Galle
Gálle, f.; –n; –n-, Gall-:
1) durch Jnsekten ver- anlaßter Auswuchs an Pflanzen, s. Gallapfel; auch die durch Blattläuse entstandnen Blasen. Sch. 4, 133. —
2) G., Harz-, Pech-G., durch Hervorquellen des Harzes entstandner Fleck im Holz. 3, 60; 2, 30; Harz-, pechgalliges Holz. ebd.; vgl. Theer-G., die beim Schwelen im Theerofen zuerst abfließende, milchige Flüssigkeit, Gallwasser. —
3) Niere im Mineralreich; eine härtere Stelle im Sandstein. 1, 415; so auch Stein-G. — Vgl.: Gries-, Sand-G.: steiniger Fleck im Acker. 25. —
4) G., Acker-, März-, Naß-, Sauer-, Wasser-G. (s. d.), sumpfige Stelle im Acker, Pfütze, worin sich Wasser sammelt; vgl.: G.: Fäulnis im Käse. 478; Sobald die Seele gesegnet hat, so sehen wir, daß das Übrige gewesen sei ein Schleim und G. [fauler Unrath], ein Gestank und Etwas, das ich nicht nennen mag. Stein-G., die aus den Steinen quellende Feuchtigkeit. Wassergällig: morastig. ebd. s. Gülle und: Die Fischerei war mittelmäßig, indem wegen der seltenen Ungewitter und Platzregen nicht viel G. (Fischnahrung) in die Teiche geführt worden. (19. 325. —
5) Grube, kleine Höhlung im Lauf einer Kanone. —
6) Name mehrerer Pferdekrankheiten, so: ein häutiger Auswuchs unter der Zunge. 15, 715; ferner: Fluß-G.: wäßrige Geschwulst an den Knieen; Gelenk-G.; Geschwulst durch Entzündung der Gelenkkapseln; Sehnen-G.: wäßrige Geschwulst innerhalb der Sehnenscheiden; Spat-G.: in der Nähe des Spatknochens, Art Spat; Stein-G.: Quetschung der Fleischsohle, oft durch Steine verursacht; Wind-G.: aufgeblasene, verschiebbare Geschwulst an beiden Seiten der Fessel. Sh. 3, 391. —
7) G., Glas-G.: die beim Schmelzen des Glases sich auf der Oberfläche ansammelnde schaumige Masse, welche aus den Salzen besteht, die in die glasige Verbindung nicht eintreten konnten. —
8) Regen-G.: ein unvollständiger Regenbogen, auch Wasser-, Wetter-G. (s. d.) genannt. Ähnlich: Wind-G.: ein heller Schein am Himmel, der Sonne gegenüber, welcher Wind verkünden soll. —
9) im thierischen Körper ein von der Leber ausgesonderter bittrer, meist grünlich gelber Saft, und zwar die Leber-G., die durch den Leber- u. Gallengang unmittelbar in den Fünffingerdarm sich ergießt und zur Zersetzung des Speisebreis dient, und die Blasen-G., die sich in der Gallenblase sammelt, und viel bittrer, dicker und dunkler ist als jene. — Die G. gilt als Bezeichnung des Bittersten, sowohl eigentl. als übertr.; ferner im Ggstz. des reinen, frischen Bluts als Ursache von Mißstimmung (so nam.: schwarze G.), von Arger, Verdrießlichkeit, Erbittrung, giftigem Neid, Wuth, Zorn etc., und dann auch für diese Gemüthsstimmungen selbst: Bitter wie G.; Ich will dies Volk mit Wermuth speisen und mit G. tränken. 9, 15; 5. 29, 18; Ihre Trauben sind G. 32, 32; Du bist voll bittrer G. [Bosheit]. 8, 23; Honig im Munde und G. [böse Gesinnung] im Herzen (Sprchw.); Auch Ameisen haben G. [auch im Geringsten regt sich Zorn und Grimm,. wenn man ihn reizt]; Sie fluchten und spieen Gift und G. gegen den Herzog. B. 2, 250; Muß der Augenblicke Süßtes | sich zu Gischt und G. wandeln. 12, 31; Jmmer bittrer ruht’ er nicht, | bis er den reinsten Tropfen Bluts in mir | zur G. umgewandelt. 13, 148; Noch mehr G. zu schlucken [sich ärgern]. 14, 75; Schon fing die G. mir an zu kochen. 20, 75; Ich schwur .. Rache und kochte lauter G. A. 1, 92; 229; Worüber Diese von Neuem Gift und G. wurde. Gsp. 1, 250; Gift und G. möchte ich speien. 1, 285; Selten hat ein Grobian G. 511; Mit so frommer G., mit einem so pietistischen Stolze. 6, 14; Uns die G. rege zu machen. 11, 448: Die G. läuft mir gleich über. 12, 105; Alles, was man da sieht, muß Einem ja die G. ins jagen. 213; Vor G. bersten. 5, 177; Ein Männchen, schwarzer G. voll. 1, 16; So voll sein schwarzer G–n | des Neides. 1, 162; Da ist mehr Gall denn Honig [mehr Bittres als Angenehmes] bei. Fr. 85; Ihre Liebe verwandelte sich in bittre G. und essigsauren Haß. A. 1, 266; Weil es mir an G., an Kraft der Erbitterung fehlt, um Beleidigungen zu strafen. DBl. 2, 107; Wenn er auch die G. noch zurückhält. 1, 85; Es schwillt mein Herz voll G. mir, wenn ich des Mannes | denke. Il. 9, 646; So sehr .. die Gall’ ihm stieg. 11, 48; Reizet Dies noch mehr des Weisen G. 3, 41; Nachdem er seiner G. Luft gemacht. 8, 265; Beider G. zu versäuren. 12, 138; Das .. erhitzt die G. 274; Daß mir die G. schwillt. 249; 3, 169; 20, 155; Macht .. bei euch statt frischen Bluts nur böse G. 164 etc. — Zuw. auch der weidmännisch als Sitz der Galle geltende Schwanz des Rothwilds, s. 1, 14b.
Anm. Die versch. Bed. vielleicht versch. Stämmen angehörig, doch lassen sich die meisten ungezwungen auf die Bed. des Ergusses, des Heraustretens zurückführen, s. zu 9 nam.: Die G. steigt, kocht, läuft über, ergießt sich ins Geblüt etc., vgl. zu dem der Lautverschiebung nach entsprechenden griech. óoςl9], ahd. gallâ, mhd. galle, z.B. zvöς, Magensaft, γoéρeα, Dachrinne etc., von é, gießen, vgl. Geil I, Anm.
Zsstzg. zu 9 nach den versch. Thieren, z. B.: Bären-, Fisch-, Ochsen-G. etc.; ferner: Ácker- [4]. — Blāsen- [9]. —
Erd-: Name mehrerer gallbittrer Pflanzen, z. B. Tausendgüldenkraut, Gentiana centaurea; Gratiola officinalis; Ophiorrhiza mungos etc., zuw. auch = Erdgallert (s. d.). — Flúß- s6]. — Gelénk- [6]. — Glás- [7]; auch der Mittelpunkt von Glastafeln, die durch Schwingen in der Luft gefertigt werden. — Grīēs- [3]. — Hārz- [2]. — Lêber- [9]. — März- [4]: in Bezug auf das im März sich sammelnde Schneewasser. — Náß- [4]. —
Ochsen-: s. o., nach der Ahnlichkeit auch grüne konvexe Laterngläser. — Péch- [2]. — Rêgen- [8], vgl. Wasser-G. — Sánd- [3]. — Sāūer- [4]. — Sêhnen-[6]. — Spāt- [6]. —
Stēīn-: [3; 4; 6]; aber auch = Thurmfalke, nach dem Geschrei, s. Gall. — Thêêr-[2]. —
Wásser-:
1) [4]: Die niedrigen Stellen, wo sich solche W. sammelte. Georg. 17; Aus der trägen, gesammelten W. voll geschwänzter Froschwürmer. Myth. 1, 23; Wo eine W. bisweilen Monate lang als rieselnder Quell aufbrach. Banko 1, 272. —
2) [8]: In der weitesten Ferne, über dem Gebirg konnte ich eine sogenannte W. bemerken. 23, 37; Eine Wassergall’, ein falscher Regenbogen. Ros. 79. — Wēīn-, Wêm-: in Liefland der Name eines kleinen, eßbaren Fisches, Cyprinus vimba (Zärthe). 6, 315, die erste Hälfte nach dem lat. Namen. — Wétter- [8]: eine farbige Windgalle, s. Ochsenauge: Regenbogen, W–n etc. 39, 52. — Wínd- [6; 8] etc.
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