Faksimile 0513 | Seite 505
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früh Frühe
I. Früh(eFrüh(e), a.:
Ggstz. von spät: vor der gewöhnlichen —, vor der rechten, festgesetzten Zeit; kurz nach etwas Geschehnem, worauf es sich bezieht; in den Anfang eines Zeitabschnitts, einer Entwicklung etc. fallend etc.
1) Positiv: F–es, f. reifes, F.-Obst, Gemüse, Getreide etc., das eher reif ist, als das Obst etc. im Allgm. reif zu sein pflegt; Die Ernte, Ostern ist (fällt) dies Jahr sehr f., in Vergleich zu ihrer Zeit in andern Jahren; Meine Uhr geht 5 Minuten zu f., geht vor, in Vergleich zu einer andern Uhr, zur wahren Zeit; Ich bin lieber zu f. als zu spät auf dem Bahnhof, lieber einige Zeit vor als nach Abgang des Zuges; Sehr, zu f. kommen; Er schickt die Rechnung sehr f., kurz nach dem gemachten Kauf oder nach Neujahr, als der dafür gewöhnlichen Zeit; Das Unglück wurde uns sehr f. [bald nach dem Geschehn] gemeldet; Schlimme Nachrichten hört man immer f. [zeitig] genug; Sie fürchteten den Tag des Abschieds, doch der kam mehr als zu f. Stilling 2, 105; Das f. so sehnlich gewünschte, endlich spät erlangte Glück ungestört genießen. G. 15, 8; Er starb f., in f–er Jugend; Sein f–er Tod; Kinder müssen f. gehorchen lernen; Was eine Nessel werden will, brennt f.; F. [Abends, nicht lang nach Sonnen- untergang] ins Bett und f. [Morgens, nicht lang nach Sonnenaufgang] heraus | frommt dem Leib, dem Geist, dem Haus; F. Mittag essen, nicht lang nach 12 Uhr als der Mitte des Tags oder im Vergleich zu spät Essenden; Gestern, heute, morgen f., am Morgen, im Lauf des Vormittags als der ersten Hälfte des Tags; Es ist noch sehr f., man hat noch lange Zeit vor sich; Es war noch f. an der Zeit. Chamisso 4, 237; F. am Tage, am Morgen; F. im Jahre, in der ersten Zeit des Wachsens etc., im Frühling oder kurz nachher; Am f–en Morgen; F. Morgens; Von f. bis in die Nacht. Ramler F. 2, 438; F. gesattelt und spät geritten; Wer Dem eine Nase drehen wollte, mußte f. aufstehen etc. Prutz Musik. 1, 233; Weidner 3, 7 u. o. = Das lässt sich so leicht nicht thun; Man war im Dorfe nicht f. [gw.: nicht f. auf, stand nicht f. auf, ging nicht f. an die Arbeit]. Gotthelf Sch. 340; Seid ihr schon so f.? Zschokke 8, 353, vgl. engl.: Are you so early? etc.; Der f–e [Morgen-] Nebel ward emporgetragen. Chamisso 4, 18; Den Schlummer scheuchen sie froh vom Auge, | denn ihnen singet die f–e Lerche. H. 15, 10. Auch: Sie wandern. rüstig mit dem frühen [sc. Tage s. ]. Uhland 366.
2) Komparativ, vgl. eher: Er steht f–er auf als ich; Ostern ist sieben Wochen f–er als Pfingsten; Wir wurden wieder frei, du f–er .., ich später. G. 15, 8; Sterben müssen wir Alle, der Eine f–er [in jüngerem Alter], der Andre später; F–er oder später muß er’s doch erfahren. Ich kenne den f–ern [vorigen] Wirth; Vergleiche die f–ern [ältern] Ausgaben des Buchs; In f–ern [mundartl. „vordern“ Hebel 8, 227] Zeiten; Er vernachlässigt seine f–ern Bekannten, vergisst die f–ern Verhältnisse; Es glichen armen Mäusen | die Ritter noch in jeder f–ern Schlacht; | doch heute sollt’ es anders sich erweisen. Streckfuß Rol. 4, 23 etc.
3) Superlativ: Er weiß es am f–esten, von Allen zuerst; Er hat die f–esten Nachrichten; die f–esten Früchte in seinem Treibhaus; Die f–esten [ältesten] Jahrhunderte, Zeiten, Völker etc.; Er steht am f–sten von Allen auf, ist der F–ste aus dem Bett; Der F–este ab und der Letzte nieder sein. Schweinichen 3, 51; Mit dem f–sten [sc. Tage s. 1]. G. 18, 329; 20, 238 etc.; F–stens, zur Angabe des frühesten Zeitpunkts, der möglicherweise für Etwas eintreten kann, = gewiß nicht früher: Sie schreiben, daß Sie eine lange Reise vorhätten, von der Sie f–estens in einem Monat zurück sein könnten und vier Tage darauf sind Sie hier! Sch. 648a; Ostern fällt f–stens auf den 22. März und spätestens auf den 25. April.
Anm. Ahd. fruo, frua etc., wie gr. πρcī, zum Stamm vor, gr. πρὸ gehörig. Nbnf. ohne Uml.: Ich steh wohl auf gar Morgens fruh. G. 6, 375; Du starbest so fruhe. Heine Rom. 174; Sal. 1, 198 etc.