft, wobei oft der urspr. Begriff des Fremden zurücktritt = der gastlich aufgenommene oder eingeladene Besuch: Daß die Reisenden auswendig [über unser Gasthaus] spotten und die Gäste inwendig klagen. G. 6, 321 U. v. Leute zu Gast(e) laden, bitten. Tob. 8, 21; Luther 5, 272a etc.; Lud er sich auf das höflichste bei mir zu G–e. Mörike N. 437; Leute zu G–e haben. 3. Macc. 6, 28; Euch Schwärmern, die ihr .. alle Tage zu G–e seid. L. 12, 247; Stets kommen die Bauern bei uns zu G. Echtermeyer 70 etc. Daß sie die Gäste zur Hochzeit riefen. Matth. 22, 3 etc.; Viele Gäste wünsch’ ich heut | mir zu meinem Tische .. Eingeladen sind sie ja, | haben’s angenommen. G. 1, 110; Verfehlt | ist ehrenvollster schuldigster Empfang | so hohen G–es [wie die Helena]. 12, 192; Sie ward mit besondrer Achtung als G. behandelt; Schönheit ist überall ein gar willkommner G. (vgl. d). 15, 52; 19; Nun machte er sogleich als G. den Wirth, spendete reichlich Früchte an seine Gespielen. 18, 10; Nie täuscht ein Moslem seinen G. Platen 1, 208; Ramler F. 3, 44; Hier wendet sich der G. [Gastfreund] mit Grausen ... Mein Freund kannst du nicht länger sein. Sch. 57b U. .
a) zuw. auch nur = Besuch, ohne Rücksicht auf die Aufnahme: Trat ein zu ihm .. | sein Vetter Anselmo, ein seltner G. Chamisso 3, 224 [der nicht häufig kommt]; Und er schlummert fast, | als ein seltner G. * [ein befremdender Besuch, ein Mädchen] | sich zur offnen Thür herein bewegt. G. 1, 189 etc.; Als ein Schwarm geschwänzter Gäste [Katzen] | von den nächsten Dächern stieg. Lichtwer 32.
b) ein fremder, nicht zur Gesellschaft gehöriger Schauspieler, der in einzelnen Rollen auftritt: Demoiselle W. gab als
G. *die Rolle der Toni. Börne 5, 197. c) Einer, der einem Unterricht nur vorübergehend, nicht als eigentlicher Theilnehmer desselben, beiwohnt, der hospitiert. d) auch v. personif. Ggst.:
Der Winter ist ein ungebetner G., den stellt man hinter die Thüre. Alexis H. 1, 1, 9; Der Hunger ist ein scharfer G. [plagt scharf, wo er sich einstellt]. Chamisso 3, 210; So wird die Angst dein G. und setzt sich mit zu Tische. Hagedorn 1, 50 etc., wie zuw. auch umgekehrt Das personif. wird, dessen Gast man ist: Das Allerbeste . ., das fürwahr nur wenig Gäste | in der Klause zählt. G. 4, 42 [das nur von Wenigen ausgeübt wird]. e) auch in Bezug auf etwas Einen Aufnehmendes (sachl. st. persönl.): Wer war, wer ist der grausen Wildnis G. [Bewohner]. Chamisso 4, 152. 3) (vgl. Handels-Freund etc.): ein Kunde, Einer, der Einen, seinen Laden, sein Geschäft oft besucht, frequentiert etc. (s. Zsstzg.). So auch übertr., oft m. Ew., wie Kunde (s. d.) = Person (zuw. auch v. personif. Sachen, s. 2d), nam. insofern sie Einen in der durch das Ew. bez. Weise behandelt, sich in ihrem Thun so zu erkennen giebt (vgl. Patron, Prinz etc.): Du bist der rechte G., du bist ein wenig faul. Gleim 4, 323; Er ist ein grober G., doch spricht er gut. G. 8, 39; Ein Floh ist mir ein saubrer G. 11, 91; Da das schwarze Meer heute so artig und galant war, wie man es nur irgend von einem sonst so wirschen G–e verlangen kann. Kohl Südr. 1, 329; Ein durchtriebner G. Möser 4, 87; Wie? ruft der schlaue G. W. 12, 292 etc. Zuw. auch mehr mit Bezug auf den Ankömmling, den Aufgenommenen, Fremden (s. 1 u. 2): Ich konnt’ an diese Welt mich nicht gewöhnen, | die sich verschloß dem ungefügen G. [1]. Chamisso 6, 288; Die Zeit, wo der frostige G., | mit knöchernem Arm, das Alter, uns fasst. Geibel Jun. 7; „Wer hat das Haus [Grab, zur Aufnahme des Todten] so schlecht gebaut?“ . . . Dir, dumpfer G. [2] im hänfnen Gewand, | ist’s viel zu gut gerathen. G. 12, 291; Im Fall entfuhr dem Greifen des Kindleins Überlast, | da barg sich zwischen Stauden dieser kleine G. [,,der wenige gast“]. Simrock Gudr. 72 etc. 4) Schiff. mit der Mz. Gasten: zu einem bestimmten Seedienst angestellte Matrosen oder Seeleute (s. Zsstzg.), vgl. Back II 1a u. mhd. gate, der Genosse etc.
Anm. Goth. gasts, ahd., mhd. gast, vgl. lat. hostis, urspr. der Fremde, dann der Feind, wie die Nbnf. hospes der Fremde als Gastfreund. G. bez., wie Männer, auch Frauen, s. o. die Bsp. mit, ferner Chamisso 3, 259; 4, 16; G. 13, 13; Hagedorn 2, 301; Immermann M. 1, 268; König Jer. 2, 326; Rückert Mak. 1, 48; V. Jl. 18, 387 etc., selten: Heißt diese Gästin doch viel tausendmal willkommen. Mühlpforth Hochz. 155; Unter den Bade gästinnen. Riemer G. 1, 391 etc. Die Ez. steht ferner auch sich kollektiv auf Mehrere beziehend: Mein Volk zog .. hinab . ., daß es daselbst ein G. wäre. Jes. 52, 4; Leute zu G. [vgl.: zu Gästen] haben, sie zu G. bitten, laden, in welchen Wendungen Adelung unnöthig ein andres Wort erblickt. Ungewöhnl. aber: Hier sind wir nicht willkommne G. [Gäste]. G. 12, 259. Dichterisch zuw. der Genit. als Bstw.: Gastesrecht. Sch. 53b etc. Verkl. Gästchen. Schwab 265.
Zsstzg. vielfach, leicht zu mehren nach den folgenden: Abend-: der des Abends kommt, zu einer Soiree geladen ist etc.; übertr. auch: der nur kurze Zeit bleibt. Báck- [3]: bei den Bäckern ein Kunde, der gewöhnl. bei ihnen backen lässt. Bácks- [4]: Matrose, der seinen Posten auf der Back hat.
Bāde-: der ein Bad besucht, s. Kur- G. Bōōtsmanns- [4]: unter dem speciellen Befehl des Bootsmanns stehende Matrosen.
Brúnnen-: der einen Gesundbrunnen besucht. G. 6, 45.
Ehren-: besonders zu ehrender. G. 27, 253.
Fāhr-: Person, die sich von Einem für Geld fahren lässt: Bekommt er eine Heuer . ., so steuert er seinen F., wohin Dieser verlangt. Hausblätter (56) 1, 452. Flágg- [4]: Matrose, der die Flaggen in Verwahrung hat, so Gösch-, Wimpel-G.
Frēī-: Gesell eines Freischusters, wenn erebei zünftigen Meistern arbeitet.
Gösch-: s. Flagg-G. Hāfen- [3]: Schiffer, der in einen Hafen einläuft.
Hóchzeit(s)-: zur Hochzeit geladen etc. Hütt- [4]: H–en, die sämmtlichen Officiere, die ihren Aufenthalt in der Hütte haben. Kóje- [4]: Schlafkamerad: Euer Backsmaat und K. HSmidt gL. 2, 25.
Kūr-: sich der ärztl. Kur wegen wo aufhaltend, z. B. Bade-, Brunnen-G. G. 27, 254 etc. Māhl- [3]: bei den Müllern. Möser Ph. 2, 274, vgl. Back-G.
Márkt-: Marktbesucher. Temme Schw. M. 2, 158. Mārs- [4]: Matrose, dessen Posten auf einem Mars ist, Marsklimmer.
Mít-: in Bezug auf andre Gäste neben ihm. Engel 12, 288; G. 22, 209 etc.
Nácht-: Einer, der die Nacht über bei Einem herbergt; der Einen Nachts besucht, z.B. von einem wilden Thier: Die Losung des fremden N–es. Tschudi 434.
Pfíngst-: der Einen zu Pfingsten besucht; z. B. vom heiligen Geist. Hammer RH. 432. Sálz- [3]: in den Salzkothen, vgl. Back-G. Schīēmanns-[4]: vgl.Bootsmanns-G. —Schíffs- [4]: Matrose, Schiffskamerad, vgl. Koje-G. Hausblätter (1857) 1, 278.
Schílder-: Soldat auf der Schildwache. Chamisso 3, 217.
Sómmer-: Der S., die Schwalbe, zieht. Tieck 10, 82; Sch. 561a.
Spinn-: Besucher(in) der Spinnstube. Körner Sch. 4, 384.
Stámm-: Gast, der von lange her bei Einem regelmäßig verkehrt.
Tísch-: der bei Einem isst; auch Tischgenoß. Tópp- [4].
Trāūer-: Theilnehmer des Leichenbegängnisses etc. Uhland 18b.
Trínk-: z. B. Gast in einem Trinkhause.
Wímpel-: s. Flagg-G.
Zúcker-: ein zu den ungeflügelten Läufern gehöriges Jnsekt, Lepisma saccharina.